CONTEMPORARY CRAFTS (2014)

Contemporary Crafts // SS 2014 // Hauptstudium

„Contemporary Crafts“, das Handwerk als Entwurfsstrategie

Kunst, Handwerk, Modedesign …. Eine Kette von Begriffen, die Unbehagen auslöst. Kunst ist kein Modedesign. Modedesign ist kein Handwerk. Handwerk keine Kunst.
Und doch, könnte nicht das Erlernen einer handwerklichen Spezialisierung und deren Weiterentwicklung der Ausweg aus dem kopiergetriebenen Kreislauf der Fast Fashion sein?

Wir sprechen jedoch von einer neuen Generation von Handwerk gepaart mit theoretischer Präzision und designpolitischer Haltung, einer Neuerung der Handwerkstechniken und deren Einsatz gekennzeichnet durch Experiment und geschichtlicher Auseinandersetzung.
Es ist ein Gegenentwurf zum Design über elektronische Datenverarbeitung – der intuitiven Hölle von Touchscreen und Touchpad, abhängig von menschlichen Kompromissen in Programmiersprache und endloser elektronischer Energielieferung.

Was unterscheidet nun aber das Handwerk von der Kunst? Das Kunstwerk benötigt für seine Existenz die Herstellung. Somit ist seine Entstehung, sei es in seiner physischen Form oder als Resultat von Codes im Digitalen, unmittelbar abhängig vom Handwerk, dem Beherrschen einer Technik. Dabei fällt es schwer die Trennlinie innerhalb des Prozesses eindeutig zu kennzeichnen. Es ist vielmehr die gelungene Interaktion zwischen Idee und Herstellung, die hierbei zum Resultat führen.
Nach Richard Sennet lässt sich aus geschichtlicher Perspektive ein hauptsächlicher Unterschied in der Veränderung des Anspruchs an den Künstler im Vergleich zum Handwerker ausmachen. Waren die Werkstätten der mittelalterlichen Zünfte noch von einem Ehrenkodex geprägt und versprachen ein Produkt vergleichbarer Qualität unabhängig vom Produktionsstandort, so unterschieden sich die Künstlerateliers der Renaissance durch die eindeutige Identifizierbarkeit, durch ihre Originalität, die Subjektivität des Künstlers.
Originalität ließ plötzlich etwas Neues entstehen, wo vorher nichts war im Gegensatz zur stetigen und langsamen Entwicklung des Handwerks in den mittelalterlichen Zünften.

Ähnlich dem Künstler ist es auch dem Modedesigner ein Anliegen durch Originalität ästhetische und perspektivische Neuerungen hervorzubringen.
Im Unterschied zur Bekleidung benötigt Mode allerdings den Kontext und ist somit immer auch in ein System aus Querverweisen und vestimentären Kommentaren gebettet. Barbara Vinken schrieb dazu ihr bekanntes Zitat „Mode ist nicht gleich Kleidung. Sie ist vielmehr ein Kommentar in Kleidern über Kleider.“
Neben der Neuerung durch Originalität ist also auch die Konversation ein wichtiger Bestandteil des Modedesigns. Denn durch die Weiterentwicklung bestehender Kleidungsstücke, durch die Bezugnahme auf Kleiderkontexte, selbst durch die Wahl von Farbe, Struktur und Material kommentiert der Gestalter auch immer ein bestehendes System, welches gesellschaftliche Akzeptanz genießt und verändert dieses somit allmählich.

