In der Frage nach Art und Funktion des Stils in der Industriegesellschaft kristallisieren sich zentrale Probleme des entstehenden modernen Designs. Die ersten industriellen Massenprodukte der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden noch in den überkommenen Epochenstilen der Gotik, der Renaissance oder des Rokoko gestaltet. Mit der Kritik an diesem Stilchaos des Historismus begann die Suche nach einer neuen, verbindlichen Formensprache der Moderne. Sie orientierte sich an dynamischen Naturformen und Avantgardestilen der Kunst ebenso wie an neuen Materialien und sozialen Bedürfnissen. Stilisierung und Dekoration wurden als wichtige Mittler zwischen Technik und Mensch eingefordert oder als Verkleisterung funktionaler Formen radikal abgelehnt. Im Stil liegt aber auch ein übergreifendes Denkprinzip, das die Gestaltung des Einzelobjekts nicht nur mit seiner Zeitepoche, sondern auch mit dem Zusammenhang eines ‚Gesamtkunstwerks‘ oder sogar einer durchgreifenden Veränderung der Lebensverhältnisse in Verbindung bringen sollte. Stilfragen sind daher nie bloß ästhetische oder funktionale, sondern immer zugleich politische und ökonomische, soziale und philosophische Fragen.
Das Seminar behandelt zentrale Positionen und Texte aus der Geschichte des Designs von der Mitte des 19. Jahrhunderts über die ‚Arts and Crafts‘-Bewegung, den Jugendstil, den Werkbund und die Gruppe ‚de Stijl‘ bis zum Bauhaus in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Seminarleitung: Martin Beck
Kultur- und Designgeschichte, B.A. 1. Semester
Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207