KITSCH UND CUTE

(Kulturwissenschaften I / Wahlpflicht /Modul 14 – 91401 ab 5. Semester / 3 SWS / 6 ECTS / Modul 15 – 91501 ab 6. Semester / 3 SWS / 6 ECTS Modul 01 90102/90103 Master 1 / 2 SWS / 4 ECTS)

Lehrende:

Gastprof. Annekathrin Kohout

Start 16.10.2024 | 14 Uhr | Raum 208

Mittwochs / 14 -17 Uhr / Raum 208

KITSCH UND CUTE – zwischen Sentimentalität und Subversion

Eine Kultur ohne Hierarchien, ohne die Abwertung des Geschmacks der weniger Privilegierten, war lange Zeit kaum vorstellbar. In unerbittlichen Streitschriften gegen vermeintlich minderwertige Ästhetiken – allen voran gegen den Kitsch – verfestigten sich Ressentiments gegenüber sentimentaler, pathetischer und niedlicher Kunst und Kultur. Doch unter den Bedingungen der sozialen Medien und im Kontext feministischer sowie klassismus- und rassismuskritischer Diskurse erlebt Kitsch eine späte Aufwertung und gewinnt neue Relevanz in ästhetischen und soziokulturellen Debatten. Dieses Seminar untersucht die historische und theoretische Entwicklung von Kitsch und Niedlichkeit – von ihrer Rolle in der Populärkultur über postmoderne Affirmationen bis hin zu ihren politischen Implikationen in der Gegenwart. Es stellt die Frage: Reproduzieren Kitsch und Niedlichkeit bestehende Machtstrukturen, oder bergen sie das Potenzial, subversiv zu wirken? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Triviale widerständig wird? Wir werfen einen Blick auf historische Theorien des Kitsches und der Niedlichkeit sowie auf ihre heutigen Manifestationen in Mode, Popkultur und Kunst. Von den Schriften Pierre Bourdieus und Clement Greenbergs, Susan Sontags und Valerie Steeles bis hin zu jüngeren Thesen zur Cuteness von Daniel Harris und Sianne Ngai beleuchten wir die ideologischen Implikationen des vermeintlich „schlechten Geschmacks“ und untersuchen, wie Kitsch und Niedlichkeit als Ausdruck von Geschlecht und Herkunft fungieren. Am Beispiel populärer Trends wie Harajuku, Barbie Core, Bimbo Core oder Coquette Core sowie ausgewählter Modekollektionen – von der romantischen Niedlichkeitsästhetik Simone Rochas über die Kitsch-Ironie von Moschino bis hin zum creepy Grotesken von Doublet – vermessen wir das Spannungsfeld zwischen Elitismus, Kommerz, Gegenkulturalität und Individualität.