EMILIA PFOHL

 

Hermann // 2013 // Bachelorarbeit Modedesign

In Hermanns Leben ist jeder Tag gleich. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant, der Zufall existiert nicht. Hermann ist pflichtbewusst, sanftmütig, sparsam, fast schon geizig, ein wenig scheu und ängstlich, aber zugleich sonderbar sympathisch. Beim Passieren des Bürgersteigs vermeidet er, auf die Zwischenräume der Gehwegplatten zu treten, alle Treppenstufen müssen beim Erklimmen gezählt werden. Seine perfekt gebügelten Hemden haben Knickfalten in quadratischer Form, die auf ein Stapelsystem in seinem Kleiderschrank schließen lassen.

Doch die stupiden Abläufe seines Allltags  nehmen immer größeren Raum ein und lassen ihn abstumpfen. Er beginnt in eine Traumwelt zu driften, frei von Struktur und klaren Regeln.Geordnete Realität trifft auf unvorhersehbare, unberechenbare Fiktion.

Im Laufe der Kollektion entwickelt sich Hermanns Flucht aus seiner geordneten kleinbürgerlichen Realität zum Albtraum. Er verliert die Kontrolle über sein geordnetes Leben. Die tief in ihm schlummernde dunkle Seite seines Ichs tritt hervor.

Die Entwürfe stellen die verschiedenen Stadien des Realitätsverlustes dar. Das schleichende Überkommen einer fiktiven, unberechenbaren, unaufhaltsamen Macht legt ihren Schleier über die Realität. Material und Farbwahl unterstreichen den Kontrast und sorgen für klare Abgrenzung zwischen Realität und Fiktion. Unschuldiges beige trifft auf unergründliches tiefschwarz. Materialschichten und Fransen mit Eigenleben und Bewegung treffen auf konstruierte statische Kleidungsstücke, die durch asymetrische Cuts aufgebrochen werden. Das Bild der Kollektion ist geprägt von einer unaufhaltsamen Schattenseite, die ihren Träger zunehmend einnimmt.

Betreut von:  Prof. Valeska Schmidt-Thomsen // Prof. Dr. Ingeborg Harms // KM Mads Dinesen // Stefan Hipp

// fotos: Dan Belieu

// model: Sammy (M4 Models)