KAIROS 5 – Object 5: NAGEL
Eine Geschichte von Entdeckung
Der Moment einen besonderen Entwurf, ein Produkt zu entdecken, zu spüren, dass es eine Verbindung gibt, etwas Fesselndes, eine Faszination, Freude an der Idee, das Potential zu erkennen und „den Nagel einzuschlagen“ – also sich zu committen, sich zu bekennen, Begeisterung
zu zeigen. Das Gefühl zu haben, dass es passt.
Und dann begibt man sich auf die Reise, von der man nicht recht weiß, wohin sie führt und welches Ergebnis sie bringt. Abenteuerlich, oft unterhaltend, manchmal ein Desaster, zum Haareraufen und eine Geschichte von Scheitern. Oder eine Geschichte von Erfolg, guter Beziehung, von viel Spaß und guter Energie und zum Schwärmen.
Das Objekt:
die Gäste mögen bitte einen Nagel mitbringen – groß oder klein, Stahl oder Messing, das spielt alles keine Rolle. Ansonsten machen wir gerne einen Test am Montag.
ON Stephan DornhOfer
Seit 1984 ist Stephan Dornhofer Geschäftsführer von MAGAZIN. Mit Leidenschaft fürs Produktdesign ist er unter anderem verantwortlich für die Zusammenstellung des Sortiments, das im Online-Shop und in den Läden in Stuttgart, München und Bonn erhältlich ist.
In 2020 ist MAGAZIN 50 Jahre alt. MAGAZIN liefert eine qualitative Auswahl an Einrichtungsprodukten bekannter und neu entdeckter Marken und Produzenten. MAGAZIN ist Händler, aber auch Hersteller einer eigenen Produktlinie, den M-Produkten. In ihnen realisiert die Marke eigene Ideen und bringt sie in intensiver Zusammenarbeit mit Designern und meist regionalen Herstellern auf den Markt.
ZUSAMMENFASSUNG
Stephan Dornhofer // Kairos 5
Zum unserem virtuellen Treffen haben wir einen Nagel mitgebracht. Symbolisch steht er dafür, in einem Moment konkret zu werden, eine Verbindung einzugehen und somit etwas festzuhalten: „einen Nagel einschlagen“ im übertragenden Sinne.
Stephan Dornhofer ist Geschäftsführer von MAGAZIN, und hat somit einen sehr umsichtigen Blick auf Fragen im Design, die er aus der Sicht der Unternehmers, des Designers, aber auch sehr persönlich als Mensch mit hohen moralischen Ansprüchen betrachtet und beantwortet.
Das Geschäftsmodell, wenige und dafür hochwertige Designstücke zu verkaufen, die möglichst regional produziert werden und unabhängig sind von langen Produktions- und Lieferketten, macht gerade im Hinblick auf die Coronakrise Sinn. Und genau diese Krise sollte uns, nicht nur als Gestalter, sondern auch als Konsumenten veranlassen zu fragen, wie Produkte in die Welt kommen, ob man diese Dinge wirklich braucht. Auch dass er, als Produzent, mitverantwortlich ist dafür, dass weiterhin mehr Dinge hergestellt werden, als sie gebraucht werden, nimmt er zum Anlass seine Prinzipien um diesen Balanceakt zu erklären: Das Angebot ist so reduziert, qualitativ nachhaltig und langlebig wie möglich, und wird ausgewählt mit einem bewussten Blick auf den Bedarf, was ein vergleichsweise kleines Sortiment zur Folge hat. Auch die Zusammenarbeit mit ausgewählten Herstellern, die bestimmte Produktionsmethoden und -qualitäten anbieten, meist kleine Betriebe die hochwertige Handwerksmethoden zeitgemäß umsetzen sind der Kernthema und Antrieb.
Denn das überleben von umliegenden hochwertigen Handwerksbetrieben ist nicht nur aus ideeller Sicht erstrebenswert, sondern auch essentiell dafür, so unabhängig wie möglich von internationalen Ereignissen, Lieferwegen etc. zu sein.
Und gerade dieser Part, das direkte Miteinander, das nicht-anonyme Zusammenarbeiten mit Designern, Betrieben und anderen Beteiligten, beschreibt er als seinen Lieblingsprozess. Gemeinsam Wege einzuschlagen, Türen zu öffnen, zu fördern und zu unterstützen. Und trotzdem ist es unvermeidbar, dass ab und zu die ein oder andere Hürde auf dem Weg nicht überwindbar ist und trotz all der Mühen abgebrochen wird. Doch das kann er akzeptieren, und freut sich umso mehr auf die nächsten, immer spannenden Projekte, die danach kommen. Hilfreich ist natürlich, dass in seinem speziellen Fall auch immer der Vertrieb mit im Boot sitzt und diese Perspektive mit einbringt, und somit hilft sich wieder neu zu fokussieren, wenn er sich in einem Projekt verliert.
Als Zukunftsvision, wie er sich die Welt der Gestaltung post Corona vorstellt, hofft er auch eine vermehrte „on-demand“ Produktion. Auch DIY, so hofft er, wird hoffentlich besser.
In der Gestaltungslehre, so sein Appell, sollen auch Kaufmännische Aspekte besser gelehrt werden. Und zwar nicht, um besser verkaufen zu können, sondern um zu verdeutlichen, was es bedeutet zu Produzieren, wo Dinge herkommen, wie alles miteinander zusammenhängt, und somit das Bewusstsein für die eigene Verantwortung zu schärfen.
Als gemeinsames Projekt mit der UdK könnte er sich auch gerade dieses Thema, des Produktionskreislaufs, vorstellen. Und da MAGAZIN nun auch einen Showroom in Berlin hat, in dem wir jederzeit herzlich willkommen sind (Potsdamer Straße 100), ist der Nagel, mit dem wir dieses Gespräch begonnen hatten, nur hoffentlich tief genug eingeschlagen, um dieses Projekt anzugehen. Die Rückmeldungen der Studierenden und Mitarbeitenden zeigten jedenfalls sehr eindeutig, dass dies auf großes Interesse stoßen würde.
Dominique Bertisch