INTERVIEW MUYAO ZHANG

 

„WENN DA DRAUßEN ZEHNTAUSEND LEUTE EIN JAKETT MACHEN, DANN MACH ICH LIEBER EIN ‚NOT-JACKETT'“

Wenn Du Dir die derzeitige Situation in Boutiquen und Geschäften ansiehst, die Vielzahl der Kollektionen, die jährlich produziert werden, wie empfindest Du Deine Rolle als zukünftige Designerin auf dem Markt?

Momentan kann ich die Frage gar nicht beantworten. Ich habe ja noch kein eigenes Label. Bei dem, was ich momentan mache geht es eher um eine persönliche Entwicklung. Ich probiere unterschiedliche Sachen und deswegen gibt es gerade nicht so eine enge Verbindung zwischen dem woran ich gerade arbeite und dem, was es auf dem Markt gibt. Außerdem mache ich mir jetzt gar keine Gedanken darüber, ob die Leute meine Sachen kaufen würden. Allerdings würde ich mir aber auch nicht anmaßen zu sagen, ich mache das jetzt so oder so und deswegen bin ich besser als der Designer oder die Designerin. Grundsätzlich geht es bei mir um etwas Anderes als bei anderen Designern. Oft haben diese ein Ziel, wissen ganz genau wie erfolgreich sie werden möchten und haben eine bestimmte Vorstellung von der Zielgruppe. Bei mir ist das anders.

Was genau fasziniert Dich an dieser Uniformität?

Es geht ja nicht nur um Klamotten. Natürlich – Fashion das sind Klamotten – aber wie sagt man, the clothes can only change the look of the day but fashion is something that inspires those people to change the future. Ich glaube, bei mir geht es eher darum, dass du einfach immer unterschiedliche Sachen anbietest. Was die Leute tragen, das entscheidet auch viel die Zeit in der sie leben, nicht nur die Designer.

Warum entwirfst Du?

Es geht ja nicht nur um Klamotten. Natürlich – Fashion das sind Klamotten – aber wie sagt man, the clothes can only change the look of the day but fashion is something that inspires those people to change the future. Ich glaube, bei mir geht es eher darum, dass du einfach immer unterschiedliche Sachen anbietest. Was die Leute tragen, das entscheidet auch viel die Zeit in der sie leben, nicht nur die Designer.

Worum geht es in Deinem aktuellen Projekt ‚Ρ1ON33r2020l@b’, das von Prof. Jurgi Persoons und Lars Paschke betreut wird?

Wir sollen eine neue Modeströmung kreieren. Die moderne Zeit hat ungefähr vor einhundert Jahren angefangen. Jetzt ist gerade dieser Moment, wo es eine Art Revolution geben soll.

Wie hast Du die Aufgabe für Dein eigenes Projekt interpretiert?

Ich habe am Anfang gedacht, das ist eine total schwierige Aufgabe. Das lässt sich nicht so einfach lösen. Dann habe ich angefangen zu recherchieren. Bisher war Herrenbekleidung immer meins, deswegen habe ich mir die Entwicklung der Herrenbekleidung in den letzten einhundert Jahren angeschaut und gemerkt, dass eigentlich im Bezug auf Silhouette gar nicht soviel passiert ist. Es ist immer noch ganz klassisch, ein Hemd, darüber eine Weste, Jackett, ein Mantel und darunter eine Hose. Deswegen ist die Frage, ob man zu dem Thema überhaupt neue Klamotten entwerfen sollte. Meiner Ansicht nach macht das überhaupt keinen Sinn.
Von mir aus gibt es immer diesen rebel-Gedanken. Ich mag ungern Sachen die es schon gibt. Deswegen habe ich mir so gedacht, wenn ich jetzt unbedingt was Neues machen muss, dann mache ich etwas, was ‚Nicht-Bekleidung’ ist, also ‚not clothes’. Und dann habe ich mich gefragt, was sind dann ‚clothes’ und wie werden die gemacht? Und egal, ob man Schnitt konstruiert oder drapiert an der Puppe, am Ende hast du, wenn du den Schnitt ausgeschnitten hast die ‚Outlines’ und es bleibt etwas übrig. Die negativen Schnittformen werden dann weggeschmissen. Ich habe mir dann gedacht, okay they are not pattern, so they are turning into ‚not-clothes’. Das heißt, ich arbeite nur mit den festen Formen. Ich fange mit Papier an. Außen gibt es die rechten Winkel und innen die Outline. Durch drapieren und falten entstehen dann ‚not clothes’.
Einerseits geht es darum, diesen rebel-Wunsch zu realisieren, andererseits wollte ich immer etwas mit Schnittentwicklung machen. Deswegen versuche ich jetzt eine Art zweidimensionales draping zu entwickeln, etwas, dass bisher noch nicht wirklich gemacht wurde, eine Zwischenform von Schnittkonstruktion und Drapieren. Bei der Schnittkonstruktion werden die Maße gebraucht und beim draping reicht die Puppe aus. Ich versuche jetzt die Maße zu berücksichtigen, ohne die Linien zu rechnen. Auf einer zweidimensionalen Ebene, wie auf Papier, drapiert ich diese dann.

Wie siehst Du Deine Idee im größeren Kontext? Ist Dein Kommentar, Deine Kritik eher humoristischer, ideologischer oder persönlicher Natur?

Es hat schon etwas mit diesem intuitiven rebel-Gedanken zu tun. Ich mache nicht gerne etwas, das es schon gibt. Also wenn da draußen zehntausend Leute ein Jackett machen, dann mach ich lieber ein ‚not-Jackett’.

Du studierst inzwischen im 5. Semester Modedesign an der UdK. Was interessiert Dich an Mode?

Die Entscheidung Modedesign zu studieren habe ich relativ spät getroffen. Das Interesse an Mode gab es allerdings schon als ich ganz klein war. Als kleines Kind habe ich in Shanghai für einige Jahre gelebt, das ist sehr westlich geprägt, und in den achtziger Jahren gab es dort schon so eine Art Fashion. Absurd war, dass ich schon als fünfjähriges Kind immer Schaufensterbummeln spielen wollte.
Ich habe später auf eine unfreiwillige Art und Weise etwas ganz anderes in Peking studiert. Als ich dann fertig war, habe ich mich dann aber doch dafür entschieden nach Berlin zu gehen und an der UdK zu studieren. Auf eine übertrieben Art und Weise könnte man sagen, weil ich irgendwie weiß, ich bin dafür geboren, um so etwas zu machen. Neutral betrachtet bin ich nur eine von denen, die von diesem Fashioneffekt inspiriert werden. Fashion hat so eine Power. Nach meinem Bachelor hätte ich damals auch einfach einen Job suchen können, in Peking leben. Aber ich wollte etwas machen, das nur ich machen kann, die anderen Leute nicht. Und Fashion ist so ein Ding. Es gibt mir die Möglichkeit, etwas Eigenes zu machen.

// Interview: Jessica Oemisch

// WS 2013/14
// Hauptstudium