Esma Kahya

 

merge down // 2014 // Bachelorarbeit Modedesign

Für meine Abschlusskollektion hat mich die Herkunft und die persönliche Geschichte meiner Eltern inspiriert, die gleichzeitig einen Teil meiner eigenen Vergangenheit darstellt und damit auch meine Identität ausmacht.
„Kultur ist keine Insel der Seligen, sondern eine Dynamik des Vernetzens, wo die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden oft nicht mehr möglich ist. Es entstehen Überschneidungen, Überlappungen, Aneignungen und Transferierungen aus allen möglichen Kulturen, die bis dato als Einzelkulturen separiert waren, nun aber eine flexible Globalkultur darstellen, welche die Individuen in unserem Leben bis in alle Einzelheiten hinein durchdringt.“, heißt es in dem Buch call me – Istanbul ist mein Name.
Angesichts der besonderen Situation Anfang der 60-er Jahre, als Deutschland wegen Arbeiterknappheit Gastarbeiter aus dem Ausland anwarb, migrierten unter Tausenden von türkischen Bürgern, auch meine Großeltern und Eltern fern von der Heimat in ein fremdes Land, mit der Hoffnung gutes Geld zu verdienen, um damit eines Tages wieder zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Doch es kam anders. Die zweite, dritte und auch inzwischen die vierte Generation ließ sich in der neuen Heimat nieder. Daraus resultierend, wächst heute mit mir eine junge deutsch-türkische Generation heran, die zwischen Heimat und Herkunft, Tradition und Moderne, Ost und West und sogar zwischen Nationalismus und Multikulturalismus ihre eigene kulturelle Identität sucht, die nicht selten auf Gegensätze, Konflikte und Widersprüche trifft.
Wichtig dabei, dass heute durch moderne Medien und Kommunikationssysteme die Kulturen ohnehin schon miteinander vernetzt sind, damit enden die verschiedenen Lebensformen nicht mehr an Staatsgrenzen, wie es einmal in der Zeit vor dem Kommunikationszeitalter war. In diesem Zusammenhang schlug als Beispiel der postmoderne Philosoph Wolfgang Welsch 1995 den Begriff der „Transkulturalität“ vor. Er bezieht sich dabei auf ein Kulturkonzept Wittgensteins, demzufolge entwickelt sich Kultur dort, wo eine geteilte Lebenspraxis besteht. Aus diesen Tatsachen geht die Grundlage der Kollektion „merge down“ hervor. „Merge down“ ist zunächst einmal ein Befehl im gängigen Photoshop-Programm und bewirkt das Reduzieren von mehreren erstellten Ebenen auf eine Ebene, woraus ein neues Gesamtbild bzw. eine Collage entsteht. Dieses Bild des Verlagerns und Reduzierens auf eine Ebene und damit das Erstellen eines neuen Kontextes habe ich auf meine Abschlusskollektion übertragen und mich inhaltlich mit den Themen der Herkunft, Religion und Identität auseinandergesetzt.
Für die Silhouette der Outfits wurde die Art und Weise des Bekleidens von jungen muslimischen Frauen beobachtet und dokumentiert. Angefangen von der Bekleidung meiner Mutter nach ihrer Migration nach Deutschland bis heute, hierbei liegt der Fokus auf jungen deutsch-türkischen Musliminnen.

Betreut von:  Prof. Marloes then Bhömer // Prof. Dr. Ingeborg Harms // Silvia Schüller

// fotos: Thuy Pham
// model: Jaqueline (M4)
// hair/ make-up: Sarah Marx