Grundsätzliche Techniken wie Drapage, Schnittkonstruktion und Nähen sind momentan unabdingbares Handwerk bei der Umsetzung von Entwürfen.
Das notwendige Handwerk sollte aber im Projekt Contemporary Crafts weniger von Interesse sein. Interessanter war die inhaltliche Bedeutungsverschiebung, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung geschah und sich eventuell momentan einer weiteren Verschiebung unterzieht und einem neuen Diskurs widmet.
Die Einführung von Maschinen, die ganze Handwerke nicht mehr notwendig machten, erlaubte ein Überdenken des Handgefertigten. Das Konzept der Handarbeit ist nach Bruce Metcalf somit eine Erfindung der Moderne. Die Arts & Craft Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts war eine Reaktion auf Massenproduktion und stellte sich den Zuständen der Arbeiter in Fabriken und dem Kapitalismus entgegen. Somit steht auch heute noch das Handgefertigte für ein personalisiertes Objekt und als Opposition zur Anonymität der Massenproduktion.

Um die Verschiebung heute verstehen zu können, müssen wir uns die Repräsentation von Mode online betrachten. Der digitalen Repräsentation von Bekleidung in online shops fehlt die Haptik. Materialien werden haptisch unnachvollziehbar und wir können ausschließlich über unser Gedächtnis auf eine mögliche Haptik schließen. Auch dem inflationären Nutzen von Digitaldruck auf Stoffen, möchte man beinahe entnehmen, dass die Wahrnehmung von Mode sich ausschließlich auf die Wahrnehmung des Bildes, der Abbildung reduziert. Wenn wir davon ausgehen, dass Mode auf eine Abbildung reduziert wird, betritt die Abbildung nun unsere Wirklichkeit. Das RGB Bild tritt aus dem Bildschirm und wird der CMYK Druck unserer Bekleidung. Um sich dieser transparenten, günstigen und somit kopierbereiten Methode zu entziehen, scheinen gerade Handwerk und Handarbeit geeignet. Das Detail wird wichtiger Moment der Realisation, die haptische Erfahrung wieder ein essentieller Bestandteil der Wahrnehmung von Bekleidung.

Das Institut für experimentelle Bekleidungsgestaltung der UdK wie es heute vertraut ist, entstand aus der Umstrukturierung der Meisterschule für das Kunsthandwerk, welche der Fortbildung von jungen Handwerkern seit Ende des 19. Jahrhunderts diente. Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts änderte sich der Fokus der Institution auf die Herstellung von Industrieformen und fokussierte sich von nun an stärker auf die Entwicklung von Design, als auf das Erlernen eines Handwerks.

Aber auch heute spielen die umfangreichen Werkstätten in der Ausbildung eine zentrale Rolle. Die direkte Integration der modenahen Werkstätten wie Weberei, Nähwerkstatt, Strickwerkstatt, sowie Siebdruckwerkstatt/Färberei sind fester Bestandteil des Studiums und die entsprechenden Techniken kommen in den Entwurfsprojekten aller Semester zum Einsatz. Aber auch modefernere Techniken, wie Porzellanbrennerei, Metallverarbeitung und 3D Druck werden von Studierenden in ihre Arbeiten integriert. Es ist essentiell notwendig für die Ausbildung neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Modedesign und der zeichnerischen Entwicklung von Entwürfen, Techniken und Handwerk zu erlernen. Alle Entwürfe der Studierenden werden eigenhändig hergestellt. Das Institut für Bekleidungsgestaltung unterscheidet sich hierdurch maßgeblich von anderen Institutionen.

Im Entwurfsprojekt Contemporary Crafts setzten sich die Studierenden mit einer von ihnen gewählten Handarbeit, einem Handwerk oder einer Technik auseinander, recherchierten diese nach Herkunft und Geschichte und entwickelten sie in Kombination mit Strick weiter zu einem Outfit. Eine projektintegrierte Reise an Strickwerkstätten in Umbrien, Italien, gab den Studierenden Einblick in die Herstellungskette von Kaschmirstrickwaren.

