Alle Beiträge von Martin Beck

Prof. Dr. Kathrin Busch | Permeationen – Durchdringungen von Kunst und Theorie

Die Permeation oder Durchdringung ist ein neuer Vorschlag zur Konzeptualisierung der Beziehung zwischen Kunst und Theorie, der künstlerische und theoretische Forschungen miteinander ins Gespräch bringt. Anders als ältere Konzeptionen des Verhältnisses zwischen Kunst und Theorie (wie z.B. Reflexion oder Kritik) baut er nicht auf einem hierarchischen Verhältnis auf, sondern enthierarchisiert eine problematische Beziehung(sgeschichte). Das Seminar erarbeitet gemeinsam eine Konzeption der Permeation und stellt sie anhand des gerade erschienenen Bands Permeationen – Durchdringungen von künstlerischer Forschung und ästhetischer Theorie (spector books) zur Diskussion. Zusätzlich werden Permeationen anhand historischer wie aktueller Beispiele diskutiert und problematisiert. Zum Abschluss können studentische Beispiele von Permeationen diskutiert werden.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Termine:

25. April, 17-19h Auftakt-Treffen UdK Berlin STR 207

15. bis 18. Mai, Blockseminar Gutshof Sauen

Anmeldung unter:

https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/index.php?categoryid=273

Prof. Dr. Kathrin Busch | Wunden öffnen. Ästhetiken grausamen Zartgefühls

Bild: Joseph Beuys, Zeige Deine Wunde, 1976 (Fotografie von Ute Klophaus)

Gegenwärtige Krisen wie Pandemien, die Klimakrise sowie humanitäre Krisen infolge von Kriegen machen die Vulnerabilität des Menschen in besonderer Weise sichtbar. Nicht nur im Politischen auch für die Künste stellt sich die Frage, wie auf die Verletzbarkeit des Menschen und seiner Umgebung zu reagieren ist. Wann sind Fürsorge und Heilung sinnvolle ästhetische Anliegen, wann müssen Gewalt und Grausamkeit künstlerisch als Mittel der Kritik eingesetzt werden?

Schon in der Romantik wird problematisiert, wie in den Künsten die Schmerzen und Traumata zu „vertilgen“ sind. Novalis entwirft in seinen philosophischen Fragmenten eine „Poetik des Übels“ und bedenkt: „Fängt nicht überall das Beste mit Krankheit an? Halbe Krankheit ist Übel – ganze Krankheit ist Lust – und zwar höhere.“ In der Gegenwart treten neben Ästhetiken des Übels, die Wunden zeigen oder schlagen, zunehmend Ästhetiken der Zärtlichkeit und Sanftheit. Sie folgen den Idealen der Liebe und Zuneigung, der Fruchtbarkeit und Bejahung.

Im Seminar wollen wir die unterschiedlichen Ästhetiken der Grausamkeit und des Zartgefühls in den Blick nehmen und fragen, ob oder wie in ihnen jeweils die „Übel vertilgt“ werden.

Mit Texten u.a. von Theodor W. Adorno, Roland Barthes, Anne Dufourmantelle, Bracha L. Ettinger, Saidiya Hartman, Audre Lorde, Maggie Nelson, Simone Weil.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Zeit: Freitag, 14-17h || Ort: STR 207

Jon Richter | The Terraforming – Entwerfen im Maßstab des Planeten

Bild: TECHNOLOGIES OF DISENCHANTMENT from The Terraforming, Benjamin Bratton, Strelka Press

In diesem Seminar diskutieren wir Benjamin H. Brattons „The Terraforming“ – ein provokatives Manifest, das Design nicht länger als Gestaltung von Objekten, sondern als solche von planetaren Bedingungen denkt.

Bratton fordert eine radikale Neuausrichtung des Designs: weg von anthropozentrischen Lösungen, hin zu infrastrukturellen, epistemischen und techno-geopolitischen Systemen. „Terraforming“ wird dabei zur Chiffre für eine umfassende Reorganisation unserer Lebensweise auf planetarer Skala – mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, urbanistischer Planung, neuen Kartografien und spekulativer Theorie.

Das Seminar führt in zentrale Konzepte des Buchs ein und diskutiert ihre Relevanz für aktuelle Diskurse in Designtheorie, Architektur und Philosophie. Ergänzende Texte und konkrete Beispiele helfen dabei, Brattons Thesen kritisch zu kontextualisieren.

Designtheorie, Jon Richter, Do. 10-13h, STR 207

Lisa Andergassen | Design und Geschlecht – Vom Bauhaus bis zur Postmoderne

Design als weltbildende Praxis wirkt sich auch auf unsere Vorstellungen von Geschlecht aus, und reproduziert dabei häufig stereotype Zuschreibungen. Produkt-Design wird in bestimmten Sektoren (wie der Kinderbekleidung oder bei Kosmetik-Artikeln) noch immer stark gegendert, Visuelle Kommunikation greift auf tradierte Rollenbilder zurück und arbeitet oft mit einer geschlechtlich aufgeladenen Formensprache, der männliche Körper bildet in patriarchaler Tradition die Norm für Form und damit auch Funktion vieler Alltagsgegenstände von der Autoinneneinrichtung bis hin zu medizinischen Geräten. Gleichzeitig wurden Frauen in der Design-Geschichte marginalisiert, sie wurden in weiblich konnotierte Design-Bereiche gedrängt, ihr Potenzial wurde eingeschränkt und ihre Beiträge bleiben bis heute wenig reflektiert.

