1958 beklagte Hannah Arendt das Verschwinden der Öffentlichkeit zugunsten des „Sozialen.“ Diese Diagnose scheint sich heute zunächst zu bestätigen: Öffentlichkeit leidet unter der medialen Flut privater Befindlichkeiten. Allerdings wurde seit dem Feminismus der 60 Jahre eine klare Trennbarkeit zwischen dem Öffentlichen einerseits und dem Privaten und Intimen andererseits als simplifizierend und machtblind zurückgewiesen. Heute, da auch dieses Seminar in unseren privaten Räume stattfindet, sind diese Grenzen noch einmal unklarer geworden. Wir gehen diesen umstrittenen Trennlinien, die sich mit denen zwischen Status und Geschlecht kreuzen, nach und fragen, wie sie durch Gestaltung und Design allererst entstehen. Seit wann gibt es so etwas wie „Interieur“ als Markierung eines Privatraums? Seit wann Vorstellungen von Gemütlichkeit? Was bedeutet Arbeit zu Hause, und kann man umgekehrt Politik vom Bett aus machen? Und was für Intimbeziehungen hegen wir zu den Gegenständen selbst?
Dr. Philipp Wüschner
BA. 3. Semester
Donnerstag 10–13 Uhr, online
Beginn: 5. November 2020