Dinge denken: Objektbeziehungen und der Eigensinn der Dinge

Bild: Graciela Sacco Las cosas que se llevaron. Quelle: https://gracielasacco.com/

Die Entwicklung und Gestaltung von Produkten umfasst neben der entwerfenden Aktivität noch weitere Dimensionen: Zwischen uns und den Dingen wirken materielle, psychische und soziale Prozesse, die ein vielfältiges Beziehungsgefüge bilden.

Theoretisch gesprochen sind Objekte den Subjekten keineswegs untergeordnet, auch wenn ihre Verwendung die eigene Wahrnehmung der Welt modifizieren und überhaupt erst stabilisieren kann. Dass der Mensch also nicht das Maß aller Dinge ist, wird seit Jahren als Kritik des Anthropozentrismus diskutiert. Gleichzeitig kommen Fragen nach dem Eigensinn der Dinge und der konstitutiven Rolle materieller Kultur verstärkt in den Blick.

Im Seminar werden wir uns mit Texten und Theorien beschäftigen, die einen Überblick der verschiedenen disziplinären Perspektiven auf Dinge und Objekte bieten. Dazu gehört die Rolle von Werkzeugen und technischen Objekten, aber auch die materielle und ästhetische Ansprache durch die Dinge. Ihre Wirkmächtigkeit oder Agentialität zeigt sich in kulturellen und sozialen Austauschprozessen wie dem Gabentausch, aber auch über den Warencharakter und den Fetisch. Quasi-Objekte, Übergangsobjekte und Grenzobjekte wiederum bezeichnen hybride Vermittlungen zwischen Ding und Mensch. Die Psychoanalyse kennt die Rolle der Objektbeziehungen und der Objektverwendung als Fähigkeit mit den Dingen (sich selbst) zu denken. Die ambivalente Erbschaft der Dinge erleben wir durch (familiäre) Alltagsgegenstände und Erinnerungsobjekte. Produkte sind nicht zuletzt auch Dinge der sozialen Distinktion, die unseren Habitus prägen. Häusliche und intime Objekte stellen Fragen nach der Rolle von Geschlechtlichkeit, Objekte aus anderen Kulturen konfrontieren unsere Identitätsvorstellungen mit Ähnlichkeiten und Differenzen. Nicht zuletzt werden wir uns auch mit der Fremdheit der Dinge und ihrer Unheimlichkeit beschäftigen, dem, was unter den Begriffen Unding, Abjekt, Abfall, und “Zeug” eine Zone der Neugier und Beunruhigung bildet.

3. Semester Produktdesign (Designtheorie I)

Dozentin: Silvia Bahl, 

Zeit: Donnerstag 10-13h

Ort: STR Aula (401)