In dem Seminar untersuchen wir die Wechselwirkungen zwischen Design und Geschlecht von den Anfängen des Bauhauses’ bis zur Postmoderne. Die Themenkomplexe können unter “Design von Frauen”, “Design für Frauen” und “Design gegen Frauen” gefasst werden.

Hierfür unternehmen wir eine kritische Analyse genderbasierter Gestaltung und fragen welche Rolle Geschlecht und Geschlechterzugehörigkeit in der Designgeschichte spielen. Dazu lesen und diskutieren wir Positionen aus der Design-Theorie, feministischen Theorie, Soziologie und Psychoanalyse und wenden diese auf visuelle Beispiele an.

Ziel ist es, Wissen über die wichtigsten Grundprinzipien und Veränderungen innerhalb des modernen Gestaltens zu erlangen, deren soziale und kulturelle Dimensionen zu erfassen und diese durch das Prisma „Geschlechtlichkeit“ zu lesen und kritisch zu hinterfragen. Dabei werden auch aktuelle Debatten zu „gendergerechtem“ und „genderneutralem“ Design eine Rolle spielen.

Designgeschichte II //  Lisa Andergassen //Do. 14-17h / STR 207 / Beginn: 24.4

Jon Richter | Design as Politics – Gestaltung als politische Praxis

Jon Richter

Design as Politics – Gestaltung als politische Praxis

Donnerstag, 10-13h, Raum 207

Wozu ist Design fähig? Dieses Seminar will dazu einladen, die transformative Kraft des Designs zu reflektieren und seine Rolle in bzw. als politische Praxis zu denken. Ausgangspunkt ist Tony Fry’s provokantes Buch Design as Politics, in dem er Design nicht nur als Mittel zur Problemlösung betrachtet, sondern als maßgeblichen Akteur der Gestaltung der Gesellschaft. In Auseinandersetzung mit dem Text soll diskutiert werden, wie Design als subversives, strategisches Werkzeug eingesetzt werden kann, um neue Formen des Zusammenlebens vorzudenken und zu verwirklichen, wobei der Begriff der Präfiguration einen besonderen Stellenwert einnehmen wird.

Um den Kontext zu erweitern und die Fragestellung zu konkretisieren, werden auch Positionen wie Buckminster Fuller, Lucius Burkhardt oder Paul Preciado auf die Frage hin besprochen, wie sich das Politische in Gestaltung umsetzt. Außerdem sollen aktuelle Diskurse und Projekte miteinbezogen werden, wie etwa die Reihe Superhumanity von e-flux, die Design als Mittel zur Verhandlung von Menschlichkeit in einer technologisch transformierten Welt thematisiert. Der Ansatz des Planetary Design, wie er etwa auf einer gleichnamigen Konferenz im ICI Berlin verhandelt wird, untersucht, wie Design angesichts planetarer Krisen als Werkzeug der Zukunftsgestaltung verstanden werden kann.

Das Seminar verknüpft theoretische Diskussionen und praxisorientierte Überlegungen, um ein umfassendes Verständnis von Design als kritischer und politischer Praxis zu entwickeln.

 

Prof. Dr. Kathrin Busch | Fiktion & Fabulation. Neue Schreibweisen in der Theorie

Bild: Hanne Darboven, Schreibzeit, 1982

Prof. Dr. Kathrin Busch

Blockseminar: 28. November bis 1. Dezember Im Gutshof Sauen

Auftaktveranstaltung: 8. November 17h in Raum STR 208

Welche Formen des künstlerisch-wissenschaftlichen Schreibens gibt es? Wie artikuliert sich Forschung in literarischen Texten? Welche Stile werden erfunden und mit welchen künstlerischen Genres experimentiert die Theorie? Das Seminar behandelt neue ästhetische Schreibweisen in der Theorie, wie sie sich in einem dritten Raum zwischen den Künsten und der Forschung entwickelt haben. Zum einen werden wir die Vorläufer heutiger autofiktionaler Schreibweisen in den Blick nehmen und uns mit Texten der French Theory befassen, und zum anderen werden wir den Einsatz von spekulierenden und fabulierenden Verfahren in der Wissenschaft besprechen. Außerdem dient das Seminar, wenn gewünscht, als Schreibwerkstatt, in der eigene theoretische Texte vorgestellt und diskutiert werden können. Mit Literatur unter anderem von Georges Bataille, Roland Barthes, Roger Caillois, Hélène Cixous, Jacques Derrida, Donna Haraway und Saidiya Hartman.

Prof. Dr. Kathrin Busch | Radikale Schwäche – Ästhetiken der Wunde

Bild: Gautier D’Agoty, „Der anatomische Engel“, 1745

Verwundbarkeit, Verletzlichkeit und Sensibilität sind Zustände oder Gefühlslagen, die in den letzten Jahren eine Umwertung erfahren haben. Sie werden nicht länger diffamiert, gelten nicht mehr als Mängel, die man überwinden müsste – oder könnte. Stattdessen wird ihnen ein eigenes Vermögen zugeschrieben, so dass die Frage, wie man Sorge für diese grundlegenden Schwächen tragen will, entscheidend wird. Welche Sensibilitäten müssen verstärkt, welche abgemildert werden? Wie gewaltsam oder grausam, wie behütend, schützend oder tröstend will man mit Verletzbarkeiten umgehen?

