DENIM OTAKU (2016)

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Denim Otaku  // WS 2015/16  // Grundstudium

Die japanische Kultur zeichnet sich durch ihre Fähigkeit, auswärtige Einflüsse zu verarbeiten und zu transformieren, aus. In kulturellen Transformationsprozessen wurden und werden die Stilelemente analysiert und verfeinert.
Der Begriff Otaku bezeichnet im Japanischen Fans, die von von ihrer Leidenschaft besessen sind.
So wurde auch die Jeans, ausgelöst durch die Faszination der japanischen Jugend der 50er Jahre für alles Amerikanische,  in Japan nachgewebt und zur Perfektion gebracht dies führte zur Neuinterpretation und Verfeinerung des ur- amerikanischen Textiles.
Heute gilt japanisches Denim als das beste weltweit.
Im Entwurfsprojekt werden traditionelle japanische Kleidung und der Denim mit seinen Kulturhistorischen  Bedeutung Ausgangspunkt für den eigenen Entwurf sein.
Der weltgrößte Denimhersteller VICUNHA wird als Kooperationspartner verschiedenen Denimqualitäten für Experimente und den Entwurf zur Verfügung stellen.
In diesem ersten Entwurfsprojekt gibt es einen sehr großen Schwerpunkt im textilen Gestalten – mit Hilfe von verschiedene Siebdrucktechniken und der Oberflächen Manipulation des textilen Materials sollen unterschiedliche Ansätze experimentell entwickelt werden und später im Entwurf und dem Outfit umgesetzt werden.
Gestalterisches Ziel des Projekts ist die Umsetzung und Inszenierung eines visuell und gedanklich nachvollziehbar erarbeiteten Entwurfs.
Dieses Projekt versteht sich als Qualifikationsaufgabe für das weitere Studium in der Bekleidungsgestaltung.

Lehrende: KM Karin Hoffmann // KM Jana Patz // (Gast) Prof. Philipp Rupp // Silvia Schüller // Dorothèe Warning //

Studierende: Daniel Juhart // Anna-Luiese Sinning // Pia Marietta Waller // Ilona Karácsony // Marina Kitsukawa // Katharina Achterkamp // Carmen Abele // Ronja Biggemann // Lisa-Mia Katter // Christine Sattler // Justine Masché // Katharina Heinze // Lea Wittich // Jasmin Halama

 

 

 

// Katharina Heinze:

Innerhalb meiner Recherche zu verschiedenen Formen des traditionellen Kimonos stieß ich auf Fotografien von Nobuyoshi Araki. Dessen Abbildungen gewähren private Einblicke in das Leben junger Japanerinnen, die sich ihm in intimen Momenten im ‚Nagajuban‘, dem körpernahen und häufig transparenten Unterkimono präsentieren. Dieser bildet die Ausganslage meiner Entwurfsideen innerhalb des Projektes ‚Denim Otaku‘. Während der Analyse der Fotografien von Araki stieß ich auf wiederkehrende Symbole –Merkmale aus Kinderzimmern wie Plüschtiere und Spielzeug zeigen sich auf seinen Abbildungen, während diese befremdlich wirken im Kontext einer Erwachsenenwelt und intimer geschlechtlicher Momente. Kuraiko, eine von mir fiktive Person verkörpert den Zwiespalt einer jungen Japanerin – sie lebt angepasst und zurückhaltend in der Öffentlichkeit, innerhalb von vier Wänden erscheint sie jedoch im zwiespältigen Licht. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen der Außenwahrnehmung Kuraikosund ihrer realen Persönlichkeit, die sich offenherzig und spielfreudig im privaten Raum präsentiert. Die Mode- und textilen Entwürfe handeln von oben beschriebener Diskrepanz: Der Vorhang wird zum Symbol von Zwiespältikeiter gewährt intimste Einblicke einerseits und verhüllt und zensiert den Zugang andererseits. Dieser steht ausserdem im Mittelpunkt textiler Flächenbearbeitung, welche das Spiel zwischen Bedecken und offen legen thematisieren. Während sich die Enthüllung erogener Zonen im Entwurf präsentieren, zeigen sich andere Bereiche des Körpers, entsprechend gesellschaftlicher Vorstellungen von Sittlichkeit bedeckt. Dabei spielt die Arbeit mit verschiedenen Formen von Unterbekleidung eine wesentliche Rolle. Elemente der westlichen Leibwäsche, wie dem Büstenhalter, werden neben Auszügen der traditionellen japanischen Unterbekleidung erkennbar.

