Lea Huch

 

Essen Essen | Master 2018

“Essen mit Essen” heißt Werkzeuge aus Essen herzustellen, die Teil der Mahlzeit werden, wodurch man genau gesehen eigentlich doch mit den Händen isst. Mit den Händen essen, ohne das Gefühl zu haben, mit den Händen zu essen. Texturen sowie Oberflächen der Werkzeuge und Behältnisse spielen eine essentielle Rolle, damit die Erfahrung und auch das Geschmackserlebnis ein besonderes und positives werden. Ebenso wichtig ist die Handhabe der Utensilien – denn nur, wenn sie auch mindestens ebenso angenehm zu benutzen sind wie vergleichbare nicht essbare, sind sie eine Alternative zum bestehenden System.

Betrachtet man den enormen Verbrauch an Kunststoffbestecken, Tellern, Boxen und Kaffeebechern, könnte die Gestaltung von essbarem Geschirr und Besteck viele Potentiale mit sich bringen, um einen nachhaltigeren Umgang mit Essen unterwegs zu fördern. Erst benutzen dann essen, oder einfach zusammen essen, sodass die kulinarische Erfahrung ebenso vom Utensil wie auch durch die Speise selbst geprägt wird. Oder besser noch, das Utensil wird fester Bestandteil des gesamten kulinarischen Erlebnisses und als Geschmackskomponente eingebaut und nicht nur als Werkzeug oder Träger der Speise. Dabei werde ich mich zunächst damit beschäftigen, welche Materialien und Komponenten sich am besten für die jeweiligen Bedürfnisse eignen, welche Oberflächen am angenehmsten sind und welche Oberfläche bzw. Materialzusammensetzung die Stabilität der Utensilien gewährleistet. Wird es ein industrieller Kontext, in dem sich die Produkte bewegen sollen?

Es wäre denkbar, dass man die Utensilien in verschiedensten Geschmacksrichtungen und Formen oder als Halbzeug in Plattenform im Supermarkt kaufen könnte, um dem Endverbraucher eine attraktive, nachhaltige Alternative zu Einweggeschirr und Besteck anzubieten. Vielleicht werden sie aber auch in der Feinkostabteilung neben Brot und Öl angeboten. Alternativ wäre es ebenso spannend, eine offene Entwicklung anzustreben.

Man könnte zum Beispiel einen Ofen- oder Dörrgeräteinsatz für den Hausgebrauch entwickeln und zusätzlich eine Onlineplattform schaffen, in der sich die Nutzer austauschen, Rezepte teilen und das Prinzip stetig weiter entwickeln können.

Können essbare Utensilien eine ernstzunehmende Alternative zu anderen Kunststoff- oder Papiergeschirren und Bestecken sein oder eignen sich eher Biokunststoffe, die ebenfalls auf Grundlage von Lebensmitteln entwickelt wurden? Gibt es noch weitere essbare Alternativen und Materialien, um daraus leckere Utensilien herzustellen? Womöglich kann man sich Prinzipien aus der Molekularküche zu nutze machen, die mit pflanzlichen Stoffen arbeitet, um Aggregatzustände von Speisen zu verändern. Vielleicht ist es aber auch denkbar, in der Pharmaindustrie Vorbilder und Materialien zu finden, die sich erst unter der Zugabe von Speichel und den darin enthaltenen Enzymen auflösen und verdaubar sind. Möglicherweise findet man ein Material oder ein Lebensmittel, dass aufgrund von Überproduktion oder anderen Faktoren nicht mehr in den Handel findet und sonst entsorgt werden müsste. Oder es existiert ein Material, das eigentlich für den Abfall gedacht war, weil es in einer anderen Produktionskette übrig bleibt und keine weitere Verwendung mehr findet.

All diese Fragen und Faktoren bergen ein ungemeines Potential, welches untersucht und getestet werden will.
Ich möchte mich mit Oberflächen und Texturen, Materialien und Formen von Utensilien beschäftigen, die dafür gemacht werden, Lebensmittel aufzunehmen, zu transportieren und zusätzlich selbst essbar sind. Bei dem Entwurf neuer Utensilien soll nicht nur das traditionelle Besteck oder Geschirr als Vorbild dienen, sondern ebenso das spezifische Gericht – die optimale Art und Weise finden, ein Essen aufzunehmen. Ich möchte eine spielerische Art und Weise des Essens ermöglichen, bei der es nicht tabu ist, mit den Händen zu essen, da das Besteck oder ähnliches ebenfalls essbar ist.