Um die Kraft von Schwäche auszuloten, wenden wir uns ausgewählten ästhetischen Theorien und künstlerischen Positionen zu, in denen die Kultivierung von Schwäche im Vordergrund steht. Mit Texten u.a. von Antonin Artaud, Lauren Berlant, Judith Butler, Gilles Deleuze und Maggie Nelson.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitag: 14-17h // STR 208 // Beginn: 18. Oktober

 

Dr. habil. Christiane Keim | Herrenstuhl und Einbauküche. Grundlagen der Entstehung des modernen Designs im Wohnen

Als Moderne bezeichnen wir die Epoche vom Beginn des 19. bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Kapitalismus, industrielle Massenproduktion, technologische Innovationen und sozialer Wandel schaffen die Bedingungen für ein zuvor unbekanntes Berufsbild: Design. Wie kann durch Design ein neues Lebensgefühl, ein neues Selbstverständnis, insbesondere auf dem zentralen Gebiet des Wohnens, geschaffen werden? Welche Dinge sollen zu einem verändertes Wohngefühl, zu einer neuen Wohnpraxis anregen und diese durch die jeweilige Formgestaltung auch zum Ausdruck bringen?  Die Antworten, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert auf diese Fragen gefunden werden,  sind vielfältig, komplex und widersprüchlich: historistische Gestaltungskonzepte suchen nach Identität in den Dekorstilen der Vergangenheit, die Arts and Crafts-Bewegung findet im Handwerk eine ethische Alternative zur Industrieproduktion, die Einrichtungsgegenstände der Wiener Werkstätte oder das Mobiliar in den Häusern der Künstlerkolonie auf der Darmstädter Mathildenhöhe (um 1900) sollen Ausdruck eines neues Kunstverständnisses sein, das von der sog. Hochkunst auf die angewandte Kunst übertragen wird. Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus stehen dagegen für einen radikalen Neuanfang, der Funktionalität und universell verständliche Formensprache im Design der Gegenstände zum obersten Ziel erklärt. Die politischen Werte von Universalität, Gleichheit und Kreativität kollidieren allerdings in der Realität mit der Situation der Frauen am Bauhaus. Ihnen wurde an der Schule zwar eine Chance auf Professionalisierung geboten, gleichzeitig stießen sie aber auch hier auf die Grenzen, die ihnen eine traditionelle Geschlechterordnung setzte.

An exemplarischen Fallstudien wie der Ausstattung des Esszimmers im Haus von Peter Behrens in Darmstadt, den Einrichtungsentwürfen Ferdinand Kramers für die Frankfurter Siedlungsbauten und der Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky soll aufgezeigt werden, wie das Design der Moderne das zeitgenössische Lebens- und Wohngefühl neu konfiguriert und bis heute Nachwirkungen erzeugt hat.

BA 1. Semester, Kultur- und Designgeschichte I für Produktdesign

Dozentin: Dr. habil. Christiane Keim

Zeit: Donnerstags, 14–17 Uhr sowie Freitags, 14-17 Uhr – genaue Termine werden in der ersten Sitzung bekanntgegeben

Raum: 207

Design und Agency | Dr. Martin Beck

Bild: Virgil Abloh – Alaska Chairs and Bench, 2018

Der schnörkellose englische Begriff ‚Agency‘ bezeichnet die Handlungsfähigkeit, Wirkmacht, Handlungsmacht und Handlungskraft von Akteuren. In diesem Theorieseminar fragen wir: Was ist die Agency des Designs? Wie gestaltet Design die Agency der Nutzenden? Auf welche anderen Arten von Agency trifft Design dabei?

Radikale Vorstellungen von Agency finden wir im Projekt der Designmoderne: die Idee einer grundlegenden Transformation menschlichen Lebens durch das Design, die absolute Selbstentfaltung des modernen Menschen und seine Befreiung von Natur und Geschichte. Der Kerngedanke, dass das Design Probleme löst und Hindernisse aus dem Weg räumt um damit den Nutzenden ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen, erscheint aber auch heute noch aktuell. Im Seminar befassen wir uns mit dieser Idee und Alternativen dazu. Was passiert, wenn das Design auf ‚bösartige Probleme‘ stößt, für die es keine einfachen Lösungen gibt? Wie kann Design User*innen aus unverschuldeter Unfähigkeit befreien oder umgekehrt in eine Spirale der Abhängigkeit schicken? Produziert Design heute nicht selbst oft Hindernisse und trägt so zu einer allgemeinen ‚crapularity‘ bei? Was bedeutet es, der Alternative von Techno-Solutionismus und lähmenden Dystopien zu entgehen und – mit Donna Haraway gesprochen – unruhig zu bleiben (staying with the trouble)? Wie kann Design dabei mit der eigentümlichen Agency des Materiellen umgehen?

Ziel des Seminars ist es, in der Auseinandersetzung mit designtheoretischen Positionen und Praxisbeispielen eine eigene Positionierung zu diesen Fragen zu finden. Wir lesen u.a. Texte von Dieter Rams, Bruno Latour, Peter Sloterdijk, Don Norman, Natasha Dow Schüll, Friedrich von Borries, Villem Flusser, Donna Haraway und Ece Canli.

Designtheorie 4. Semester

Dr. Martin Beck

Donnerstag 10-13 Uhr

Raum 207

 

Designgeschichte seit 1945 | Dr. Christina Irrgang

Bild: Ettore Sottsass, Carlton, 1981, Memphis Milano.

