Archiv der Kategorie: Kulturwissenschaften/ Theorie

STUCK ON THE PLATFORM | Geert Lovink | Talk 29. Juni @ designtransfer

Der Medientheoretiker, Internetkritiker und Autor Geert Lovink analysiert den tragischen Zustand des Internets und mögliche Auswege. Statt Ermächtigung und Selbstorganisation sehen wir um uns herum nur noch Wut, Angst und Verzweiflung. Wie konnte es so weit kommen?

Geert Lovink ist Professor für Kunst und Netzwerkkulturen und gründete 2004 das Institute of Network Cultures (www.networkcultures.org) an der Amsterdamer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HvA), u.a. veröffentlichte er die Bücher Sad by Design (2019) und Stuck on the Platform (2022). mehr Information.

Donnerstag, 29. Juni, 19:00: STUCK ON THE PLATFORM
Vortrag auf Deutsch, Fragen auf Englisch möglich.
In Kooperation mit WM Martin Beck.

designtransfer, UdK Berlin, Einsteinufer 43, 10587 Berlin

Talking Fashion bei ‚Kunst Raum Stadt‘

 Ausstellung von theoretischen Arbeiten zur Mode

Vitrine am Konzertsaal Hardenbergstraße 33
16. – 17.07. 2020     jeweils 10 – 22 Uhr 

 

Im Rahmen der (Kunst)Demonstration ‚Kunst Raum Stadt‘ stellen Jasmin Halama, Louis. A Krüger und Laura Talkenberg Auszüge ihrer theoretischen Arbeiten vor, die in geistes- & kulturwissenschaftlichen Seminaren bei Prof.Dr. Ingeborg Harms entstanden sind.

Die vollständigen Arbeiten befinden sich hier zum nachlesen. 

Die Vitrine ist entstanden durch den grafischen Entwurf der Tutorinnen Clara Bageac und Nataliya Susyak
mit künstlerischen Mitarbeiterinnen Alex Börner und Evelyn Sitter.

 

 

SYMPOSIUM: Sense & Sustainability Symposium, 22 july | SuSe 2018

Sense & Sustainability: Tjeerd Veenhoven, Tejo Remy, Ed van Hinte, Melissa Ciardullo and moderator Lucas Verweij

22 July 2018
designtransfer

The  Power House project of Summer Semester 2018 ended with a grand finale:  the Sense & Sustainability Symposium. It took at UdK’s designtransfer at a very hot Sunday afternoon.

International guests; designer Tejo Remy, design critic Ed van Hinte, IKEA’s sustainability manager Melissa Ciardullo and material developer/designer Tjeerd Veenhoven spoke about the sense and nonsense of sustainability from their point of view.
Lucas Verweij moderated the questions and conversations that came up with wit and eagerness. Some UdK and Power House students spiced up the intermezzos with short introductions on their projects.

Symposium impressions

Ed van Hinte, Tejo Remy, Tjeerd Veenhoven

Lucas Verweij, Melissa Ciardullo

Lucas Verweij – moderator

Tejo Remy – designer

Louis Bindernagel – Power House student

Takuya Koyama – MA student Media

Melissa Ciardullo – IKEA

Bastian Thürich – Power House student

Sophie Stanitzek – Power House student

Ed van Hinte – design critic

Philipp Hainke – BA graduate

Tjeerd Veenhoven – material developer/designer

 

›Making up the rules…‹ Improvisation und Designpraxis

Im Englischen meint »by design« das Gegenteil von »accidental«, zufällig. Etwas »is done by design«, wenn es geplant und konstruiert ist. Die unvorbereitete, die ungeplante Schöpfung der Improvisation scheint mit der Praxis des Designens somit kaum vereinbar. Und doch lässt sich über die letzten Jahre eine Ausweitung des Improvisationsbegriffs beobachten. Nicht zuletzt in den Geistes- und Kulturwissenschaften ist Improvisation immer weniger der Notnagel und Lückenfüller, den es braucht, wenn ein Plan fehlt; sie wird vielmehr als Fähigkeit analysiert, auf Unvorhergesehenes kreativ zu reagieren. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch ihr Verhältnis zur Designpraxis neu befragen: welche Rolle spielt die Improvisation im Prozess des Entwerfens? Inwiefern sind die Praktiken des Modellierens oder Bastelns improvisatorisch? Wie sind Provisorium und fertiges Produkt zu unterscheiden?