Verspielte Elemente werden ausserdem an Träger- und Schuhgestaltung sichtbar.

 

// Lea Wittich:

„DENIM ABSTRACT“
Die Grundlagen meiner Thematik finden sich in der Jeanshose und in einem höfischen Kimono aus
der Heian-Ära für die Frau. Beide Kleidungsstücke scheinen zunächst recht wenig miteinander zutun zu haben: Die Jeans, welche nach westlicher Schnittkonstruktion den Körper abformt,
nachformt (extrem: Skinny Jeans) oder sogar formt (Push-Up Jeans) und die Körperformen extrem
zur Schau stellt, steht dem Flächenschnitt des Kimono diametral gegenüber, der die Formen des
weiblichen Körpers durch seine Verhüllung nahezu komplett negiert.
Dennoch ist das Verhältnis beider Teile zur jeweiligen Trägerin sehr ambivalent aufgeladen: Obwohl die Jeans einen unangepassten Charakter der Selbstbestimmung verkörpert, so
beispielsweise in der 68er Bewegung von Frauen getragen wurde, gerade um ihren Körper zu
zeigen und sich den einengenden Kleidungsnormen der 50er/60er Jahre zu entziehen, avancierte
sie jedoch zu einem Kleidungsstück, das sich vor allem durch die Marketingstrategie der
Sexualisierung des weiblichen Körpers zum „Objekt der Begierde“ verkauft.
Auch der Heian Kimono und die Rolle seiner Trägerin zeichnen sich durch ihre Ambivalenz aus.
Die soziale Position der Frau scheint in der Heian-Zeit (794-1185) außergewöhnlich: Die adligen
Frauen durften zu dieser Zeit eigenes Eigentum (Häuser, Vermögen) besitzen, was im
mittelalterlichen Europa nicht zu denken wäre. Dies waren allerdings nur die adligen Frauen und
auch hier beschränkte sich ihre Unabhängigkeit weitestgehend auf dieses Recht. Allerdings wurde
die Prosa dieser Zeit, die die klassische Phase der japanischen Literaturgeschichte darstellt, in
erster Linie von Frauen verfasst.
Dennoch war der weibliche Körper extrem stigmatisiert, der Kimono sollte die Körperformen
großflächig verdecken. Einzig das Gesicht durfte sichtbar sein, hier mussten sich die Frauen
aufwändigen Schönheitsritualen unterziehen (Entfernen der Augenbrauen und auf der Stirn dick
aufzeichnen, schwarze Zähne,etc.), taten sie das nicht wurden sie von Frauen und Männern als
hässlich angesehen.
Der weibliche Körper wird also in den verschiedensten Formen zum (Sex-)Objekt erniedrigt: die
Degradierung des weiblichen Körpers, der wie eine Art Produkt konsumiert wird und im Sinne des
Objekts die Konnotation der Unmündigkeit besitzt.
Eine psychologische Studie der University of Nebraska hat ergeben, dass selbst unsere
unbewusste Wahrnehmung den weiblichen Körper eher als Objekt, denn als Person wahrnimmt.
Nachgewiesen wurde dies durch die Überprüfung verschiedener psychologischer Effekte, unter
anderem der globalen Wahrnehmung (Wahrnehmung als Persönlichkeit) und lokalen
Wahrnehmung (Wahrnehmung als Ansammlung von Fragmenten), so konnten die Probanden
erheblich mehr Frauen an der isolierten Darstellung von Körperteilen erkennen als Männer. Daraus
schlossen die Forscher, dass der weibliche Körper eher lokal wahrgenommen wird, was eigentlich
nur bei Objekten der Fall ist.
Hier findet sich der Ausgangspunkt meines Konzepts: Wir objektifizieren den (weiblichen) Körper.
Vor allem die Mode scheint diesen Prozess zu versinnbildlichen. Der Körper wurde seit jeher
modelliert, abgeschnürt, aufgepolstert, etc., um ihn einem abstrakten kulturellen Konstrukt
namens
Körper(-bild) anzupassen. Das Vorgehen scheint fast dem Prozess eines Bildhauers gleich, der
aus meist leblosen Materialien Figuren formt.
In meinem Entwurf möchte ich diese Objektifizierung verdeutlichen und ins Extreme steigern. Der
Körper des Mannequins wird zu einem statischen Konstrukt, das Attribute einer Skulptur aufweist
und Aspekten von Kleidung, tatsächlicher und textiler Körperlichkeit begegnet.
Das Konstrukt, welches hier entsteht, illustriert also unsere Zuschreibungen von Körperlichkeit, die
wir als tatsächlichen Körper ansehen und unserer Betrachtung von Körper dadurch immer ein
fiktives Konglomerat als Körperbild zugrunde legen. Statisch wird dieses Konstrukt, da es im Sinne
des Vorwurfs der Unmündigkeit kein funktionales Objekt, sondern ein skulpturales Objekt ist,
welches im Dienste des Ästhetischen Amusements steht.
Der Aspekt des Skulpturalen wird durch die Materialbearbeitung thematisiert, das bekannte
Material Denim wird durch Gips entfremdet und ausgesteift, schränkt also die Mobilität des Trägers
ein. Wichtig für meinen Entwurf sind aber auch die bekannten Aspekte von Kleidung:
Verarbeitungsdetails (Kappnähte, Bewegungsfalten, Nieten etc.), sowie das Anmuten von
bekannten Kleidungsstücken (Jeansjacke/hose). Schließlich ist es ja gerade die Kleidung, die den
Körper konstruiert, da sie vorgibt Körper zu sein ( Vgl. Lehnert). Des Weiteren ist der tatsächliche,
individuelle Körper einer potentiellen Trägerin schließlich kein abstraktes Gebilde sondern wird
durch die Kleidung abstrahiert, der Körper und die Kleidung, als vermeintlich bekannte Elemente
sollten also durchaus noch erkennbar sein.
Der Körper der Trägerin wird hier teilweise negiert aber auch explizit zur Schau gestellt: In meinem
Entwurf mache ich mir das Prinzip des Verhüllens und Zeigens des Kimonos, sowie die
fragmentierte Wahrnehmung, welche in der zuvor genannten Studie problematisiert wird, nun
gelenkt zu nutze machen.
Hier entsteht ein interessanter Spannungspunkt zwischen Objekt und Subjekt, ein Störfaktor, der
die objektifizierende Wahrnehmung in Frage stellt. Das skulpturale Anmuten eines explizit
lebendigen Subjekts und die Verhüllung der Körperlichkeit, im Kontrast zu der fragmentarischen
Preisgabe der Körperteile, irritiert unsere Wahrnehmung und erscheint ästhetisch äußerst
interessant aber auch befremdlich.

