Neobionten Vo. II | Design Lab # 9

 

Kooperatives Entwurfsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Kunstgewerbemuseum Berlin

Für Studierende ab dem 4. Semester und Anpassungsstudierende aus dem Master

Projekttage:
• Mo. & Di.
• Start: am 13.04.21 um
10:00 via Webex

Projektbetreuung:
Prof. Axel Kufus
M.A. Annika Unger
M.A. Anja Lapatsch
Dr. Sophia Prinz
Dipl. Des. Nicolas Rauch
Dipl. Des. Martha Schwindling

Kooperationspartner:
Dr. Claudia Banz (Kunstgewerbemuseum Berlin), Restaurator:innen des Kunstgewerbemuseums

Im Sommersemester 2021 stellen wir ein weiteres Mal die gezielte Neu-Kontextualisierung und Transformation ausgewählter Sammlungsobjekte des Kunstgewerbemuseums Berlin in den Mittelpunkt des Entwurfsprojekts. Neben einer prototypischen Weiterentwicklung der reichhaltigsten Entwürfe aus dem Wintersemester bis zur Exponatreife werden zu einer Reihe ausgesuchter Genres neue Entwürfe in ihrer thematischen und charakteristischen Metamorphose betreut.

Auf Grund pandemie-bedingt noch eingeschränkter Werkstätten werden wir die Umsetzungen mit Hilfe digitaler Strategien – von generativen Verfahren bis zu medialen Projektionen – dezidiert unterstützen. Ziel ist die Gestaltung einer Ausstellung im Rahmen des Design Lab #9, die zum UdK-Rundgang ’21 in den Räumen des KGM unsere neu geschaffenen Objekte mit den Originalen der Sammlung in einen zeitgenössischen Dialog stellt.

Als “Neobionten” werden Arten bezeichnet (Pflanzen, Pilze oder Tiere – bei uns Artefakte), die sich mit menschlicher Einflussnahme in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren. Neobiota zeichnen sich meist durch typische Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, hohe Multiplikationsrate und oft auch durch eine Assoziation mit dem Menschen aus. Von einigen etablierten Neobiota geht ein starker Einfluss auf die Diversität ihres neuen Wirkungsraums aus. 

Zu diesem Thema arbeiten wir mit dem Kunstgewerbemuseum Berlin (KGM) zusammen, um eine Auswahl an kultischen Artefakten der Sammlung – die in den gläsernen Särgen des Kunstgewerbemuseums ihr stillgelegtes Dasein fristen – zu entführen und ins Hiersein versetzen. Im Mittelpunkt des Projekts steht die akute Metamorphose und Transformation der Sammlungsobjekte, denen wir durch gezielte Eingriffe neues Leben einhauchen, damit sie sich in neuer Gestalt in den heutigen und zukünftigen Lebensräumen etablieren können.
Dazu wollen wir sie den heutigen sozialen, kulturellen, ökologischen oder (zu ihrer Herkunft ganz konträren) ganz persönlichen Umgebungen aussetzen, um die dadurch provozierten Wechselwirkungen wahrzunehmen und die möglichen Transformationen, seien es Anpassungen oder Absonderungen, Beeinflussungen oder Hybridisierungen, Ritualisierungen oder Neuformatierungen gestalterisch zu unterstützen und zu verantworten. Schließlich wollen wir die Transformierten zurück zu den Dortgebliebenen in die Vitrinen bringen, um für einen nötigen vitalen Durchzug zu sorgen – in dem sie ihre Geschichten vom Heute und Morgen zum Besten geben.


Input:

  • Einführung in Rapid Prototyping Verfahren (3d Druck, 3D Scanner) und in die Infrastruktur des FabLabs
  • Begleitung zum entwerfenden Schreiben & schreibenden Entwerfen durch Dr. Sophia Prinz
  • Exkursion zum Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg
  • Vorträge zur aktuellen Ausstellungspraxis (Nic Rauch)
  • Software (Rhino & Blender) Teaching Sessions mit Dipl. Des. Martha Schwindling

Output:

  • Research und Auswahl zu den Sammlungsobjekten
  • Modellreihen / Prototypen
  • Projektdokumentation
  • Ausstellung der Projekte im Kunstgewerbemuseum Berlin

 

Gemeinsam mit der Designerin Martha Schwindling werden wir die Software Rhino und Blender für die Entwicklung digitaler Modelle zu nutzen, um sie in generativen Verfahren verschiedenster Art zu materialisieren und/oder für mediale Ereignisse zu animieren bzw. zu instrumentalisieren.