Diese und andere Fragen werden im Seminar entlang einschlägiger Texte besprochen und mit Gästen diskutiert.

 

Seminarleitung: Dr. Fabian Goppelsröder

Kulturwissenschaften, B.A. 4. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr in Raum 207

Waren|Sprachen der Postmoderne – in Design, Kunst & Architektur | Jan Sieber

Mit dem Nachkriegs-Wirtschaftsboom ab den 1950er Jahren – the Golden Age of Capitalism – bildete sich die später so genannte Konsumgesellschaft sowie die für die Spätmoderne und Postmoderne so charakteristische Warensprache bzw. Warenästhetik heraus. Gegenüber den Mechanismen und Effekten dieser schönen, neuen, mit Waren gesättigten Welt war der moderne Anspruch auf Autonomie und Rationalität von Gestaltung immer schwerer aufrecht zu erhalten. Dem Individualismus der spätkapitalistischen, postfordistischen Konsumgesellschaft erschien die moderne Idee der Universalität nicht mehr angemessen. Wenn die Krise der Moderne, als Krise der auf Universalität zielenden Sprache moderner Gestaltung, zusammenfällt mit dem Anbruch der Postmoderne, dann zeichnet sich letztere vor allem auch durch ihr Bewusstsein für die Sprachlichkeit von Gestaltung aus – aber nicht im Sinne einer universalen Sprache, sondern einer Pluralität und Multivalenz von unterschiedlichen Sprachspielen. Darin bildet sich zugleich die Logik der Warenästhetik ab. Alles kann – unabhängig vom Gebrauch bzw. der Funktion – der Produktion von Wert bzw. von Bedeutung dienen.

Im Seminar beschäftigen wir uns als Einstieg mit der Krise der Moderne in den 1950er und 60er Jahren sowie mit der Kritik der Warenästhetik. Im Anschluss daran diskutieren wir einige für die Postmoderne paradigmatische Positionen aus Design, Kunst und Architektur – und zwar stets in der Spannung zwischen Warensprache und Sprachlichkeit der Gestaltung.

 

Seminarleitung: Jan Sieber

Kultur- und Designgeschichte, B.A. 2. Semester

5.-11. Semesterwoche, Dienstags 10.00–14.30 Uhr, Raum 207

SPEKULATIVES DESIGN | NADINE HARTMANN

Im Zeitalter ökonomischer, ökologischer und demografischer Krisen sind Imagination und Spekulation unverzichtbare Fähigkeiten. Die Krisenhaftigkeit der Gegenwart macht es unmöglich, ein vermeintlich isoliertes Gebrauchsding in eine vermeintlich neutrale Umwelt zu entwerfen, sondern nötigt das Design, mögliche Zukünfte an konkreten Modellen und deren Ausarbeitungen aufscheinen zu lassen und erfahr- und nutzbar zu machen. Dabei geht es beim Spekulativen Design in erster Linie nicht um den Entwurf von Utopien, sondern um kritische Interventionen, die erst einmal Aufmerksamkeit auf gegenwärtige und zu erwartende Missstände lenken. Insofern ist das Spekulative Design als Sonderform des Critical Designs zu verstehen, dass die Grenze von Kunst und Gestaltung verwischt, indem es Objekte entwirft, die nicht durch funktionalistische Kriterien der Nutzbarkeit bestimmt werden, dafür aber auf hintergründige, schockierende, spielerische und oft humorvolle Weise zum Nachdenken über ökologische, politische und technologische Szenarien anregen. Der relativ junge Begriff des Spekulativen Designs betont damit die politischen Zusammenhänge, in denen sich ein Design bewegt, dem in seiner Tätigkeit des „Weltentwerfens“ eine enorme Verantwortung zukommt.