Die Projektteilnehmer werfen in ihren Arbeiten verschiedene Fragen auf.
Annika Albrecht, die sich mit der Hutmacherei, insbesondere von Filzhüten beschäftigte, entwickelte ihr gesamtes Outfit aus einem opulenten, ausladenden Hut. Der Hut als Kleidungsstück war ihr Entwurfsziel. Durch die Verbindung von verschiedenen Materialien mithilfe von Nadelfilz verwischt sie jegliche von Sehgewohnheiten geprägte Trennlinien der Bekleidung und erschwert eine Orientierung im Outfit. Die Bekleidung wird eine Geste, eine Bewegung von Material am Körper in einer Silhouette, die an Abendbekleidung erinnert.
Ayscha Zarina Omar hingegen hinterfragt in ihrem Entwurfsprojekt den gesamten konventionellen Herstellungsprozess und das Wissen um Herstellungtechniken. In ihrem Verständnis der Zukunft überlebt kein Wissen außer dem unmittelbaren Kontakt mit industriell gefertigter funktioneller Bekleidung und naiven Mitteln zur Herstellung von Kleiderstücken. Sie überspringt den gewöhnlichen Prozess der Herstellung einer Nesselprobe, sondern arbeitet unmittelbar am Original und macht durch aufwendige vielfarbige Handstiche auf Veränderungen und den somit vollzogenen Prozess aufmerksam. Unter diesen Kleidungsstücken befindet sich Strickbekleidung, die sich an anatomischen Formen der functional wear orientiert.

Das Projekt ist mit Unterstützung der Umbria Trade Agency und den mehreren teilenehmenden Firmen entstanden. Innerhalb des Projekts konnten die Studierenden somit an einer Studienfahrt an kaschmirverarbeitende Betriebe im italienischen Umbrien teilnehmen.
Die Studierenden haben in Italien ihre Konzepte den Designern der Betriebe vorstellen können. Die Arbeit in Umbrien findet in im globalen Vergleich kleinen, aber von Qualität und Tradition geprägten Produktionsstätten statt. Italien war durch die späte und nur teilweise die Landbevölkerung erreichende Industrialisierung im späten 19. Jh auf die handwerkliche Herstellung ökonomisch angewiesen, und konnte somit eine lange Tradition von Handwerk aufrecht erhalten, die im Zuge technischer Neuerungen weiter ausgebaut wurde. Das Handwerk wird hier nicht nur angewendet sondern entwickelt.
Die Werkstätten bildeten in diesem Projekt einen sozialen Raum der Annäherung, wo die zeitgenössischen Fragen der Studierenden auf die Expertise der Strickdesigner trafen.
Das Handwerk als solches konnte somit weniger als Mittel zum Zweck, sondern als essentieller Bestandteil und Ausgangspunkt für den Entwurf, als Strategie der Differenzierung des Designs von schnell reproduzierbaren Methoden erlebt werden. // von GD Lars Paschke

[1] Sennet, Richard. Handwerk. Berlin: Berlin Verlag Taschenbuch, 2009.
[2] Vinken, Barbara. Mode nach der Mode: Geist und Kleid am Ende des 20. Jahrhunderts.  Frankfurt a. M.: Fischer Verlag, 1993.
[3] Metcalf, Bruce. ‘Contemporary Craft: A Brief Overview.’ Contemporary Craft: History, Theory & Critical Writing. Jean Johnson. Toronto: Coach House Books and Harbourfront Center, 2002.
[4]  Rossi, Catharine. Crafting Modern Design in Italy, from Post-War to Postmodernism, PhD Thesis: The Royal College of Art, 2011, London.

 

Lehrende: Prof. Marloes ten Bhömer // KM Franziska Schreiber // GD Lars Paschke

Studierende: Annika Albrecht // Gesine Försterling // Lilo Klinkenberg // Lisa Oberländer // Ayscha Zarina Omar // Anna Phebey // Friederike Stanitzek 

 

// Sponsored by Umbria Trade Agency and Cariaggi

http://umbriacashmeredistrictaward.it/wordpress/intervista-a-marloes-ten-bhomer-per-ucda14/
http://umbriacashmeredistrictaward.it/wordpress/ucda14-due-giorni-alla-premiazione/

 

//Nominated for the award: Lisa Oberländer

Lisa Oberländer work in progress

 