Die Abkehr von Dogmen mag ein idealistischer Grundsatz gewesen sein, der den vielzähligen Strömungen des Designs in Europa nach 1945 zugrunde gelegen hat. Das Faszinierende der internationalen Designgeschichte seit 1945 aber sind die zuweilen oppositionellen Gestaltungsweisen, die sich in Objekte und Möbel als spezifische Formen des Undogmatischen eingeschrieben haben – und die es als Doktrinen kritisch zu hinterfragen gilt.

Wir betrachten in diesem Seminar gemeinsam die Entwicklungen des (europäischen) Designs durch die Jahrzehnte bis in die Gegenwart hinein: Wie hat der Gedanke der „Guten Form“ von Max Bill die Lebens- und Arbeitszusammenhänge im Industriedesign und in der Lehre an der Hochschule für Gestaltung Ulm im Nachkriegsdeutschland neu zusammengeführt? Wie setzte ein Streben nach mehr Individualität in den späten 1960er- und 1970er-Jahren etwa mit der Designströmung „Radical Design“ in Italien wesentliche Impulse für ein Lossagen vom Funktionalismus und für mehr kritisches Bewusstsein im Design? Worin unterscheiden sich in den 1980er-Jahren international bedeutende Gruppierungen wie Studio Alchimia oder Memphis, die das „Anti-Design“ und konzeptuelle Gestaltungen prägten mit Strömungen, die sich zur selben Zeit unter dem Namen „Neues Deutsches Design“ herausbildeten und eine Praxis des fundamentalen Umdenkens im Design angestoßen haben? In den 1990er-Jahren prägte das niederländische Kollektiv Droog Design den Gedanken „Von ‚High Tech‘ zu ,Dry Tech‘“ und stärkte damit den sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekt eines Designs von neuer Bescheidenheit, das eine offene, tolerante und pluralistische Gesellschaft anspricht. Welche dieser Entwicklungen haben sich in den 2000er-Jahren fortgeschrieben? Unterliegt der Gedanke der Wiederverwertbarkeit einer Rezession? Welches Design prägt unser Leben jetzt?

BA 2. Semester

Dozentin: Dr. Christina Irrgang

Zeit: Donnerstags, 14–17 Uhr

Raum: 207

Forschung und Verlangen. Erotiken künstlerischen Wissens | Prof. Dr. Kathrin Busch

Abb.: Lee Lozano, Masturbation Investigestion, 1969

In einem ihrer späten „Instruction Pieces“, der Masturbation Investigation von 1969, konzeptualisiert Lee Lozano die Erforschung ihrer Lust. Wenn am Ende dieser Forschung nicht nur Orgasmen stehen, sondern auch die Befriedigung ihres Interesses, wird der Zusammenhang von Trieb und Wissen: die erotische Dimension des Wisstriebs explizit. Bei Lozano verschränken sich Kunst, Sexualität und Forschung zu einer erotischen Ästhetik, die sich mit Sigmund Freuds Einsichten in die unbewussten Triebkräfte von Kunst und Wissen deckt. Aber nicht erst die Psychoanalyse, schon die antike Philosophie hat Eros, Schönheit und Denken zusammen gebracht. Das Streben nach Wahrheit gilt in der Antike als ein zutiefst erotischer Akt. Das betrifft sowohl die Triebkräfte des Willens zum Wissen als auch den Modus des Denkens selbst. Dieser erotische oder liebende im Unterschied zum kritischen, befragenden oder verneinenden Modus rückt in letzter Zeit, vor allem in queerfeministischen und dekolonialen Wissenstheorien, wieder verstärkt in den Blick. Wobei die heutigen Theorien des verkörperten Wissens, die Affekt und Vernunft nicht spalten wollen, nicht nur den Reiz, sondern auch die tendentiell unbändigen Dynamiken des Erotischen in ihre Forschungen einbeziehen müssen.

Das Seminar geht den Verbindungen zwischen Kunst, Wissen und Lust unter anderem in den Texten von Anne Carson, Hélène Cixous, Roland Barthes, Gilles Deleuze, Michel Foucault, Julia Kristeva und Audre Lorde.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitags: 14–17 Uhr ||  STR 207 || Beginn: 19. April

Ästhetiken der Lust – Politiken des Begehrens | Prof. Dr. Kathrin Busch

Abb.: Louise Bourgeois, Together, 2005.

Lust gilt als Organ der Rebellion. Sie sprengt die Ketten der Norm, überschreitet den guten Geschmack, folgt ihrer eigenen Erfüllung. Verschwistert mit Gelächter und Verausgabung gilt vielen der Genuss, den sie bereitet, als ein überschüssiges, für die Kultur irrelevantes und politisch verräterisches Gefühl von Glück. Auch in der philosophischen Ästhetik wird die Lust nur als sublimierte geschätzt. Seit Kant bemüht man sich, aus der ästhetischen Reflexionslust jede unmittelbar sinnliche Lust zu verbannen. Die sublimierte Lust am Schönen speist sich angeblich gerade nicht aus sexuellen Quellen. Das Seminar folgt Positionen, die diese säuberliche Trennung befragen und stattdessen von einem ästhetischen Gebrauch der Lüste ausgehen, der quer zur Spaltung in eine pure sexuelle Lust auf der einen und eine durch Sublimierung kultivierte und gezähmte ästhetische Lust auf der anderen Seite verläuft. Damit erhalten sowohl Politiken des Körpers als auch die prekäre Gestaltbarkeit von Begehren Einzug in die Ästhetiken der Lust.