 

// Justine Masché: 

„THE HIGHER THE HAIR THE CLOSER TO GOD“
OTAKUS SIND IM JAPANISCHEN FANS, DIE EIN GROSSES MASS AN ZEIT UND GELD FÜR IHRE
LEIDENSCHAFT AUFWENDEN UND IHR MIT GROSSER NEIGUNG NACHGEHEN.

AUSGANGSPUNKT DER RECHERCHE IST DAS TRADITIONELLE JAPAN, VERSINNBILDLICHT DURCH DEN KIMONO. ES GIBT SIE IN VIELEN VARIATIONEN. DER KARIGINU IST EIN KIMONO DER HEIAN- ERA (794-1185), DESSEN HAUPTMERKMAL DIE DURCHGEHEND OFFENEN SEITENNÄHTE UND GESCHLITZTEN ÄRMELANSATZNÄHTE SIND. AUFGRUND SEINER BEWEGUNGSFREIHEIT FAND ER URSPRÜNGLICH AUSSCHLIESSLICH VERWENDUNG ALS JAGDOUTFIT VON MÄNNERN HÖHERER STELLUNG, DOCH MIT DER ZEIT ETABLIERTE SICH DER KARIGINU ZUR ALLTÄGLICHEN JAPANISCHEN ADELSTRACHT UND WURDE ZUDEM VON DEN SAMURAI- KRIEGERN DES ADELSHOFES GETRAGEN. AUCH HEUTE NOCH WIRD DAS TRADITIONSREICHE GEWAND IN JAPAN GETRAGEN. ES HAT SICH ZUM KLASSISCHE GEWAND DER SHINTO- PRIESTER ETABLIERT, DIE FÜR DIE DURCHFÜHRUNG VERSCHIEDENER SCHREINRITEN VERANTWORTLICH SIND, WIE Z.B. DEN KAGURA, DEN GESÄNGEN UND TÄNZEN FÜR DIE GÖTTER (KAMI) ODER DER REINIGUNG UND SEGNUNG VON MENSCHEN UND GEGENSTÄNDEN. ZU DER AUSSTATTUNG DER JAPANISCHEN SHINTO- PRIESTER IN KOMBINATION MIT DEM KARIGINU GEHÖRT UNTER ANDEREM DIE TATE- EBOSHI, EINE HOCH AUFGETÜRMTE, SCHWARZE KAPPE AUS DURCH LACK IN FORM GEBRACHTEM PAPIER.