CONTEMPORARY CRAFTS (2014)

Contemporary Crafts // SS 2014 // Hauptstudium

„Contemporary Crafts“, das Handwerk als Entwurfsstrategie

Kunst, Handwerk, Modedesign …. Eine Kette von Begriffen, die Unbehagen auslöst. Kunst ist kein Modedesign. Modedesign ist kein Handwerk. Handwerk keine Kunst.
Und doch, könnte nicht das Erlernen einer handwerklichen Spezialisierung und deren Weiterentwicklung der Ausweg aus dem kopiergetriebenen Kreislauf der Fast Fashion sein?

Wir sprechen jedoch von einer neuen Generation von Handwerk gepaart mit theoretischer Präzision und designpolitischer Haltung, einer Neuerung der Handwerkstechniken und deren Einsatz gekennzeichnet durch Experiment und geschichtlicher Auseinandersetzung.
Es ist ein Gegenentwurf zum Design über elektronische Datenverarbeitung – der intuitiven Hölle von Touchscreen und Touchpad, abhängig von menschlichen Kompromissen in Programmiersprache und endloser elektronischer Energielieferung.

Was unterscheidet nun aber das Handwerk von der Kunst? Das Kunstwerk benötigt für seine Existenz die Herstellung. Somit ist seine Entstehung, sei es in seiner physischen Form oder als Resultat von Codes im Digitalen, unmittelbar abhängig vom Handwerk, dem Beherrschen einer Technik. Dabei fällt es schwer die Trennlinie innerhalb des Prozesses eindeutig zu kennzeichnen. Es ist vielmehr die gelungene Interaktion zwischen Idee und Herstellung, die hierbei zum Resultat führen.
Nach Richard Sennet lässt sich aus geschichtlicher Perspektive ein hauptsächlicher Unterschied in der Veränderung des Anspruchs an den Künstler im Vergleich zum Handwerker ausmachen. Waren die Werkstätten der mittelalterlichen Zünfte noch von einem Ehrenkodex geprägt und versprachen ein Produkt vergleichbarer Qualität unabhängig vom Produktionsstandort, so unterschieden sich die Künstlerateliers der Renaissance durch die eindeutige Identifizierbarkeit, durch ihre Originalität, die Subjektivität des Künstlers.
Originalität ließ plötzlich etwas Neues entstehen, wo vorher nichts war im Gegensatz zur stetigen und langsamen Entwicklung des Handwerks in den mittelalterlichen Zünften.

Ähnlich dem Künstler ist es auch dem Modedesigner ein Anliegen durch Originalität ästhetische und perspektivische Neuerungen hervorzubringen.
Im Unterschied zur Bekleidung benötigt Mode allerdings den Kontext und ist somit immer auch in ein System aus Querverweisen und vestimentären Kommentaren gebettet. Barbara Vinken schrieb dazu ihr bekanntes Zitat „Mode ist nicht gleich Kleidung. Sie ist vielmehr ein Kommentar in Kleidern über Kleider.“
Neben der Neuerung durch Originalität ist also auch die Konversation ein wichtiger Bestandteil des Modedesigns. Denn durch die Weiterentwicklung bestehender Kleidungsstücke, durch die Bezugnahme auf Kleiderkontexte, selbst durch die Wahl von Farbe, Struktur und Material kommentiert der Gestalter auch immer ein bestehendes System, welches gesellschaftliche Akzeptanz genießt und verändert dieses somit allmählich.