Mit Texten unter anderem von Georges Bataille, Simone de Beauvoir, Carla Lonzi, Catherine Malabou, José Esteban Muñoz, Amber Musser und Maggie Nelson.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Blockseminar: 6. bis 9. Juni im Gutshof Sauen

Auftakt: 17. Mai, 17h, STR 207

Affekt und Umwelt | Dr. Arnd Wedemeyer

Der italienische Kunst- und Designtheoretiker Gillo Dorfles konstatierte bereits in den
frühen 1970er Jahren in Berlins neuem Internationalen Design Zentrum (IDZ) eine „Krise
der Affektivität“, die für ihn aus einer „gefühlsmäßigen Loslösung des Menschen von
seiner Umwelt“ kam und die er lange unter der Bezeichnung „Kitsch“ zu denken
versuchte. Aber mit welchem Recht eignet sich das Design überhaupt den Begriff der
Umwelt an, der mit größerem Recht in Biologie und Ökologie angesiedelt zu sein
scheint? Signalisiert der Gebrauch der Begriffe Umwelt, Umgebung, Environment im
Design einen umfassenderen, womöglich totalen Anspruch der Gestaltung oder
Umgestaltung? Oder sind damit bestimmte Annahmen eben über den Zusammenhang
von Affekt und Umgebung verbunden – wie sie im Ambiente, der Stimmung, der
Atmosphäre (oder dem Atmosphärischen) noch deutlicher angesprochen werden?
Enthält diese Verklammerung von Affekt und Umwelt eine Tendenz zur Harmonisierung –
oder was heißt es, wenn, wie Dorfles zu erkennen meinte, diese Harmonie dauerhaft
gestört wird?

Designtheorie, 3. Semester BA

Dozent: Arnd Wedemeyer

Donnerstag, 10-13 Uhr, Raum 207

Was war die Moderne? Grundlagen der Entstehung des modernen Designs | Martin Beck

Als ‚Moderne‘ bezeichnen wir die Epoche vom Beginn des 19. bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Kapitalismus, industrielle Massenproduktion, technologische Innovationen und sozialer Wandel schaffen die Bedingungen für ein zuvor unbekanntes Berufsbild: Design. Wie sollen die neuen Gegenstände funktionieren und aussehen? Wie kann das Design ein neues Lebensgefühl schaffen oder soziale Probleme lösen? Die Antworten, die die Moderne findet, sind vielfältig, komplex und widersprüchlich: historistische Gestaltung sucht nach Identität in den Dekorstilen der Vergangenheit. Die Arts and Crafts-Bewegung findet im Handwerk eine ethische Alternative zur modernen Industriearbeit. Der Jugendstil enthält wichtige Inspirationen von der japanischen Gestaltung. Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus stehen dagegen für radikalen Neuanfang: Funktionalität und universell verständliche Formensprachen sollen das Design der Gegenstände bestimmen. Die politischen Werte von Universalität, Gleichheit und Kreativität sind in der Realität aber oft mit Ausgrenzung verbunden, wie etwa die Situation der Bauhausfrauen zeigt. An exemplarischen Fallstudien wie den Stahlrohrmöbeln von Marcel Breuer und der Frankfurter Küche von Margarethe Schütte-Lihotzky zeigt sich, wie das Design der Moderne die Lebenswelt hinsichtlich Funktion, Ökonomie, sozialer Rollenverständnisse und Ästhetik neu konfiguriert. Insofern die Moderne heute oft nur noch für hochpreisige ‚Designklassiker‘ steht, stellt sich aber die Frage, was aus diesen utopischen Programmen eigentlich geworden ist.

Wir betrachten anhand von zentralen Beispielen und Texten die Konfliktlinien der modernen Gestaltung und fragen uns, was davon heute noch für uns relevant ist.

Modul Kultur- und Designgeschichte 1

1.Semester Bachelor Produktdesign

Dozent: Martin Beck

Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207

Designgeschichte nach 1945 | Dr. Paul Mellenthin

Bild: Ettore Sottsass, Olivetti Studio 45 Schreibmaschine, frühe 1970er Jahre, © Art Institute of Chicago.

Die Geschichte des Designs nach 1945 gewinnt ihre Form, analog zur Erzählweise hegemonialer Kunst- und Architekturgeschichten, vor allem durch Entwicklungslinien: Das moderne Design wird vom postmodernen Design abgelöst, die Postmoderne von der Gegenwart. In der Veranstaltung wollen wir die Bedingungen für diese Abläufe samt der darin enthaltenen Makro- und Mikronarrative verstehen, ihre bedeutendsten Positionen und Blickwinkel kennenlernen. Das geschieht vor allem im Dialog mit den Kultur- und Gesellschaftswissenschaften. Eine dabei wiederkehrende Frage lautet: Was ist eigentlich das Design dieser Geschichte? Und warum lässt sich heute so problemlos vom Geschichtsdesign der Designgeschichte sprechen? Es gilt folglich all jene Tendenzen herauszuarbeiten, die zu einem erweiterten Verständnis des Designbegriffs nach 1945 geführt haben. Denn unter „Design“ sind nunmehr nicht bloß von Handwerk und Industrie geformte Objekte zu begreifen, sondern ebenso immaterielle Verhältnisse. Oder nach Bruno Latour: „Ich möchte behaupten, dass Design einer der Begriffe ist, die das Wort »Revolution« ersetzt haben!“

Aktuellen Fragen und Debatten der Designgeschichte nach 1945 werden wir auch an zwei Exkursionsterminen im Kunstgewerbemuseum Berlin und im Museum für Kommunikation Berlin nachgehen.

