Bild: Joseph Beuys, Zeige Deine Wunde, 1976 (Fotografie von Ute Klophaus)
Gegenwärtige Krisen wie Pandemien, die Klimakrise sowie humanitäre Krisen infolge von Kriegen machen die Vulnerabilität des Menschen in besonderer Weise sichtbar. Nicht nur im Politischen auch für die Künste stellt sich die Frage, wie auf die Verletzbarkeit des Menschen und seiner Umgebung zu reagieren ist. Wann sind Fürsorge und Heilung sinnvolle ästhetische Anliegen, wann müssen Gewalt und Grausamkeit künstlerisch als Mittel der Kritik eingesetzt werden?
Schon in der Romantik wird problematisiert, wie in den Künsten die Schmerzen und Traumata zu „vertilgen“ sind. Novalis entwirft in seinen philosophischen Fragmenten eine „Poetik des Übels“ und bedenkt: „Fängt nicht überall das Beste mit Krankheit an? Halbe Krankheit ist Übel – ganze Krankheit ist Lust – und zwar höhere.“ In der Gegenwart treten neben Ästhetiken des Übels, die Wunden zeigen oder schlagen, zunehmend Ästhetiken der Zärtlichkeit und Sanftheit. Sie folgen den Idealen der Liebe und Zuneigung, der Fruchtbarkeit und Bejahung.
Im Seminar wollen wir die unterschiedlichen Ästhetiken der Grausamkeit und des Zartgefühls in den Blick nehmen und fragen, ob oder wie in ihnen jeweils die „Übel vertilgt“ werden.
Mit Texten u.a. von Theodor W. Adorno, Roland Barthes, Anne Dufourmantelle, Bracha L. Ettinger, Saidiya Hartman, Audre Lorde, Maggie Nelson, Simone Weil.
Prof. Dr. Kathrin Busch
Zeit: Freitag, 14-17h || Ort: STR 207