SILHOUETTE
DIE HAUPTINTENTION MEINER ENTWURFSARBEIT IST DAS VERSCHMELZEN VON KLEIDUNGSSPEZIFISCHEN DETAILS DES KARIGINU MIT ELEMENTEN DER BEKLEIDUNGSWEISE DER ROCKABILLY KULTUR IN AMERIKA UND JAPAN, SYMBOLISCH VERTRETEN DURCH JEANS UND LEDERJACKE. ZIEL IST ES DURCH DAS VERMISCHEN BEIDER WELTEN EINE NEUE SILHOUETTE ZU ENTWICKELN, DIE SELBSTBEWUSSTSEIN, PRÄSENZ UND UNABHÄNGIGKEIT IHRES TRÄGERS UNTERSTÜTZT.

 

// Ronja Biggemann:

Was bedeutet der Kimono heute?
Zu Beginn meiner Recherche, für die Umsetzung eines Hauskimonos, als erster Arbeitsschritt für das Projekt, stand ein Gespräch mit einer jungen Japanerin, die mir eindringlich erklärte, dass das Tragen eines Kimonos nicht mehr mit dem heutigen Lebensstil der meisten Menschen in Japan zu vereinbaren sei.
In seiner traditionellen Trageweise ist der Kimono, im Gegensatz zur westlichen Bekleidung, vollkommen ungeeignet für Beruf und Freizeit, weil er nicht genügend Bewegungsfreiheit und Komfort bietet.
Die Fragilität der traditionellen japanischen (Damen-) Bekleidung wird getauscht gegen Agilität im Alltag.
Dennoch lassen sich auch heute noch 7 von 10 junge Japanerinnen im Kimono für ihre Verlobungsbilder fotografieren.
So drückt eine Frau durch den starken Symbolwert, der diesem Nationalkleidungsstück weiterhin innewohnt, aus, dass sie viel Wert auf Traditionen, die Familie und einen femininen Ausdruck legt.
Der Kimono ist repräsentativ und förmlich.
Beim Betrachten von Bildern, die Frauen im Kimono mit eben diesem Ausdruck zeigen, sind mir außerordentliche Parallelen zu Fotografien von Frauen in den 1950er Jahren der westlichen Welt aufgefallen.
Eine nähere Reflexion zeigt, dass sich auch die gesellschaftlichen Werte, der japanischen Kimonoträgerinnen und vieler Frauen in den 50er Jahren stark überschneiden.
Nach Ende des Krieges waren die Frauen darauf bedacht die sozialen, kulturellen und besonders familiären Strukturen zu rekonstruieren.
Sie waren wieder ausschließlich Hausfrauen, kümmerten sich um die Kinder und ihren Mann, nachdem dieser von seiner Arbeit nach Hause kam.
Das Repräsentieren von Traditionen, der Norm, Etikette und Harmonie wurden wieder sehr wichtig.
Dabei diente auch die Bekleidung als Ausdrucksmittel der wiedergewonnen Ordnung und des wiedergewonnen Wohlstandes.
In der Mode wurden die Geschlechter erneut deutlich getrennt.
Weibliche Silhouetten waren geprägt von einer extrem engen, oft durch Formwäsche oder Korsett unterstützen, Taille und einem Ausgestellten Rock.
Die Ordnung und die Norm in der Mode wurde so sehr auf die Spitze getrieben, dass regelrechte Anleitungen geschrieben wurden, was die Frau zu welcher Tageszeit und zu welchem Anlass zu tragen hatte. Aus heutiger Sicht scheinen die Bekleidungsgewohnheiten der 50er Jahre paradox oder sogar amüsant.
Die Jeans war in den 1950er Jahren kein gängiges Kleidungsstück für Frauen, sondern wurde größtenteils von sog. Halbstarkenbräuten, also jugendlichen Rebellen, oder experimentierfreudigen Prominenten in der Freizeit und hauptsächlich in der Herrenform getragen.
Dennoch gab es auch eine spezifische Damenform in der Jeansbekleidung, die ähnlich wie andere Damenhosen sehr körperbetont zugeschnitten, in der Taille sehr eng war, ca. bis zur Mitte der Wade reichte und mit einem Reisverschluss an der Seite zu verschließen war. Hier steht nun allerdings die Frage im Raum, ob es sich bei der Damen- Jeansform der 50er Jahre nur um ein Nischenprodukt handelt.
Aus diesem Grund habe ich meine Recherche auf die Hosenbekleidung für Damen im allgemeinen ausgeweitet.
Die Hose war nämlich noch kein alltägliches Kleidungsstück für Frauen in den 50erJahren.
So war z.B. besonders die neu entworfene Caprihose wegen ihrer, dem weiblichen Körper nahen Form zwar sehr modern, aber auch sehr anstößig und in Schule und Beruf sogar gänzlich verboten.