BA 2. Semester

Dozent: Dr. Paul Mellenthin

Zeit: Donnerstags, 14-17 Uhr

Raum: STR, Raum 207

Jenseits der Norm. Design zwischen Singularisierung und intersektionaler Kritik | Martin Beck

Bild: Stacy Ant, https://www.instagram.com/whosthereplease/

Das ästhetische, soziale und ökonomische Ideal des Designs der Moderne war das standardisierte Massenprodukt. In diesem Seminar betrachten wir zwei sehr unterschiedliche Tendenzen, die diese Idee eines universalen Standards gegenwärtig in Frage stellen: Im ersten Teil des Seminars betrachten wir Prozesse der Singularisierung im digitalen Plattformkapitalismus, die durch Ökonomien der Aufmerksamkeit, Datensammlung und Personalisierung getrieben werden. Dabei werden soziale Dynamiken von Distinktion und Individualisierung gezielt als Ressource extrahiert. Wir befassen uns mit den Konsequenzen für das Design, etwa der Rolle von Designästhetiken in sozialen Disktinktionsprozessen, Customization als Verwertung von Identität, der Transformation von Objekten und Räumen durch Instagrammability aber auch mit neuen Normierungen wie ‚airspace‘. Im zweiten Teil des Seminars betrachten wir, wie intersektionale und posthumanistische Kritik in einer ganz anderen Weise die Orientierung an der Norm eines weißen, ‚able-bodied‘, cis-männlichen, menschlichen Subjekts in Frage stellt. Welche Wege eröffnen sich dem Design, solchen Normierungen zu entkommen und sie durch neue Allianzen und Verstrickungen zu ersetzen? Wir blicken auf aktuelle Theorieansätze eines inklusiven, feministischen, queeren, postkolonialen und mehr-als-menschlichen Designs.

Designtheorie 4. Semester

Dozent: Martin Beck

Zeit: Donnerstags 10-13 Uhr

Raum: R 207, STR

Cyborgs & ChatGPT. Zur Archäologie der KI | Prof. Dr. Kathrin Busch

Bild: Stefan Panhans/Andrea Winkler: »If You Tell Me When Your Birthday Is« (Machinima version), Filmstill, 2020

Blockseminar: 11. bis 14. Mai, Gutshof Sauen

Auftakttermin: 28. April um 17h, STR 207

Bittet man ChatGPT um eine Seminarankündigung unter dem genannten Titel, dann wird dies vorgeschlagen:

Wir möchten Sie herzlich zum Seminar „Cyborgs & ChatGPT. Zur Archäologie der KI“ einladen. In diesem Seminar werden wir uns mit der Geschichte und Entwicklung von künstlicher Intelligenz auseinandersetzen und ihre Beziehung zu den Künsten untersuchen.

Im Fokus des Seminars stehen die Entstehungsgeschichte von Cyborgs, also menschlich-technologischen Hybridwesen, sowie die Funktionsweise und Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT, einem großen Sprachmodell, das auf neuronalen Netzen basiert.

Wir werden uns mit der Philosophie und Ethik der künstlichen Intelligenz beschäftigen und diskutieren, welche Auswirkungen sie auf die Künste haben kann. Dabei werden wir auch auf die verschiedenen Anwendungsbereiche von KI in der Kunst eingehen, wie zum Beispiel die Erstellung von Musik, Bildern und Texten.

Das Seminar richtet sich an alle Interessierten, die sich für das Thema KI und Cyborgs im Kontext der Künste interessieren und tiefer in die Materie eintauchen möchten. Es wird online stattfinden und besteht aus Vorträgen, Diskussionen und praktischen Übungen.

Völlig falsch ist die Ankündigung als online-Seminar. Wir werden stattdessen für vier Tage ins Gutshaus Sauen fahren, Texte von Haraway, Kittler, Stiegler etc. besprechen und uns unter anderem mit Arbeiten von Ian Cheng, Ed Atkins und Jon Rafman befassen – und zu allerlei Gesprächen mit dem Chatbot Gelegenheit haben.

Die Anmeldung unter und die Teilnahme am Auftakttreffen am 28. April um 17h (Straße des 17. Juni 118, Raum 207) sind Voraussetzungen, um das Seminar belegen zu können.

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« in Kooperation mit Prof. Dr. Knut Ebeling, weißensee kunsthochschule Berlin

 

Fiktion & Fabulation. Neue Schreibweisen in der Theorie | Prof. Dr. Kathrin Busch

Welche Formen des künstlerisch-wissenschaftlichen Schreibens gibt es? Wie artikuliert sich Forschung in literarischen Texten? Welche neuen Stile werden erfunden und mit welchen künstlerischen Genres experimentiert die heutige Theorie?

