inValid | Nina Farsen & Isabel Grupp

inVALID
von Nina Farsen & Isabel Grupp
Diplom WS 06/07

Betreut von:
Prof. Inge Sommer,
Prof. Egon Chemaitis,
Dr. Annette Geiger

Übertragung von körperlichen Beeinträchtigungen auf Objekte

Im Design wird normalerweise das Fehlerhafte und Dysfunktionale vermieden, ein gestaltetes Objekt muss immer vollständig und perfekt ausgereift sein. Die Unvollkommenheit ist jedoch eine Quelle der Kreativität. Abweichungen von der Norm, die vermeintlich als Beeinträchtigung oder Defizit empfunden werden, entwickeln sich oftmals zu neuen Fähigkeiten. Der Invaliditätsbegriff diente als Gestaltungsstrategie zur Veränderung gewohnter Eigenschaften oder zur Erschaffung gänzlich neuer Funktionen. Der Entwurfsansatz beschäftigt sich daher nicht mit der Heilung oder Pflege „invalider“ beziehungsweise fehlerhafter Dinge, sondern mit der Umwertung der Störung in etwas Positives.
Wir fügten Objekten Beeinträchtigungen zu, die ihre Eigenschaften beeinflussten, indem wir Kennzeichen der Invalidität auf sie transferierten. Wie ein Knochenbruch das Skelett verändern kann, können Störungen im Gerüst eines Gegenstands dessen Gebrauchsweise beeinflussen. Es galt die Norm als bloßen Durchschnitt zu entlarven, denn sie ist das Erwartete, Gewohnte und Unspektakuläre. Unsere Produktreihe beinhaltet die Akzeptanz und Anerkennung des Unvollkommenen.

 

Suppenkaspar
Ein Tisch, der nur zwei Beine hat, fällt zwangsläufig um. Oder? Die drei Varianten der Tisch-Reihe Suppenkaspar sind jeweils mit nur zwei Tischbeinen ausgestattet. Sie werden durch Gewichte im Gleichgewicht gehalten, die über dünne, nahezu unsichtbare Fäden mit der Tischfläche verbunden sind. Auf diese Weise erhalten die zweibeinigen Tische eine erstaunliche Stabilität. Jedoch ist es nicht ratsam, sich bequem auf der Tischkante niederzulassen!

Kippis
Ohne ein stabilisierendes Rückenkreuz gerät ein Regal leicht ins Schwanken und verliert das Gleichgewicht. Dadurch wird eine Parallelogrammverschiebung ermöglicht und das Regal neigt sich zur Seite. Der sich bildende Überhang kann für neue Funktionen genutzt werden. Durch eine Kombination aus Drehpunkten und festen Verbindungen stellen sich einige Regalböden beim Kippen schräg.

Meister Eder
Ausgangspunkt für diesen Entwurf war die Idee eines sich durch Spannung aus dem Boden entfaltenden Hockers. Daraus entwickelte sich ein zunächst flaches Objekt, aus dem aufgrund seiner Geometrie ein Hocker entsteht, wenn die Spannung freigegeben wird. Ein im Inneren befestigtes Gummiband lässt ruckartig einen dreidimensionalen Körper aus der Fläche entstehen. Die Kanten der einzelnen Flächen dieses Hockers treffen aufeinander und stabilisieren sich gegenseitig.


Platzhalter
Bücherregale scheinen häufig aus allen Nähten zu platzen. Man versucht, immer noch ein weiteres Buch in eine letzte, viel zu schmale Lücke zu quetschen. Dieses Regal gibt dem Druck nach. Es nimmt zu, um weitere Bücher aufnehmen zu können und buchstäblich zu platzen. Zwischen den geteilten Hälften spannt sich ein, zuvor in der Sandwichkonstruktion der Regalböden verborgener Bogen auf, der die nutzbare Fläche beträchtlich erweitert. Je mehr Bücher hinzugefügt werden, desto mehr vergrößert sich das Regal und verändert allmählich seine klassisch-rechteckige zu einer v-förmigen Kontur. Erst an einem definierten Endpunkt erreicht das Regal seine maximale Größe.


Gelenkstudie
Durch ausreichend große Spannung werden zwei Elemente starr miteinander verbunden. Bei einem Arm, der stark angespannt wird, lassen sich nicht gleichzeitig Ober- und Unterarm gegeneinander bewegen. Diesen Aspekt griffen wir auf und integrierten ihn in eine Serie von Gelenken. Zwei Flächen werden an jeweils zwei Punkten gleichmäßig verspannt und dadurch horizontal verbunden. Lockert oder löst man eine dieser Verbindungen, dehnt sie sich in die entgegen gesetzte Richtung aus und bildet einen Winkel. Auf diese Weise entsteht ein in zwei Richtungen bewegliches Scharnier.