Made in … Umbrien // SS 2013 // Hauptstudium
Made in … Die Auszeichnung des Herkunftslandes wurde ursprünglich mit Beginn des industriellen Zeitalters zum Schutz einheimischer Waren in Großbritannien eingeführt, um auf Qualitätsminderungen der Importgüter aufmerksam zu machen und den Boykott ausländischer Waren zu vereinfachen. Was als Negativbezeichnung begann, entwickelte sich schnell zu einem Label, welches die Herstellungsqualität, Lohnverhältnisse, politischen Umstände, sowie das Respektieren oder Missachten von Menschenrechten des Produktionslandes auswies. Heute weist die Kennzeichnung auf ein komplexes System von weltpolitischen und -wirtschaftlichen Strukturen hin. Mit dem Erwerb von Produkten deren Herstellungsland eindeutig ausgewiesen ist, kann der Konsument eine bewusste Entscheidung treffen, die ihren Fußabdruck hinterlässt und demokratisch Einfluss nimmt auf weltwirtschaftliche Entwicklungen von Herstellungsprozessen.
Nicht zuletzt werden Verkaufspreise durch die Ausweisung des Herstellungslandes beeinflusst, aber auch begründet, was in globalisierten Herstellungsprozessen der heutigen Zeit, in welchen selten die Gesamtheit eine Produkts außschließlich an einer Produktionsstätte entsteht, kritisch betrachtet werden sollte. Güter der Luxushäuser sind beinahe ausschließlich durch Ursprungsländer des innereuropäischen Raums ausgewiesen. Für den Konsumenten bedeutet das neben der versprochenen Qualität und den fairen Produktionsbedingungen auch den Eintritt in ein ausgesprochen hohes Preissegment. Durch Umstrukturierungen der letzten Jahrzehnte innerhalb dieser Luxushäuser, inklusive des Zusammenschlusses zu massiven, einflussreichen Gruppen, wurde dieser Anspruch an die Qualität der Produktion mit dem Streben nach höchst möglicher Wirtschaftlichkeit angereichert. Die Geschichte und Tradition der Herstellung wurden maßgebliche Werkzeuge der Vermarktung, um teilweise horrende Preise zu rechtfertigen. Auf die Frage, was denn so attraktiv an der Welt der Luxusgüter gewesen sei, antwortete Bernard Arnault, Generaldirektor der LVMH Group, dass der Luxusmarkt auch Luxusmargen erlauben würde.
Die Unsicherheit, der Mangel an Vertrauen, die durch die poröse Integrität des Produktes ausgelöst werden sind maßgebliche Faktoren die das Verhalten der Konsumenten beeinflussen könnten.
Wohin orientieren wir uns als Gesellschaft, als Konsumenten? Wo stehen wir momentan, wenn wir uns nach Luxus sehen? Welchen Mangel erfahren wir, um etwas luxuriös zu empfinden? Sind es die 20 Kaschmirziegen, deren Unterhaar für einen Mantel benötigt werden oder sind es Handarbeiten, welche die Produktionsdauer eines Kleidungsstücks wesentlich verlängern und somit dessen Produktionsmenge wesentlich mindern? Sind es intelligente gestalterische Referenzen oder ein Bild von Tradition und Geschichte? Wo möchten wir uns als Gestalter positionieren? Welchen Einfluss, welchen Fußabdruck möchten wir hinterlassen? Was bedeutet für uns der Produktionsstandort Europa? Welche Position wird von uns innerhalb der globalen Produktion eingenommen?
Längst sind es nicht nur ästhetische und modehistorische Aspekte, sondern auch bewusste Entscheidungen zum Produktionsablauf und Ressourcenmanagement, die einen zeitgenössischen Entwurf ausmachen. Umbrien in Zentralitalien spielt innerhalb Europas eine wesentliche Rolle bei der Produktion von luxuriösen Kaschmirprodukten. Produktionsstätten und deren Größe rangieren zwischen intimen, traditionellen Familienbetrieben mit Exklusivproduktionen für Pariser Luxushäuser und ganzen Dörfern, deren Haupteinkommen die Kaschmirherstellung ist. Umbrien und die Auseinandersetzung mit der Region soll in diesem Projekt ein Hauptfokus sein. Außerdem sollen persönliche Antworten auf den Begriff Luxus gefunden werden. Es soll eine grafische Kollektion von 10 Outfits entstehen aus welcher mindestens 2 Outfits mit einem Hauptaugenmerk auf Kaschmirstrick- und -gewebegestaltung realisiert werden. Das Projekt wird den Umgang mit dem Material Kaschmir und dessen Einsatz in Strickwaren und in der Konfektion / Gewebe trainieren.
Unterstützt wird das Projekt vom Projektpartner „Centro Estero Umbria“ und den Kaschmirherstellern der Region Umbrien. Im Mai wird eine Kurzreise nach Umbrien für alle Projektteilnehmer zum Kennenlernen der Hersteller und der industriellen Produktion von Kaschmirprodukten in Umbrien stattfinden. Zudem wird das Centro Estero Umbria den „Umbria Cashmere District Award 2013“stiften. Die Gewinner erhalten einen Praktikums-Aufenthalt im Juli bei einem umbrischen Kaschmirhersteller. Es ist angedacht, dass die Gewinner während ihres Aufenthalts den von der Jury prämierten Entwurf industriell umsetzen können. Zudem erhalten sie Praxiserfahrung in Bereich der industriellen Herstellung auf sehr hohem Material- und Qualitätsniveau und Kontakte zu Herstellern.
Lehrende: Prof. Valeska Schmidt-Thomsen // GD Lars Paschke // Stefan Hipp // Veronika Gross
Studierende: Ulf Brauner // Sarah Effenberger // Thies Meyer // Venus Nemitz // Sean Neubauer // Nick Norten // Hyun-Gyung Shin
Sponsored by Umbria Trade Agency and Cariaggi
http://umbriacashmeredistrictaward.it/wordpress/ucda14-due-giorni-alla-premiazione/
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