Grundsätzliche Techniken wie Drapage, Schnittkonstruktion und Nähen sind momentan unabdingbares Handwerk bei der Umsetzung von Entwürfen.
Das notwendige Handwerk sollte aber im Projekt Contemporary Crafts weniger von Interesse sein. Interessanter war die inhaltliche Bedeutungsverschiebung, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung geschah und sich eventuell momentan einer weiteren Verschiebung unterzieht und einem neuen Diskurs widmet.
Die Einführung von Maschinen, die ganze Handwerke nicht mehr notwendig machten, erlaubte ein Überdenken des Handgefertigten. Das Konzept der Handarbeit ist nach Bruce Metcalf somit eine Erfindung der Moderne. Die Arts & Craft Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts war eine Reaktion auf Massenproduktion und stellte sich den Zuständen der Arbeiter in Fabriken und dem Kapitalismus entgegen. Somit steht auch heute noch das Handgefertigte für ein personalisiertes Objekt und als Opposition zur Anonymität der Massenproduktion.

Um die Verschiebung heute verstehen zu können, müssen wir uns die Repräsentation von Mode online betrachten. Der digitalen Repräsentation von Bekleidung in online shops fehlt die Haptik. Materialien werden haptisch unnachvollziehbar und wir können ausschließlich über unser Gedächtnis auf eine mögliche Haptik schließen. Auch dem inflationären Nutzen von Digitaldruck auf Stoffen, möchte man beinahe entnehmen, dass die Wahrnehmung von Mode sich ausschließlich auf die Wahrnehmung des Bildes, der Abbildung reduziert. Wenn wir davon ausgehen, dass Mode auf eine Abbildung reduziert wird, betritt die Abbildung nun unsere Wirklichkeit. Das RGB Bild tritt aus dem Bildschirm und wird der CMYK Druck unserer Bekleidung. Um sich dieser transparenten, günstigen und somit kopierbereiten Methode zu entziehen, scheinen gerade Handwerk und Handarbeit geeignet. Das Detail wird wichtiger Moment der Realisation, die haptische Erfahrung wieder ein essentieller Bestandteil der Wahrnehmung von Bekleidung.

Das Institut für experimentelle Bekleidungsgestaltung der UdK wie es heute vertraut ist, entstand aus der Umstrukturierung der Meisterschule für das Kunsthandwerk, welche der Fortbildung von jungen Handwerkern seit Ende des 19. Jahrhunderts diente. Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts änderte sich der Fokus der Institution auf die Herstellung von Industrieformen und fokussierte sich von nun an stärker auf die Entwicklung von Design, als auf das Erlernen eines Handwerks.

Aber auch heute spielen die umfangreichen Werkstätten in der Ausbildung eine zentrale Rolle. Die direkte Integration der modenahen Werkstätten wie Weberei, Nähwerkstatt, Strickwerkstatt, sowie Siebdruckwerkstatt/Färberei sind fester Bestandteil des Studiums und die entsprechenden Techniken kommen in den Entwurfsprojekten aller Semester zum Einsatz. Aber auch modefernere Techniken, wie Porzellanbrennerei, Metallverarbeitung und 3D Druck werden von Studierenden in ihre Arbeiten integriert. Es ist essentiell notwendig für die Ausbildung neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Modedesign und der zeichnerischen Entwicklung von Entwürfen, Techniken und Handwerk zu erlernen. Alle Entwürfe der Studierenden werden eigenhändig hergestellt. Das Institut für Bekleidungsgestaltung unterscheidet sich hierdurch maßgeblich von anderen Institutionen.

Im Entwurfsprojekt Contemporary Crafts setzten sich die Studierenden mit einer von ihnen gewählten Handarbeit, einem Handwerk oder einer Technik auseinander, recherchierten diese nach Herkunft und Geschichte und entwickelten sie in Kombination mit Strick weiter zu einem Outfit. Eine projektintegrierte Reise an Strickwerkstätten in Umbrien, Italien, gab den Studierenden Einblick in die Herstellungskette von Kaschmirstrickwaren.

