(Gui Bonsiepe, Opsroom für das CYBERSYN-Projekt, 1971-73)
Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bringt in den westlichen Industriegesellschaften einschneidende technologische und soziale Neuerungen, die es erforderlich machen, die Dogmen der Designmoderne kritisch zu überdenken. Designerinnen sollen nicht mehr – ähnlich wie Künstler – mit dem Entwurf von Objekten und Formen befasst sein, sondern Prozesse gestalten, Interessen koordinieren und bösartige Probleme lösen. Ein neues Bewusstsein für Vernetzung zeigt sich nicht nur in veränderten Designmethodologien, sondern ebenso in kybernetischen Steuerungsphantasien und Diskursen über Ökologie und Nachhaltigkeit. Zugleich wird die Rolle von Rezipienten und Konsumenten aufgewertet. Dies betrifft Verführungskraft, Zeichenfunktion und mythologische Dimension des Designs, aber auch die Forderung nach Partizipation und kritischer Mitsprache. Traditionelle Normen von guter Form und gutem Geschmack werden durch Pop und Camp aufgelöst, neue anti-funktionalistische, ironische und spielerische Gestaltungsphilosophien entstehen. Was unter Begriffen wie Postmoderne und Kommunikationsgesellschaft diskutiert wurde, erscheint als Vorgeschichte der digitalen und postdigitalen Umwelten unserer Gegenwart.
Wir lesen Texte und betrachten Beispiele, die die wichtigsten Stationen dieser Entwicklung in Theorie und Praxis beleuchten.
Seminarleitung: Martin Beck
Kultur- und Designgeschichte II, B.A. 2. Semester
Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207