Abschied von Prof. Ellen Jordan-Hellmuthhäuser

 

„C’est la vie – sagt der Russe“

Zum Abschied von Prof. Ellen Jordan-Hellmuthhäuser, einem Teil der Berliner Modegeschichte

Meine erste Begegnung mit Frau Prof. Jordan-Hellmuthhäuser an der damaligen Hochschule der Künste Berlin werde ich sicher nicht vergessen. Früher als erwartet erschien ich in ihrem Büro in der Strasse des 17. Juni und wurde herzlich und ganz direkt mit „Na, der frühe Vogel pickt den Wurm“ begrüsst. Ich war der Neue, der aus den Niederlanden an die HdK Berlin wechseln wollte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass meine zukünftige Professorin, die trotz der sommerlichen Hitze perfekt gekleidet vor mir saß, schon die ganze Hochschulgeschichte mitgemacht hatte und den Studiengang, als Schiff durch die unterschiedlichen Gewässer der Berliner Hochschulpolitik bereits seit zwei Jahrzehnten steuerte.

Prof. Ellen Jordan (die Abkürzung, des Namens, sei hier erlaubt und wie ich bald erfuhr auch in ihrem Sinne) hatte an einer der Vorgängerinstitutionen der Hochschule der Künste, der Staatlichen Akademie für Werkkunst und Mode gelernt und ebenda auch als Dozentin unterrichtet. Mit der Eingliederung der Akademie, im Jahr 1971, in die damalige Hochschule für Bildende Künste, später Hochschule der Künste Berlin, wurde Frau Jordan mit Anfang Dreißig eine der jüngsten Professorinnen Berlins.

Bereits als Kind hatte sie Berlin als Modemetrople in den Zeiten der Berliner Durchreise nach dem Krieg erlebt. Oft erzählte sie uns Studierenden von den Fahnen, die zu diesem Anlass in den Fenstern der Modehäuser am Kudamm gehisst wurden; an den Orten wo sie auch später arbeiten sollte.

Vielleicht war das ein erster Beweggrund für sie eine Ausbildung zur Damenschneiderin zu absolvieren und Mode zu studieren. Sicher hätte sie nie gedacht, dass sie drei Jahrzehnte selber eine Vielzahl von Berliner und Deutschen Modemachern auf ihrem beruflichen Werdegang begleiten würde. Nicht nur ihr Humor, der in der Tat sehr berlinerisch war, zeigte wie eng sie mit ihrer Heimatstadt verbunden war.

Prof. Ellen Jordan ist ein Teil der Berliner Modegeschichte. Sie brachte andere Berliner, wie den renommierten Modezeichner und Illustrator Gerd Hartung, den Couturier Uli Richter, sowie den Potsdamer Wolfgang Joop Mitte der 80er Jahre als Lehrende an die HdK Berlin.

Sie kreierte einen Raum, in dem wir Studierenden uns entfalten konnten, eigene Projekte und Kooperationen anstoßen durften und diese auch außerhalb der Hochschule „innerhalb des Berliner S-Bahn Rings“, wie sie immer gerne betonte, präsentierten. Dabei entstanden Arbeiten, die auch ihren weiten Blick über die Mode hinaus wiederspiegelten. Mode war ihr wichtig, aber es ging ihr auch, so technisch es klingt, um Bekleidung, die gerade für verschiedene Berufsgruppen praktisch und alltagstauglich, zugleich ästhetisch ansprechend sein sollte. Dieser Ansatz zeigte, dass sich in ihrem Verständnis das Bild des Modesigners gewandelt hatte und sie die Zeichen der Zeit erkannte – Mode als Inspirationspool zu sehen. Der Modedesigner war für sie ein Allrounder, der in Kreativteams die verschiedensten Aufgaben übernehmen kann und nicht unbedingt nur Kleidung entwerfen muss.

Nachdem sie in ihren letzten Jahren an der Hochschule den Wandel zur Universität begleitet hatte, ging sie 2001 in den Ruhestand. Sie verließ die Universität der Künste Berlin mit einem lachenden und einem weinenden Auge. So geht es uns jetzt, wenn wir an Frau Prof. Ellen Jordan-Hellmuthhäuser, die im Alter von 79 Jahren am 19. August 2020 in Berlin verstarb, denken. Sie würde sicher sagen „C’est la vie – sagt der Russe“, sich ihre Sonnenbrille aufsetzen und unaufgeregt den Raum verlassen.

Dipl.-Des. Sebastian Fischenich, lebt und arbeitet als Creative Director in Zürich und hat von 1996-2000 bei Prof. Ellen Jordan-Hellmutthäuser an der Hochschule der Künste Berlin studiert und war ihr Tutor.