TOUCH ME, TOUCH ME NOW. Affekt und Design

Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Scheitern, komplexe Verhältnisse zu verstehen, seinen Ausweg in Affekten zu finden scheint. Angst, Begeisterung, Empathie. In Echoräumen und gegenseitiger Meinungsbestärkung, in schwarmhaften Bewegungen innerhalb von Informationsnetzen, in Verweisen und Verlinkungen, im Like und in den Artikelüberschriften auf unserem Newsfeed bewegen wir uns affektiv. Freude, Verzweiflung, Wut. Ist die Welt zu groß, um sie zu nur zu denken? Entgegen Descartes „cogito ergo sum“, können wir davon ausgehen, dass Erkenntnisse nicht nur auf gedanklichen Prozessen basieren, sondern unsere Emotionen einbinden. Ich fühle, also bin ich. Ekel, Interesse, Scham.

Ist die starke Hinwendung zu den Affekten ein Resultat der möglicherweise die Affekte unterdrückenden Leistungsgesellschaft? Welche Aufmerksamkeit möchte man diesen Affekten schenken? Sie entlarven, unterwandern, zu Nutze machen? Das Vermögen, betroffen zu sein und auf einen Anderen zu wirken setzt Offenheit voraus, braucht Bewegung und Begegnung. Welche Konsequenzen ergeben sich aus Stimmung, Gefühl und Affekt? Teilhabe, Impasse, Korruption? Welche persönlichen emotionalen Situationen werden durch herrschende Strukturen ausgelöst? Wie motivieren sie den Gestalter? Unangenehme Gefühle können Möglichkeitsräume sein, in denen sich Verbündete finden.

Wie verhält sich das Design dazu?
Sinnlichkeit, Attraktion und Provokation sind ästhetisch vermittelt – über Berührungspunkte, Reibung oder Reaktion. Ihre Gestaltbarkeit durch Oberfläche, Konstruktion, Materialität und Interaktion erfordert das Fingerspitzengefühl von Designern. Im kommendem Master wollen wir weiter gehen und die Einbeziehung des Affektiven im Design auch hinsichtlich seiner Ziele, Möglichkeiten und Gefahren untersuchen.

In dem einjährigen Masterprogramm sollen Ratio und Emotio in ihrer Wechselwirkung auf das Design, persönliche Gefühle auf ihr Potential, radikale Veränderungen hervorzurufen und die Ökonomie der Aufmerksamkeit auf ihr Verhältnis zu komplexen Abläufen betrachtet werden. Es wird ein Forum für die experimentelle, konzeptionelle, gestalterische und technische Entwicklung von Objekten, Kollektionen, Produkten, Verfahren und Szenarien geboten werden. Die Masterarbeit wird in experimentellen Untersuchungen über diverse Modellstadien prototypisch entwickelt und sowohl methodisch als auch theoretisch reflektiert. Orientierung für das eigene Mastervorhaben bieten Beobachtungen und Erfahrungen in Ästhetik, Gesellschaft, Philosophie, Technologie und Ökonomie.