Sophia Guggenberger — Konglomerate

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› KONGLOMERATE ‹ // Rundgang 2015

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Gehen wir rückwärts über unsere Zehen steigend die Knie rotierend vorwärts! Verstricken wir, unsere Zungen rollend, Wörter, Phrasen, Laute, die wir mal gelernt, zu neuen Maschen! Nimm den Pecorino aus dem Eisfach und hämmere die Nägel in den Braten damit beim Backen die Zwieberln sich nicht verlieren!
Dreh es um! Pack es aus! Mach es anders!
Das Gewohnte auseinander hacken, verquer zusammensetzen und zu einem Fremden machen.
Das neue Gewohnte. Das alte Fremde.
Auf dass sie sich vermischen.
Konglomerate für ein anderes Neues.
Konglomerate für die Füße.
Schnall sie an!
Schreite los!

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PROJEKT VORSCHLAG (2014)

 

Als man mir sagte, dass dies einmal mein Körper werden sollte, war ich entsetzt. Die Vorstellung das aus diesen toten Resten an Haut, einmal die Form entspringen könnte, die ich in Zukunft als mein ‚Ich‘ bezeichnen würde, war mir unvorstellbar. Man hatte mir bevor ich loszog alles noch einmal gründlich erklärt. Die Regeln der Fertigung, die Teile die notwendig waren, jeden einzelnen Schritt hatten sie mir bis ins kleinste Detail auseinandergenommen. Wie konnte ich mir denn nach dieser seelenlosen Analyse vorstellen, dass dies meine Heimat werden sollte? Zusammengeflickt aus irgendwelchen Lederfetzen, die einmal einer fremden Seele Zuflucht boten. Es schien mir undenkbar! Wenn Sie bereit sind, fangen Sie an den Leisten mit Kreppband abzukleben um den Schnitt abnehmen zu können. Beachten Sie hierbei, die Einzelnen Bahnen immer überschneidend anzubringen und arbeiten Sie immer mit doppelter Schicht. Dies wird Ihnen später das Abnehmen der Leistenform vereinfachen und dabei helfen starken Verzug beim Glätten auf das Papier zu vermeiden. Am einfachsten ist es im Zehenbereich zu beginnen und sich nach hinten zu arbeiten, dies hilft auch beim Abziehen des Klebebands. Bringen Sie das Klebeband zunächst durchgehend an und arbeiten Sie sobald der Schwung der Leiste zu stark wird jeweils Innen- und Außenseite separat. Im Fersenbereich lassen Sie 2 cm frei und arbeiten Sie diesen dann wieder über die Mittellinie hinweg von oben nach unten. Ist der Leisten vollkommen abgedeckt, markieren Sie die Leistenmitte und Fersenhöhe und übertragen Sie Ihr Modell auf den Leisten. Wenn dies erledigt ist, können Sie die Leistenform abnehmen und sie auf Papier glätten. Vergessen Sie nicht Innen- und Außenseite sowie die Referenzpunkte zu markieren. Doch dann, plötzlich, fing er an die Schicht des Klebebands, die sich auf den Formen gebildet hatte, zu teilen und abzunehmen um sie auf ein Stück Papier zu kleben. Die Schönheit war verflogen, es sah aus wie eine verzogene Grimasse. Ich stellte mir vor wie ein menschliches Gesicht in der Mitte geteilt würde um es glätten und flach aufkleben zu können. Für ein paar Minuten hatte ich mich in der Beobachtung des Arbeitenden verloren, war voll aufgegangen in dessen fürsorglichem Umgang mit meinem neuen Körper. Doch bei diesem Anblick wurde mir wieder Angst und Bange, wie sollte dies alles funktionieren, ach, hätte ich doch ein anderes Los gezogen, warum könnte mein Schicksal kein Einfacheres sein als in eine so kreierte Hülle schlüpfen zu müssen. Wie hatten es die Seelen vor mir gemacht. Es gab doch welche vor mir? Oder war ich gar die Erste, die auf so grausame Weise verpflanzt, aus jeder Natur gerissen, wurde? Mir wurde ganz schwindelig. Ich musste mich abwenden und erst wieder fassen um diesem Schauerspiel weiter beiwohnen zu können. Schritt 5: Nehmen Sie den Schnitt ab und glätten Sie Innen- und Außenseite auf Pappe. Schritt 6: Ermitteln Sie den Grundschnitt. Schritt 7: Übertragen Sie die Designlinien auf den Grundschnitt.
Schritt 8: Segmentieren Sie den Schnitt den Designlinien entsprechend und fügen Sie Nahtzugaben hinzu. Wichtig: Beschriften Sie alle Schnitteile mittels eindeutiger Referenzen. Schritt 9: Überprüfen Sie die Qualität des Leders. Beachten Sie die Dehnrichtung. Schnittteile sollen sich in der Breite dehnen, in der Länge nicht. Schritt 10: Legen Sie die Schnittteile auf das Leder. Beachten Sie linke und Rechte Seite. Schritt 11: Schneiden Sie alle Teile. Beachten Sie manche Teile doppelt für Innen und Außenseite zu schneiden. Dies hängt vom Schnitt ab. Achten Sie auf saubere Schnittkanten und Ecken. Wo notwendig schärfen Sie die Nahtzugaben. Nun ist es an der Zeit, die Teile zusammenzunähen. Berücksichtigen Sie die Nahtzugaben und vergessen Sie nicht wo notwendig Nahtbänder und Verstärkungen einzuarbeiten. Nach dem Schließen des Schafts wird die Brandsohle vorbereitet, benutzen Sie das Kreppband um einen Schnitt des Leistenbodens anzufertigen und schneiden Sie das Leder zu. Achten Sie darauf, dass je nach Stärke die Kante der Brandsohle der Kante des Leistens folgen sollte. Dies verhindert, dass man beim fertigen Schuh die Brandsohle von außen erkennen kann, sind die Kanten gerade im 90° Winkel geschnitten, kann es vorkommen, dass man eine Stufe sieht. Wenn richtig zugeschnitten befestigen Sie die Brandsohle am Leisten. Er schritt zurück zu seinem Arbeitstisch um sich erneut mit den Formen hinzusetzen und diese mit den zusammengesetzten Lederteilen zu beziehen, immer mehr zeichnete sich eine Art Skulptur ab, welche durch das ziehen über die Leisten entstand. Ich konnte die einzelnen Arbeitsschritte auf ein Mal nicht mehr so genau erkennen, es war als ob ich einen milchigen Film vor Augen hätte. Die Wärme wurde immer mehr. Es fühlte sich an als würde ich mich verdichten mit dieser Wärme. Was passierte? Hatte man sich entschieden mich zurückzuholen? Mir einen anderen Körper zuzuweisen? War es Zeit für mich zu gehen? Im Überschwall der Eindrücke konnte ich noch eine Nadel erkennen; einen Faden; mehr Leder, es war fester, stärker. Ich spürte Druck, immer mehr Druck, der mich zusammenpresste. Ich fühlte mich wie in der Mitte eines Wollknäuels welches immer und immer mehr umwickelt wird, dessen Inneres immer mehr zusammengedrückt, immer dichter wird.­­ In meinem Delirium vermischten sich die Sensationen, die Gefühle; ein Drücken, ein Ziehen; Wo war ich? Was war ich? Verworren vermischte sich meine Wahrnehmung; meine Gedanken verknoteten sich bis mir schien sie waren unauflösbar, ein Schwall an Eindrücken, Gefühlen, Zuständen brach über mich hernieder. So trat im Taumel der Verwirrtheit wie ein Blitz der in mich schlug Kl­­­arheit ein.