ITEMS OF SEDUCTION. DIE ÖKONOMIE DES EMOTIONALEN IN KUNST UND GESTALTUNG DER POSTMODERNE | JAN SIEBER

Bereits in den 1930er Jahren sprach Walter Benjamin von der Einfühlsamkeit der Warenseele und den Liebesblicken, die die Waren den Menschen zuwerfen. Heute spricht man in Marketing- und Management-Theorien von „Emotional Design“ oder auch „Affective Engeneering“. Werbeslogans wie „Innovation trifft Emotion“,„Funktion ist die Pflicht, Emotion die Kür!“ oder „Form follows Emotion“ sind voll im Trend. Es reicht längst nicht mehr aus, dass die Dinge guten Absatz auf dem Markt einbringen, sie sollen sich auch einen Platz in unserem Herzen erobern.

Ohne Zweifel sind Emotionen ein aus unserer Realitätskonstitution nicht wegzudenkendes Moment. Und sie sind an den Objektbeziehungen, die wir eingehen, maßgeblich beteiligt. Durch „Affective Engeneering“ jedoch werden sie, und potentiell das ganze menschliche Gefühlsleben, zur Ware. Damit macht sich „Affective Engeneering“ etwas methodisch zueigen, was die Kritik der Warenästhetik bereits in den 1970er Jahren kritisch analysiert hat und Soziologen heute wieder diskutieren.

Im Seminar werden wir uns mit der Ökonomie des Emotionalen in Kunst und Gestaltung zunächst historisch beschäftigen. Emotion und Postmoderne erscheint auf den ersten Blick als ein widersinniges Paar. Hatte nicht die postmoderne Theorie zusammen mit dem Subjekt auch dessen Emotionen zu Grabe getragen? Entgegen dieser Diagnose zeigt sich heute, dass die Postmoderne wesentlich von Affekten als auch Emotionen getrieben war und dass die Dimension der Gefühle, Emotionen und Affekte ihr Begehren, sich von den modernen Paradigmen von Rationalität, Universalität und Autonomie frei zu machen, beförderte. Diese postmoderne Emotionalität findet jedoch ihr historisches Complement in der sich seit den 1950er Jahren herausbildenden Konsumgesellschaft, die mit der für sie so charakteristischen Warenästhetik auf neue Vermarktungsmechanismen drängte, deren aktuellste Ausprägungen „Emotional Design“ und „Affective Engeneering“ sind.

 

Jan Sieber || Universität der Künste Berlin

Modul 4: Kultur- und Designgeschichte || BA – 2. Studienjahr

7.-10. Semesterwoche, Mo & Di, 10-14.30 Uhr || Raum 207