Prothesen | Nadine Hartmann

Prothesen heißen traditionellerweise fehlende Gliedmaßen ersetzende Konstruktionen, somit Erweiterungen des Leibes. Solche optimal angepassten oder gar einverleibten technische Apparaturen zwingen uns zum einen, den Instrumentengebrauch des Menschen, aber auch die angebliche Natürlichkeit des „nackten“ menschlichen Körpers neu zu bedenken, zum anderen aber auch das transhumanistische Versprechen der Prothese kritisch zu reflektieren. An der Prothese lassen sich die anthropologischen Voraussetzungen der Unterscheidung von Materialität bzw. Immaterialität und Künstlichkeit und Natürlichkeit aufzeigen. In nahezu jeder Technik, jedem Medium lässt sich – wie Marshall McLuhan dies zur Grundlage seiner Theorie machte – etwas Prothesenhaftes erkennen, insofern es den Verweis auf den menschlichen Sinnesapparat als Index mit sich führt. In der für das Design bestimmenden Vorstellung der Schnittstelle und ihrer Anpassung an den Nutzer lockt zudem immer das Paradigma der für die Prothese entscheidenden körperlichen Integration.

Der Kurs widmet sich nicht den vielfach unversöhnlich gegeneinander stehenden kulturpessimistischen und utopischen Positionen, sondern versucht, aus designtheoretischer Perspektive, die Modellfunktion der Prothese für die stets neu zu verhandelnde Grenze zwischen Ding und Mensch auszuloten.

 

Designtheorie || BA 3. Semester || Donnerstag 10.00–13.00 Uhr || Raum 207