Martha Schwindling ist Designerin und betreibt seit 2014 ihr Studio in Berlin. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung von Objekten, Systemen und Räumen. Sie kooperiert außerdem mit anderen Designer*innen, Künstler*innen, Architekt*innen, Forscher*innen und Institutionen an Ausstellungs- und Publikationsprojekten. Vor ihrem Abschluss 2014 an der HfG Karlsruhe arbeitete sie in den Designbüros von Stefan Diez und Kilian Schindler und verbrachte ein Semester im Fachbereich Visual and Critical Studies der School of Visual Arts in New York. Seit 2011 arbeitet sie selbstständig für internationale Kunden in der Design- und Kulturbranche sowie an selbstinitiierten Projekten.

Gemeinsam mit dem Ausstellungs-Gestalter Nicolas Rauch werden wir das Konzept f ür die Ausstellung Neobionten im KGM entwickeln und dabei neben dem verknüpfenden Rahmen gezielte Interventionen und direkte Gegenüberstellungen von Originalen und Neobionten, von Provenienzen und von Potenzialen inszenieren.

Nicolas Rauch studierte Szenografie, Ausstellungsdesign und kuratorische Praxis an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und Art Science an der Royal Academy of Art in Den Haag. Er arbeitet als Freier Szenograf und Ausstellungsdesigner. Zusammen mit Mira Schröder gründete er Schroeder Rauch, ein Büro für Ausstellungsarchitektur, Ausstellungsdesign und die Gestaltung von musealen Räumen. Sie entwickeln interdisziplinäre Gestaltungskonzepte für den öffentlichen Raum, für Ausstellungen und Inszenierungen. Innerhalb ihrer Praxis entwickeln sie zeitgenössische Ausstellungs- und Inszenierungsprojekte und arbeiten mit Kooperationspartnern wie James-Simon-Galerie, Kunsthalle Mannheim, Kunsthalle Praha, Kunstmuseum Stuttgart, Badischer Kunstverein, Zeithaus Wolfsburg, Hebbel am Ufer Berlin, Staatstheater Karlsruhe, Bless, Haw-Lin Services, Kuehn Malvezzi.

 

Gemeinsam mit Dr. Sophia Prinz (Designtheorie) werden wir die sozialen Formen/Praktiken und Materialien, die Global- und Kolonialgeschichte, Herstellungs- und Verarbeitungsmethoden, Gestus und Ritus, Semiotik und Semantik der Artefakte und deren Transformationen vertiefend betrachten und diskutieren.

Dr. Sophia Prinz ist seit 2018 Gastprofessorin für Theorie der Gestaltung an der UdK. Sie forscht u.a. zu Praktiken der Wahrnehmung, zur Ausstellung als ästhetisch-epistemologischem Medium sowie zur transkulturellen »Migration der Form« in der Globalen Moderne. Zu ihren Veröffentlichungen zählen »Die Praxis des Sehens: Über das Zusammenspiel von Körpern, Artefakten und visueller Ordnung« (2014), mit Roger M. Buergel »Die Migration der Form« (Arbeitstitel, in Vorbereitung).

Foto: (c) Michael Wittig, Berlin 2018

Dr. Claudia Banz ist Kunst- und Designwissenschaftlerin und seit 2017 Kuratorin für Design am Kunstgewerbemuseum Berlin. Zuvor leitete sie die Abteilung Kunst und Design am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Als Kuratorin realisierte sie zahlreiche Ausstellungen, Vermittlungsformate und Messen an der Schnittstelle von Design, Mode, Handwerk und Kunst, zuletzt Fast Fashion. Die Schattenseite der ModeFood Revolution 5.0. Gestaltung für die Gesellschaft von morgen und Connecting Afro Futures. Fashion x Hair x Design. Im MKG Hamburg war sie außerdem für die Neupräsentation der Designsammlung verantwortlich. Als leitende Kuratorin der Jahresmesse für Kunst und Handwerk hat sie eine internationale Ausstellungplattform für Hochschulen und einen Nachwuchspreis für junge Gestalter initiiert.

Für das Kunstgewerbemuseum Berlin etablierte sie die Reihe Design Lab sowie Design Talks, um das Haus als Plattform und Experimentalraum für multidispziplinäre Designansätze und einen kritischen Diskurs über gesellschaftlich relevante Gestaltungsfragen zu öffnen. Außerdem forscht und publiziert sie zu Fragen des Social Design (Social Design. Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, transcript 2016) und dekolonialen Sammlungen.