Trotzdem gab es die repräsentative, adrette und traditionelle Hausfrau, die zwar eine Caprihose trug, diesem provokativen Ausdruck und dieser provokativen Silhouette jedoch umgehend wieder jegliche Macht raubte, indem sie ein geschlitztes Abend- oder Cocktailkleid drüber trug.
So zeigte sie sowohl ihre Modernität, sich allerdings gleichzeitig auch Salonfähig.
Besonders interessant und Anfangs unerklärlich im zeitlichen Kontext für mich war die Trageweise dieser beiden Kleidungsstücke, sodass diese für mich auf den ersten Blick kaum identifizierbar waren.
Des weiteren war dieser, aus damaliger Sicht, höchst moderne Ausdruck, für mich aus heutiger Sicht, in Spiessigkeit kaum zu übertreffen.
Diese Bekliedungsgewohnheit sollte den Ausgangspunkt für meinen Entwurf darstellen.
Entscheidend in meinem Prozess war eine Dekonstruktion des Cocktailkleides, die auch stark in meinem ersten Teil wiederzufinden ist. Durch diesen Schritt hat das Outfit an Lässigkeit und Modernität gewonnen und sich in meiner Recherche ein Stück weit meinem Ausgangspunkt, einem Hausmantel angenähert.
Die Schnittführung ist hier stark an den Kimono angelehnt, wenn auch Details aus der Damenbekleidung der 50er Jahre, wie eine schmal zulaufende Taille und ein ausgestellter Rockteil einfließen.
Auf den ersten Blick soll man das Kleidungsstück nicht verstehen, so wie es mir beim Betrachten der Bilder aus den 50er Jahren ergangen ist.
Handelt es sich um einen Rock mit einer Jacke, um einen Mantel, um ein Kleid?
Es ist mir wichtig, dass das erste Teil aus jedem Blickwinkel andere Assoziationen hervorruft.
Die Caprihose habe ich grundsätzlich beibehalten, wenn auch in der Schnittführung verändert und in der Silhouette aufgelockert.
Das dritte Kleidungsstück in meinem Outfit stellt ein Bustier dar.
Zum einen um die Feminität meines Konzeptes, aber auch die Flächenbearbeitung, durch das sichtbar machen von Haut und das Spiel von Transparenzen im Material zu verstärken.
Zum anderen nähert sich das Outfit durch einen Ausdruck von «Nicht- bekleidet-sein» weiter an die Hausgarderobe an.
Es wird in der gesamten Kombination die Frage um die Bekleidungsform auf einer anderen Ebene aufgeworfen. So ist nicht ganz klar, für welchen Ort dieses Outfit entworfen ist.
Meine Flächenbearbeitung beruht grundsätzlich auf der Umsetzung meines Kimonos, in dessen Nahtführung und Verarbeitung ein assoziatives Karo- Muster zu erkennen ist.
Weiterführend habe ich auch in der Bekleidung der 50er Jahre viele karierte Oberstoffe gefunden.
Durch das Entfernen von Schuss- und Kettfäden für meine persönliche Umsetzung dieses Dessins, entstehen partielle Transparenzen, die den Denimstoff deutlich femininer und kostbarer erscheinen lassen.
Mir war es wichtig, dass die gesamte Flächenbearbeitung aus dem Material und dem Thema an sich kommen, besonders weil der Denim durch
seine unterschiedlich gefärbten Kett- und Schussfäden alleine mit dieser Bearbeitungsweise die Möglichkeit für eine Mehrfarbigkeit im Material gibt. Außerdem unterstützt das großzügige graphische Muster, dass sich auf allen Kleidungsstücken wiederfindet, die Verwirrung über die Art des Kleidungsstückes an sich.
Weitergeführt wird das Karo in Hose und Bustier durch einen aufgestickten, aber klassichen Jeans-Verarbeitungsfaden, der sowohl durch den Farbkontrast das Muster verdeutlicht, als auch das Denim-Thema im Allgemeinen wieder aufgreift.
Des weiteren soll die Flächenbearbeitung kein rein dekoratives Element sein, sondern aufgenähte Streifen für das Karo werden beispielsweise auch als Verschluss genutzt.
Im gesamten Wichtig für meinen Entwurf war mir eine Gratwanderung zwischen Spießigkeit der 50er Jahre und Modernität und Lässigkeit meiner Auffassung von Weiblichkeit heute.