Das Seminar behandelt neue ästhetische Schreibweisen in der Theorie, wie sie sich derzeit, vor allem bei queer-feministischen Autor_innen, in einem dritten Raum zwischen den Künsten und der Forschung entwickeln. Neben Texten der sogenannten Autofiktion und Autotheorie wird im Seminar auch dem Einsatz von spekulierenden und fabulierenden Verfahren in wissenschaftlichen Publikationen nachgegangen. Außerdem dient das Seminar als Schreibwerkstatt, in der eigene theoretische Texte erarbeitet und im Seminar vorgestellt werden können.

Mit Texten unter anderem von Roland Barthes, Hélène Cixous, Virginie Despentes, Didier Eribon, Donna Haraway, Saidiya Hartman und Maggie Nelson.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitag: 14-17h

Beginn: 21. April

Ort: STR 207

Funktion, Identität, Ästhetik – Konfliktlinien der modernen Gestaltung

Bild: Margarethe Schütte-Lihotzky: ‚Frankfurter Küche‘ (1926) © Stadt Frankfurt am Main

Als ‚Moderne‘ bezeichnen wir die Epoche vom Beginn des 19. bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Kapitalismus, industrielle Massenproduktion, technologische Innovationen und sozialer Wandel schaffen die Bedingungen für ein zuvor unbekanntes Berufsbild: Design. Wie sollen die neuen Gegenstände funktionieren und aussehen? Wie kann das Design ein neues Lebensgefühl schaffen oder soziale Probleme lösen? Die Antworten, die die Moderne findet, sind vielfältig, komplex und widersprüchlich: historistische Gestaltung sucht nach Identität in den Dekorstilen der Vergangenheit. Die Arts and Crafts-Bewegung findet im Handwerk eine ethische Alternative zur modernen Industriearbeit. Der Jugendstil enthält wichtige Inspirationen von der japanischen Gestaltung. Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus stehen dagegen für radikalen Neuanfang: Funktionalität und universell verständliche Formensprachen sollen das Design der Gegenstände bestimmen. Die politischen Werte von Universalität, Gleichheit und Kreativität sind in der Realität aber oft mit Ausgrenzung verbunden, wie etwa die Situation der Bauhausfrauen zeigt. An exemplarischen Fallstudien wie den Stahlrohrmöbeln von Marcel Breuer und der Frankfurter Küche von Margarethe Schütte-Lihotzky zeigt sich, wie das Design der Moderne die Lebenswelt hinsichtlich Funktion, Ökonomie, sozialer Rollenverständnisse und Ästhetik neu konfiguriert. Insofern die Moderne heute oft nur noch für hochpreisige ‚Designklassiker‘ steht, stellt sich aber die Frage, was aus diesen utopischen Programmen eigentlich geworden ist.

Wir betrachten anhand von zentralen Beispielen und Texten die Konfliktlinien der modernen Gestaltung und fragen uns, was davon heute noch für uns relevant ist.

Dozent: Martin Beck

Modul Kultur- und Designgeschichte || BA – 1. Studienjahr |

Zeit: Do 14.00-17.00 Uhr

Ort: Straße des 17. Juni 118, Aula (Raum 401)

Hommage à Godard. Materialität und Historizität im Essayfilm

Der kürzlich verstorbene Jean-Luc Godard gilt als der Intellektuelle des Kinos, als Denker im Medium des Films. Er steht für eine Filmtheorie mit filmischen Mitteln und für eine Kritik der Gegenwart in Bildmontagen. Von ihm lernt man, was es heißt, im Ästhetischen zu denken, filmisch Kunst und sogar Malerei zu betreiben oder den Film als Theorie aufzufassen. In seinem Werk, das vom engagierten Film der 1960er Jahre über Fernsehkritik bis zur essayistischen Videokunst reicht, unternimmt Godard nicht nur differenzierte Gegenwartsanalysen, sondern er situiert sich selbst mit seinen Leidenschaften und Passionen innerhalb des Bildgeschehens. Das Seminar folgt einigen Strängen seines Filmdenkens: den Bezügen der Nouvelle Vague zum ethnografischen Film und zur Materialität des Kinos, zu Harun Farockis essayistischer Bildforschung sowie natürlich den visuellen Reisen in die Kunst- und Filmgeschichte.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Blockseminar vom 1. bis 4. Dezember im Gutshof Sauen

Auftakttermin am 11. November um 17h, Straße des 17. Juni 118, Raum 207

Anmeldung unter 

Literaturhinweise: Volker Pantenburg, Film als Theorie. Bildforschung bei Harun Farocki und Jean-Luc Godard, Bielefeld 2006; Andreas Hamburger et al. (Hg.), Jean-Luc Godard. Denkende Bilder, Gießen 2020; Bert Rebhandl, Jean-Luc Godard. Der permanente Revolutionär. Biografie, Wien 2020; Kaja Silverman/Harun Farocki, Von Godard sprechen, Berlin 1998.

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« in Kooperation mit Prof. Dr. Knut Ebeling, weißensee kunsthochschule Berlin

Geschlecht gestalten. Feministische Lektüren

(Lynda Benglis, Artforum, 1974, Photo: Arthur Gordon)

Wenn es bei Simone de Beauvoir heißt, man würde nicht als Frau geboren, sondern zur Frau gemacht, dann möchte das Seminar fragen, welchen Anteil Kunst und Gestaltung daran haben. Wie werden Geschlechtsidentitäten über Bilder, Dinge oder Räume mitproduziert oder verunsichert und subvertiert? Wir wollen Paul B. Preciados Studie zur Rolle des Designs in der Konstruktion des modernen Junggesellen ebenso behandeln wie seine Idee für einen 3D-Fleischdrucker, um anarchistisch Geschlechtsorgane zu vervielfältigen und Genüsse zu multiplizieren. Wie wird in den Künsten der Kampf um „sexuelle Freiheit“ ausgefochten und warum ist sexueller Optimismus inzwischen in die Kritik geraten? Neben Repräsentationen von Geschlecht in den Künsten werden die körperliche Wirksamkeit von Diskursen und Bildpolitiken berücksichtigt, aber auch Geschlechtsangleichungen und Hormonpiraterien in den Blick genommen.