 

Seminarleitung: Nadine Hartmann

Designtheorie, B.A. 4. Semester

Donnerstags, 10-13 Uhr, Raum 207

SCHREIBEN – ZWISCHEN KUNST UND THEORIE | PROF. DR. KATHRIN BUSCH

Schreiben gehört heute zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit wie selbstverständlich mit dazu. Die Fähigkeit, über Ideen und Entwürfe nicht nur zu sprechen, sondern sie auch beschreibend darzustellen, wird überall vorausgesetzt. Bei Ausstellungen und Messen, in Zeitschriften oder Blogs, für Förderanträge und in Exposés muss man über die eigene Arbeit in einer Weise berichten, die ihren ästhetischen Anspruch nicht verrät. Aber nicht erst die Vermittlung der eigenen künstlerischen oder gestalterischen Position ist an das Schreiben-Können gebunden. Bereits im Schaffens- oder Entwurfsprozess haben Aufzeichnungen und Notate Teil an der Entwicklung der eigenen Ideen. Hier ist die Arbeit an Worten und Konzepten untrennbar mit der künstlerischen Praxis verbunden und bestimmt die künstlerisch-forschende Arbeit. Welche Formen des Schreibens gibt es, die sich mit der künstlerischen Praxis verbinden? Wie artikuliert sich das Denken in Nachbarschaft zu den Künsten? Welche Stile werden entwickelt, welche Erfahrungsweisen aufgerufen?

Im Seminar soll das Schreiben als Teil der künstlerischen Praxis reflektiert und eingesetzt werden. Zum einen werden Texte behandelt, die in einem dritten Raum zwischen Literatur und Wissenschaft angesiedelt sind. Neben der Beschäftigung mit Autor_innen wie Agamben, Barthes, Benjamin, Cixous, Kraus oder Sontag wird es zum anderen um die Entwicklung von Schreibpraktiken gehen. Ziel ist es, kurze Texte zur eigenen Arbeit zu entwickeln und das Schreiben als eine Form zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Praxis zu erproben.

 

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. 6. Semester

Mittwochs 16-19 Uhr, Raum 207

 

Literaturhinweise

Giorgio Agamben, Die Idee der Prosa, übers. v. Dagmar Leupold und Clemens-Carl Härle, Frankfurt a. M. 2003.

Roland Barthes, Die Lust am Text, übers. v. Traugott König, Frankfurt a. M. 1974.

Walter Benjamin, Einbahnstraße, Frankfurt a. M. 2001.

Max Bense, „Über den Essay und seine Prosa“, in: Merkur 1 (1947), Erstes Heft, S. 414-424.

Hans Blumenberg, Theorie der Unbegrifflichkeit, Frankfurt a. M. 2007.

Hélène Cixous, Weiblichkeit in der Schrift, übers. v. Eva Duffner, Berlin 1980.

Jacques Derrida, Diese seltsame Institution genannt Literatur, übers. v. Rike Felka, Berlin 2015.

Gilles Deleuze und Felix Guattari, Kafka. Für eine kleine Literatur, übers. v. Burkhart Kroeber, Frankfurt a. M. 1976.

Chris Kraus, I love Dick, Berlin 2017.

Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, in: ders., Kritische Studienausgabe, Bd. 3, München 1999.

Susan Sontag, Ich schreibe, um herauszufinden, was ich denke, München 2013.

Entfremdung und Utopie. Die Gestaltung des Alltags zwischen 1850 und 1930 | Jan Sieber

Die Erfahrung der Entfremdung ist paradigmatisch für die Moderne der zweiten Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts – als Entfremdung von den Dingen, von den eigenen Bedürfnissen, von der eigenen Arbeit. Ihr gegenüber steht die Utopie als die Idee ihrer Aufhebung. In der Geschichte der modernen Gestaltung und Kunst hat die Erfahrung der Entfremdung zu den unterschiedlichsten utopischen Gegenentwürfen geführt: zum Versuche einer neuen, der Moderne angemessenen Klassifikation der Dinge, zur Rückkehr zum Handwerk als nicht-entfremdete Form der Arbeit, zur Nachahmung von Formen der Natur in der Hoffnung auf eine Renaturalisierung der Menschen oder zur Affirmation von industrieller Arbeit und Warenwirtschaft als unhintergehbare Bedingung der Produktion einer neuen, einheitlichen Kultur. Im Seminar werden wir zentrale Positionen und Texte aus der Geschichte der modernen Gestaltung hinsichtlich ihres Ortes im Spannungsfeld zwischen Entfremdung und Utopie befragen.

Lehrender: Jan Sieber

Modul 4: Kultur- und Designgeschichte || BA – 1. Studienjahr

D0 14.15–16.45 Uhr || Raum 207

WESSEN WISSEN? Künste. Situiertheit. Materialität.

 

Die Jahrestagung des Graduiertenkollegs
„Das Wissen der Künste“ fragt nach einem Wissen im Plural.