 

 

// Marina Kitsukawa 

Konzept:
Den Ausgangspunkt meiner Arbeit bildet der traditionelle Kimono des Kabuki-Theaters, getragen von der Heldenrolle des „Shibaraku“. Dieser Kimono zeichnet sich durch seine besonders üppige, voluminöse Silhouette aus. Er ist, anders als normale Kimonos innen wattiert, mit Futter und die kräftigen Farben lassen das Gesamtbild noch prächtiger erscheinen, sodass die Figur insgesamt eine überwältigende Präsenz auf der Bühne erhält.

In meiner weiteren Recherche bin ich auf das Thema Hip Hop gestoßen, worin ich sehr viele Parallele zu Kabuki fand: Charakteristisch für ein Hip Hopper ist der opulente Schmuck, der als Zurschaustellung des Erfolges und des Statussymbols dient, seine überproportionale Kleidung und sein dominantes Erscheinungsbild. Diese Gemeinsamkeiten welche ich in diesen beiden Themen (Hip Hop & Kabuki) gefunden habe, werden in meinem Entwurf auf meine Art und Weise übersetzt und fusioniert. LAUT, VOLUMEN, OPULENZ sind die Schlagwörter. Der Entwurf stellt insgesamt eine großzügige, überproportionale Form dar. Es geht um das Thema der Präsenz durch Übertreibung der Dimensionen und der Darstellung der starken, dominanten Figur.

Entwurf:
Für den Entwurf bin ich vom Grundschnitt des Kabuki-Kimonos ausgegangen und Elemente vom Kimono übernommen, wie der charakteristische wattierte Kragen, der Schlitz an der unteren Seitennaht sowie die Vielschichtigkeit. Bei der ersten Anprobe des Nessel- Kimonos sind mir die gerafften Ärmel aufgefallen, die mich an sehr starken, muskulösen Armen erinnerten. Diesen Eindruck habe ich in meinem Entwurf versucht zu thematisieren.

Es sind auch Elemente des Hip Hop-Stils zu sehen. Die Bomberjacke mit oft sehr auffälligen Mustern wie Leopardenmuster bilden für mich das Bildnis eines Hip Hoppers. So wurden Details der Bomberjacke wie Bündchen, Reißverschluss und Ärmelform in meinem Design übernommen. Bei dem Thema Schmuck war es mir wichtig, diesen nicht als externe Komponente der Kleidung hinzuzufügen. Es sollte vielmehr eine Einheit mit dem Kleidungsstück bilden, wie es bei dem Gesamtbild des Hip Hoppers der Fall ist, wo das Outfit nicht ohne dem Schmuck funktioniert.