Die Projektteilnehmer werfen in ihren Arbeiten verschiedene Fragen auf.
Annika Albrecht, die sich mit der Hutmacherei, insbesondere von Filzhüten beschäftigte, entwickelte ihr gesamtes Outfit aus einem opulenten, ausladenden Hut. Der Hut als Kleidungsstück war ihr Entwurfsziel. Durch die Verbindung von verschiedenen Materialien mithilfe von Nadelfilz verwischt sie jegliche von Sehgewohnheiten geprägte Trennlinien der Bekleidung und erschwert eine Orientierung im Outfit. Die Bekleidung wird eine Geste, eine Bewegung von Material am Körper in einer Silhouette, die an Abendbekleidung erinnert.
Ayscha Zarina Omar hingegen hinterfragt in ihrem Entwurfsprojekt den gesamten konventionellen Herstellungsprozess und das Wissen um Herstellungtechniken. In ihrem Verständnis der Zukunft überlebt kein Wissen außer dem unmittelbaren Kontakt mit industriell gefertigter funktioneller Bekleidung und naiven Mitteln zur Herstellung von Kleiderstücken. Sie überspringt den gewöhnlichen Prozess der Herstellung einer Nesselprobe, sondern arbeitet unmittelbar am Original und macht durch aufwendige vielfarbige Handstiche auf Veränderungen und den somit vollzogenen Prozess aufmerksam. Unter diesen Kleidungsstücken befindet sich Strickbekleidung, die sich an anatomischen Formen der functional wear orientiert.

Das Projekt ist mit Unterstützung der Umbria Trade Agency und den mehreren teilenehmenden Firmen entstanden. Innerhalb des Projekts konnten die Studierenden somit an einer Studienfahrt an kaschmirverarbeitende Betriebe im italienischen Umbrien teilnehmen.
Die Studierenden haben in Italien ihre Konzepte den Designern der Betriebe vorstellen können. Die Arbeit in Umbrien findet in im globalen Vergleich kleinen, aber von Qualität und Tradition geprägten Produktionsstätten statt. Italien war durch die späte und nur teilweise die Landbevölkerung erreichende Industrialisierung im späten 19. Jh auf die handwerkliche Herstellung ökonomisch angewiesen, und konnte somit eine lange Tradition von Handwerk aufrecht erhalten, die im Zuge technischer Neuerungen weiter ausgebaut wurde. Das Handwerk wird hier nicht nur angewendet sondern entwickelt.
Die Werkstätten bildeten in diesem Projekt einen sozialen Raum der Annäherung, wo die zeitgenössischen Fragen der Studierenden auf die Expertise der Strickdesigner trafen.
Das Handwerk als solches konnte somit weniger als Mittel zum Zweck, sondern als essentieller Bestandteil und Ausgangspunkt für den Entwurf, als Strategie der Differenzierung des Designs von schnell reproduzierbaren Methoden erlebt werden. // von GD Lars Paschke

[1] Sennet, Richard. Handwerk. Berlin: Berlin Verlag Taschenbuch, 2009.
[2] Vinken, Barbara. Mode nach der Mode: Geist und Kleid am Ende des 20. Jahrhunderts.  Frankfurt a. M.: Fischer Verlag, 1993.
[3] Metcalf, Bruce. ‘Contemporary Craft: A Brief Overview.’ Contemporary Craft: History, Theory & Critical Writing. Jean Johnson. Toronto: Coach House Books and Harbourfront Center, 2002.
[4]  Rossi, Catharine. Crafting Modern Design in Italy, from Post-War to Postmodernism, PhD Thesis: The Royal College of Art, 2011, London.

 

Lehrende: Prof. Marloes ten Bhömer // KM Franziska Schreiber // GD Lars Paschke

Studierende: Annika Albrecht // Gesine Försterling // Lilo Klinkenberg // Lisa Oberländer // Ayscha Zarina Omar // Anna Phebey // Friederike Stanitzek 

 

// Sponsored by Umbria Trade Agency and Cariaggi

http://umbriacashmeredistrictaward.it/wordpress/intervista-a-marloes-ten-bhomer-per-ucda14/
http://umbriacashmeredistrictaward.it/wordpress/ucda14-due-giorni-alla-premiazione/

 

//Nominated for the award: Lisa Oberländer

Lisa Oberländer work in progress