„Wessen Wissen?“ ist einerseits die Frage nach der Heterogenität von Wissensformationen in ihren partikularen und partialen Perspektiven, also nach Situated Knowledges. Damit wird die Vorstellung einer allgemeingültigen, körperlosen, neutralen Objektivität bestritten. Zugleich aber nehmen Situated Knowledges für sich in Anspruch, Erkenntnisse hervorzubringen und zur Verfügung zu stellen. Sie stehen demnach für verkörperte Kenntnisse, die in das Feld des zugelassenen und legitimen Wissens kritisch intervenieren. Daran anschließend wollen wir die spezifische Situiertheit der Künste diskutieren:

Was lässt sich aus solchen Wissenspolitiken für die Künste und ihre Erkenntnisansprüche ableiten? Welche Positionen beanspruchen die Künste im umkämpften Machtfeld des Wissens? Wie greifen sie in die Aufteilungen des Epistemischen ein? Lässt sich ein Wissen der Künste als situiertes Wissen begreifen, insofern es anfechtbare, partikulare und parteiliche Perspektiven einnimmt? Welche Akteur_innen und Institutionen haben einen privilegierten Zugriff auf Wissen in der Kunst? Welche Positionen im Feld der Kunst neigen dazu, ihre Situiertheit zu leugnen?

„Wessen Wissen?“ ist andererseits eine Frage nach den Akteur_innen, den Körpern, Materialien und Technologien, die in künstlerischen Produktions- und Wissensprozessen miteinander interagieren. Diese lassen sich als Übersetzungen und Transformationen beschreiben, in denen Künstler_innen längst nicht mehr die einzigen Subjekte des Wissens sind. Denn in den künstlerischen Praktiken des Entwerfens, Skizzierens, Improvisierens, Modellierens, Probens und Experimentierens entfalten Medien und Materialien ihre je eigene agentielle Kraft. Und doch hat die Wissens- und Wissenschaftsgeschichte in ihren Herausarbeitungen der Situiertheit und Historizität der Wissenschaften die Künste bislang wenig berücksichtigt. Was also können diese epistemologischen Überlegungen für die Künste bedeuten, oder weiter gefragt:

Wie lässt sich über Kunst nachdenken, wenn ihre Produktion als epistemische Praxis aufgefasst wird? Wie greifen künstlerische Subjektivität, spezifische Materialien, Technik und Settings bei künstlerischen Produktionsprozessen ineinander? Haben die Künste aufgrund ihrer Aufmerksamkeit für visuelle, auditive und materielle Prozesse das Vermögen, die impliziten medialen Bedingungen von Wissensgenerierungen zu explizieren? Auf welche Weise bauen Künste neue Wissensordnungen auf, die z.B. als Gegenarchive andere Formen des Zugangs und der Teilhabe ermöglichen, mithin andere Wissensbestände erzeugen?

Konzeption: Kathrin Busch, Christina Dörfling, Ralf Liptau, Kathrin Peters, Ildikó Szántó
Organisation: Christina Deloglu-Kahlert, Leoni Grützmacher, Johanna Heyne

Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenfrei. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.
Mit dankenswerter Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Präsidiums der Universität der Künste Berlin und des Studentenwerks Berlin.

Download Programm (PDF:80KB)

 

 

 

 

 

 

 

 

SAFETY FIRST? | NADINE HARTMANN

Gebrauchssicherheit ist eine vertraute Kategorie des Produktdesigns, in Testprozeduren ermittelt und per Gütesiegel bestätigt. In welchen Gefahrenlagen bewegen sich die verschiedenen Designdisziplinen? Wie werden Bedrohungen erkannt und gesellschaftlich erschlossen, bzw. in Sicherungsaufgaben und Restrisiken geschieden? Für das Produktdesign ist „Sicherheit“ ein grundlegendes Kriterium, nicht nur, weil Objekte eine sichere Handhabung gewährleisten sollen, sondern auch, weil die gestalteten Dinge Beziehungen zwischen Menschen bzw. zwischen Mensch und Umwelt herstellen oder zumindest bedeutend beeinflussen. An dieser Stelle stellt sich dem Design also in besonderer Weise die Aufgabe, aktuelle politische und soziologische Fragestellungen mit zu bedenken. Der Begriff der Sicherheit umschließt unterschiedliche, jedoch im Diskurs sich überschneidende Aspekte wie „Gefahr“, „Schutz“, „Überwachung“ und „Kontrolle“. In all diesen Aspekten geht es zunächst einmal darum, die Bestimmung von Innen und Außen immer wieder neu zu verhandeln; diese Abgrenzungsprozesse operieren dabei an der Intersektion von Raum, Macht und Wissen. Diese Konstellation verdichtet sich in dem gespannten Verhältnis von Mensch und Umwelt, das neben der Urbanistik auch den Bereich der Politischen Ökologie beschäftigt, der es vor allem darum geht, den Begriff der Natur zu problematisieren. Das Design reagiert auf diese Herausforderung nicht nur als Ecodesign, also als Design, das den Schutz der Umwelt mit bedenkt, sondern auch mit neuen Entwurfspositionen, die fragen, wie das Design den Menschen vor der Umwelt schützen kann. Die Praxis des Critical Design und des Speculative Design bearbeitet diese Themen kritisch, indem sie mahnende Projekte utopischen Entwürfen von Do It Yourself und alternativen Lebensräumen gegenüberstellt.

