WENN ICH MUSS DANN MUSS ICH HALT – Lilly Krämer

Wenn ich muss dann muss ich halt

Selten benutzt man die öffentliche Toilette, wie man es bei sich zu Hause tut, denn außerhalb der eigenen Vier Wände erweisen sie sich fast immer als mangelhaft. Vor allem bei Frauen* ist ein öffentlicher Toilettenbesuch damit begleitet, sich zu überlegen, möglichst wenig anfassen, oft über der Kloschüssel zu schweben und sich daraus resultierend in eine möglichst unkomfortable Sitzposition zu begeben. Hinzu kommen oft lange Wartezeiten und unzureichende hygienische Voraussetzungen. Vielen Frauen* graut es deshalb vor dem Toilettenbesuch, so dass sie diesen möglichst lange hinauszögern. Im Versuch, den Problemen, mit denen sich Frauen* auf öffentlichen Toiletten konfrontiert sehen, zu begegnen, entstehen immer mehr Entwürfe für Unisex- oder Frauen*-Urinale, die darauf abzielen, die lange Wartezeit und die unzureichenden Hygienestandards der traditionellen Sitztoilette zu verringern.

Von Beginn an stand für mich die zentrale Frage im Raum, welche geschlechtsspezifischen Anforderungen an mich gestellt werden. Die Norm, dass Frauen beim Urinieren sitzen und dabei eine geschlossene Kabine nutzen sollen, reflektiert dabei tief verwurzelte kulturelle und historische Vorstellungen von Weiblichkeit als Inbegriff von Reinheit, Züchtigkeit und Zurückhaltung. Der männliche Körper gilt in unserer Gesellschaft als unhinterfragte Norm und öffentliche Infrastrukturen sind überwiegend an seine Bedürfnisse ausgerichtet. Der weibliche Körper hingegen muss oft in bestehende, häufig unzureichende Strukturen passen und sich diesen anpassen. Ziel war es ein Toilettenerlebnis zu schaffen, dass Frauen* dazu ermutigt, in öffentlichen Toilettenräumen, sowie auch beim Wildpinkeln verschiedene Pinkelpositionen auszuprobieren – unabhängig vom Geschlecht und losgelöst von vorgegebenen Vorstellungen darüber, wie der Körper sich dabei zu positionieren hat. Der Entwurf konzentriert sich weniger auf die Gestaltung einer alternativen Toilette, sondern vielmehr auf die Frage, warum solche Konzepte bislang kaum Anklang finden.

Viele unserer alltäglichen Gegenstände sind nach wie vor an den Körper des Mannes angepasst. Während der Hosenstall Männern ermöglicht, ihren Penis beim Urinieren unkompliziert herauszuholen, bietet er Frauen* kaum funktionale Vorteile. Mit der Zeit änderten sich zwar Kleidernormen, die Gestaltung der Hose blieb jedoch weitgehend unverändert. Das Problem: Der Ausfallwinkel der Harnröhre liegt viel tiefer, als der Reißverschluss sich öffnen lässt.

Die Bessere Hose eignet sich daher nicht nur für die Nutzung von Steh- und Hockurinalen, wie beispielsweise dem Missior, sondern auch für Situationen, in denen infrastruktuelle Gegebenheiten versagen – etwa beim Wildpinkeln.

PottyTraining intergriert das Pinkeln im Stehen schon von klein auf, denn auch das Pinkeln außerhalb der eigenen Vier Wände muss gelernt und erprobt werden. Während es zahlreiche Pissoirs für Jungen gibt, um das Pinkeln im Stehen zu üben, gibt es diese Möglichkeit für junge Mädchen kaum bzw. gar nicht. PottyTraining eignet sich der Form der meisten öffentlichen Steh-Urinale an und sorgt damit, dass Mädchen ihrem Körper mehr zutrauen und Normen der nicht im Stehen pinkelnden Frau gar nicht erst entstehen.

People rarely use public toilets the same way they do at home, because outside the comfort of their own four walls, such facilities are almost always inadequate. Especially for women*, visiting a public toilet often involves thinking about how to touch as little as possible, hovering over the toilet seat, and thereby adopting an uncomfortable position. In addition, there are often long queues and insufficient hygiene standards. Many women* therefore dread using public restrooms and try to postpone the visit as long as possible. In an effort to address the issues women* face in public toilets, more and more concepts for unisex or female* urinals are emerging, aiming to reduce long waiting times and improve hygiene compared to traditional seated toilets.

From the outset, I was confronted with the central question of what gender-specific expectations are placed on me. The norm that women should sit to urinate and use an enclosed stall reflects deeply rooted cultural and historical notions of femininity as synonymous with purity, modesty, and restraint. The male body is regarded as the unquestioned norm in our society, and public infrastructures are largely designed around its needs. In contrast, the female body must often adapt to existing—and often inadequate—structures. The goal was to create a toilet experience that encourages women* to try out different peeing positions in public toilet spaces as well as when urinating outdoors—regardless of gender, and free from preconceived ideas about how the body should be positioned.

Many of our everyday objects are still designed to accommodate the male body. While the fly on men’s trousers allows for convenient access when urinating, it offers women* little functional advantage. Over time, dress codes have evolved, but the design of trousers has remained largely unchanged. The problem: the angle of the female urethra is much lower than the fly typically opens.

Die bessere Hose are therefore not only suitable for use with standing and squatting urinals, such as the Missior, but also for situations where infrastructure fails, such as when urinating outdoors.

PottyTraining integrates standing urination from an early age, because peeing outside the home must also be learned and practiced. While there are plenty of urinals for boys to practice standing urination, similar opportunities for young girls are rare or non-existent. PottyTraining mimics the shape of most public male urinals, enabling girls to trust their bodies more and preventing the emergence of norms that associate women exclusively with sitting to pee.

Betreut durch A.Stankowski, G Joost, A. Engelmann