 

Nadine Hartmann

Designtheorie, 4.Semester B.A., SS 2016

Donnerstag, 10:00 – 13:00, Raum 207

„Die Zukunft braucht den ganzen Menschen“. Zur Politik moderner Kunst und Gestaltung | Jan Sieber

„die zukunft braucht den ganzen menschen“ – in Moholy-Nagys berühmter, manifest-artiger Forderung verdichten sich zentrale Aspekte der Politik moderner Kunst und Gestaltung. Sie gründet sich, erstens, auf einer Erfahrung der Geteiltheit, der Fragmentiertheit des Menschen in der Moderne. Aus dieser Erfahrung heraus trat moderne Kunst und Gestaltung nicht selten als Kritikerin der auf den kapitalistischen Produktionsverhältnissen gewachsenen Entfremdung des Menschen auf, Entfremdung von – wie der junge Marx feststellte – seinem Arbeitsprodukt, seiner Arbeit und ihm selbst, dem Menschen. Zweitens entwarf sie Visionen und Programme, wie der Entfremdung des Menschen von Seiten des Ästhetischen her zu begegnen sei. Die Entwürfe und Vorschläge dazu sind vielfältig: die Rückkehr zum Handwerk als nicht-entfremdete Form der Arbeit, Gestaltung als Erziehung des Menschen entgegen seine Fragmentiertheit, die Verbindung von Kunst und Industrie zur Erschaffung einer neuen, nationalen Kultur. Mit ihrem Versprechen auf eine ästhetische Versöhnung stand moderne Kunst und Gestaltung jedoch, drittens, nicht selten im Dienste der Ideologie.

Im Seminar werden wir zentrale Positionen und Texte aus der Geschichte der modernen Kunst und Gestaltung hinsichtlich ihres Ortes im Spannungsfeld zwischen Gesellschaftskritik, Politik und Ideologie sowie im Hinblick auf die Rolle des Ästhetischen darin diskutieren.

 

Kultur- und Designgeschichte || BA 1. Semester || Donnerstag 14.15–16.45 Uhr || Raum 207

Prothesen | Nadine Hartmann

Prothesen heißen traditionellerweise fehlende Gliedmaßen ersetzende Konstruktionen, somit Erweiterungen des Leibes. Solche optimal angepassten oder gar einverleibten technische Apparaturen zwingen uns zum einen, den Instrumentengebrauch des Menschen, aber auch die angebliche Natürlichkeit des „nackten“ menschlichen Körpers neu zu bedenken, zum anderen aber auch das transhumanistische Versprechen der Prothese kritisch zu reflektieren. An der Prothese lassen sich die anthropologischen Voraussetzungen der Unterscheidung von Materialität bzw. Immaterialität und Künstlichkeit und Natürlichkeit aufzeigen. In nahezu jeder Technik, jedem Medium lässt sich – wie Marshall McLuhan dies zur Grundlage seiner Theorie machte – etwas Prothesenhaftes erkennen, insofern es den Verweis auf den menschlichen Sinnesapparat als Index mit sich führt. In der für das Design bestimmenden Vorstellung der Schnittstelle und ihrer Anpassung an den Nutzer lockt zudem immer das Paradigma der für die Prothese entscheidenden körperlichen Integration.

Der Kurs widmet sich nicht den vielfach unversöhnlich gegeneinander stehenden kulturpessimistischen und utopischen Positionen, sondern versucht, aus designtheoretischer Perspektive, die Modellfunktion der Prothese für die stets neu zu verhandelnde Grenze zwischen Ding und Mensch auszuloten.

 

Designtheorie || BA 3. Semester || Donnerstag 10.00–13.00 Uhr || Raum 207

Natural Forces – Forced Nature – Nature of Forces | Prof. Dr. Kathrin Busch

Der Begriff der Natur hat sich sowohl angesichts des globalen Klimawandels als auch der ausgreifenden Technisierung der Umwelt grundlegend verändert. Der Mensch ist selbst zu einem Faktor der Natur geworden und schreibt sich in sie sogar erdgeschichtlich ein. Dadurch werden nicht nur ganz neue Ökologien erforderlich, die eine Trennung zwischen Natur und Kultur oder Natur und Technik obsolet machen, sondern es wird auch die Frage höchst virulent, wie der Mensch dasjenige, in das er untrennbar verflochten ist, mit einem kritischen Abstand beurteilen soll. Welche neuen Formen von umgestaltenden Praktiken müssen angesichts von Involviertheit und Rekursivität erfunden werden? Wie lassen sich die Kräfte, in die der Mensch als gleichermaßen Handelnder wie Erleidender eingebunden ist, von ihm regulieren? Wie sind diese neuen Sozialitäten oder Netzwerke aus Menschen, Artefakten und Natur zu gestalten? Und wer ist dabei der Gestaltende?

 

Masterstudiengang || Wahlpflicht: Kulturwissenschaften || Di. 14-16 || Raum 207

Kräfte ästhetischen Denkens | Prof. Dr. Kathrin Busch

Die heutigen Debatten über künstlerische Formen des Wissens kranken oftmals an einem verkürzten Begriff des Denkens, der alles Dunkle, Ungewisse oder Unbewusste meint ausschließen zu müssen. Das Spezifische des künstlerischen Wissens bleibt dabei jedoch gerade unterbestimmt, geht es in der Kunst doch in hohem Maße auch um das, was sich nicht einfach zeigt und wissbar ist. In der philosophischen Tradition ist das Ästhetische deshalb mit dem Wirken von Kräften in Verbindung gebracht worden, die dem Können des Subjekts entgehen. Das Seminar will ausgehend von Nichtwissen und Nichtkönnen der Frage nachgehen, in welcher Form das ästhetische Unbewusste und Figuren des Unvermögens wie Faszination, Rausch und Ekstase in eine Epistemologie des künstlerischen Wissens einzuspeisen sind.

 

Studium generale || Mi. 17-19 || Raum 207 || Beginn 21.10.

Prof. Dr. Kathrin Busch im Gespräch mit der Künstlerin Patrizia Bach, Freitag 15. Mai 2015

ÜBER DIE FARBEN UND SYMBOLE IN WALTER BENJAMINS PASSAGENARBEIT

Eine Zeichenarbeit von Patrizia Bach

Projektraum LOTTE
Land Of The Temporary Eternity

Schnittpunkt-Kunst e.V.
Willy-Brandt-Strasse 18
70173 Stuttgart

Eröffnung: Freitag, 15. Mai 2015, 19 Uhr

Patrizia Bach im Gespräch mit Kathrin Busch (Philosophin, Universität der Künste, Berlin) und Heike Gfrereis (Leiterin der Literaturmuseen des Deutschen Literaturarchivs Marbach).

Ausstellung: 16.–22. Mai 2015
tägl. 18–21 Uhr und auf Anfrage

Zusatzveranstaltung: Sonntag, 17. Mai 2015, 11 Uhr
Patrizia Bach im Gespräch mit Heike Gfrereis „Über die Ästhetik von Manuskriptseiten am Beispiel Walter Benjamin“ im Literaturmuseum der Moderne, Schillerhöhe 8–10, Marbach
www.dla-marbach.de

Die Künstlerin Patrizia Bach setzt sich auf verschiedenen Ebenen mit Walter Benjamins Arbeit über die Pariser Passagen auseinander. Ausgehend von einer künstlerischen Forschung an den Originalmanuskripten, publiziert in Form einer Webseite, die erstmals den Text in seiner Neuordnung nach den Benjaminschen Siglen zeigt, entwickelte sie ein Zeichenkonzept, indem sie die Struktur des Passagenprojektes aufgreift – so wie Benjamins Passagen sind auch alle Zeichnungen miteinander verbunden.
LOTTE präsentiert das umfangreiche Konvolut an Zeichnungen, Abschriften und Systematisierungen und stellt Fragen zur künstlerischen Forschung.

Patrizia Bach ist Zeichnerin und lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte in Berlin und Istanbul Bildende Kunst und Visuelle Kommunikation. Aktuell arbeitet sie an einem Projekt zu Walter Benjamins Geschichtsbegriff in Istanbul und bringt dort türkische und deutsche Künstler_innen zusammen.
http://patriziabach.de/

Grundlagen einer ästhetischen Theorie der Gestaltung | Prof. Dr. kathrin Busch

Im Seminar sollen Grundbegriffe der Ästhetik wie Produktion, Formgebung, Materialität und Schönheit anhand klassischer Texte erarbeitet und für eine Theorie der Gestaltung fruchtbar gemacht werden.

Wir beginnen mit einer Lektüre von Hanna Arendts Vita activa, um das Herstellen im Unterschied zum Handeln und Arbeiten zu bestimmen. Sodann soll Richard Sennetts Buch zum Handwerk in Auszügen gelesen und seine Hochschätzung des händischen Könnens nachvollzogen werden. Gestaltgebung verleiht der menschlichen Welt seine Festigkeit. Dies ist allerdings nur ein Aspekt menschlicher Produktivität. Sofern wir uns in einer bereits weitgehend gestalteten Welt wiederfinden, gehören Momente der Auflösung und Destruktion zum Prozess des Schaffens hinzu. Dieses Moment der „Entstaltung“ lässt sich nicht nur in Texten zur Phantasie, sondern auch im Denken von Form und Stoff, in Konzepten des Formlosen und niederen Materialismus nachvollziehen. Von hier aus soll ein Blick in die aktuellen Materialitätsdiskurse geworfen werden, die von der Dynamisierung von Stoff und Form geprägt sind. Man spricht von einer Macht des Materials, einer Plastizität der Stoffe sowie einem Leben der Formen. Abschließend wird das traditionelle Verständnis von Ästhetik als Theorie der Schönheit und sinnlichen Erkenntnis in Grundzügen vorgestellt und die Bedeutung einer Reflexivität im Ästhetischen auf das Design bezogen.

 

Modul 8: Designtheorie

Do. 11-14 || Raum 207

Waren|Sprachen der Postmoderne | Jan Sieber

Copyright: Barbara Kruger | Courtesy: Mary Boone Gallery, New York

Mit dem Nachkriegs-Wirtschaftsboom ab den 1950er Jahren – the Golden Age of Capitalism – bildete sich die später so genannte Konsumgesellschaft sowie die für die Spätmoderne und Postmoderne so charakteristische Warensprache bzw. Warenästhetik heraus. Gegenüber den Mechanismen und Effekten dieser schönen, neuen, mit Waren gesättigten Welt war der moderne Anspruch auf Autonomie und Rationalität von Gestaltung immer schwerer aufrecht zu erhalten. Dem Individualismus der spätkapitalistischen, postfordistischen Konsumgesellschaft erschien die moderne Idee der Universalität nicht mehr angemessen. Wenn die Krise der Moderne, als Krise der auf Universalität zielenden Sprache moderner Gestaltung, zusammenfällt mit dem Anbruch der Postmoderne, dann zeichnet sich letztere vor allem auch durch ihr Bewusstsein für die Sprachlichkeit von Gestaltung aus – aber nicht im Sinne einer universalen Sprache, sondern einer Pluralität und Multivalenz von unterschiedlichen Sprachspielen. Darin bildet sich zugleich die Logik der Warenästhetik ab. Alles kann – unabhängig vom Gebrauch bzw. der Funktion – der Produktion von Wert bzw. von Bedeutung dienen.

Im Seminar beschäftigen wir uns als Einstieg mit der Krise der Moderne in den 1950er und 60er Jahren sowie mit der Kritik der Warenästhetik. Im Anschluss daran diskutieren wir einige für die Postmoderne paradigmatische Positionen aus Design, Kunst und Architektur – und zwar stets in der Spannung zwischen Warensprache und Sprachlichkeit der Gestaltung.

 

Modul 4: Kultur- und Designgeschichte 2 || BA – 2. Studienjahr

Do 15.00–18.00 Uhr || Raum 207