Mit Texten von Sara Ahmed, Judith Bulter, Donna Haraway, Michel Foucault, Catherine Malabou, Maggie Nelson, Paul B. Preciado, Legacy Russell und einer Exkursion zur Ausstellung „Empowerment. Kunst und Feminismen“.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitag, 14-17h

Straße des 17. Juni 118, Raum 207

Beginn: 21.10.

Dinge denken: Objektbeziehungen und der Eigensinn der Dinge

Bild: Graciela Sacco Las cosas que se llevaron. Quelle: https://gracielasacco.com/

Die Entwicklung und Gestaltung von Produkten umfasst neben der entwerfenden Aktivität noch weitere Dimensionen: Zwischen uns und den Dingen wirken materielle, psychische und soziale Prozesse, die ein vielfältiges Beziehungsgefüge bilden.

Theoretisch gesprochen sind Objekte den Subjekten keineswegs untergeordnet, auch wenn ihre Verwendung die eigene Wahrnehmung der Welt modifizieren und überhaupt erst stabilisieren kann. Dass der Mensch also nicht das Maß aller Dinge ist, wird seit Jahren als Kritik des Anthropozentrismus diskutiert. Gleichzeitig kommen Fragen nach dem Eigensinn der Dinge und der konstitutiven Rolle materieller Kultur verstärkt in den Blick.

Im Seminar werden wir uns mit Texten und Theorien beschäftigen, die einen Überblick der verschiedenen disziplinären Perspektiven auf Dinge und Objekte bieten. Dazu gehört die Rolle von Werkzeugen und technischen Objekten, aber auch die materielle und ästhetische Ansprache durch die Dinge. Ihre Wirkmächtigkeit oder Agentialität zeigt sich in kulturellen und sozialen Austauschprozessen wie dem Gabentausch, aber auch über den Warencharakter und den Fetisch. Quasi-Objekte, Übergangsobjekte und Grenzobjekte wiederum bezeichnen hybride Vermittlungen zwischen Ding und Mensch. Die Psychoanalyse kennt die Rolle der Objektbeziehungen und der Objektverwendung als Fähigkeit mit den Dingen (sich selbst) zu denken. Die ambivalente Erbschaft der Dinge erleben wir durch (familiäre) Alltagsgegenstände und Erinnerungsobjekte. Produkte sind nicht zuletzt auch Dinge der sozialen Distinktion, die unseren Habitus prägen. Häusliche und intime Objekte stellen Fragen nach der Rolle von Geschlechtlichkeit, Objekte aus anderen Kulturen konfrontieren unsere Identitätsvorstellungen mit Ähnlichkeiten und Differenzen. Nicht zuletzt werden wir uns auch mit der Fremdheit der Dinge und ihrer Unheimlichkeit beschäftigen, dem, was unter den Begriffen Unding, Abjekt, Abfall, und “Zeug” eine Zone der Neugier und Beunruhigung bildet.

3. Semester Produktdesign (Designtheorie I)

Dozentin: Silvia Bahl, 

Zeit: Donnerstag 10-13h

Ort: STR Aula (401)

 

Von der ‚guten Form‘ zur Konvivialität – Geschichte und Positionen des Designs seit 1945 | Silvia Bahl

Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte man in Deutschland an die gestalterischen Prinzipien des Bauhauses anzuknüpfen, die inzwischen zum Internationalen Stil geworden waren. An der HfG Ulm prägt Max Bill die “Gute Form” als Stilprinzip eines klaren Funktionsdesigns. Neue Materialien wie der Kunststoff und die Moden des Konsums verändern das Verhältnis von Kunst und Design, ästhetische Erfahrung wird alltäglich. Seit 1970 stellen sich verstärkt soziale und ökologische Fragen für die Gestaltung. Dazu kommen theoretische Positionen der Postmoderne: Die Entwicklung der Kommunikationstechnologien ab den 1980er Jahren dezentriert das Subjekt und fokussiert Infrastrukturen der Nutzung. Design nimmt nicht mehr nur Gegenstände in den Blick, sondern fragt nach den unsichtbaren Beziehungen und Netzwerken, in die sie eingebettet sind, gestaltet Schnittstellen. Die globalisierte Welt und ein fortschreitender Plattform-Kapitalismus lassen heute Fragen der Konvivialität (Ivan Illich) als ein zentrales Problem von Gestaltung erscheinen. Dinge sind nicht neutral, wie Lucius Burckhardt schreibt, sie wirken ermöglichend oder verhindernd in die Gesellschaft zurück.

2. Semester Produktdesign (Kultur- und Designgeschichte)

Dozentin: Silvia Bahl,

Zeit: Donnerstag 14-17h

Ort: STR Raum 207

Bild: Cheongju Craft Biennale 2021

Körper, Technologie und Macht im Interaktions- und Interfacedesign | Martin Beck

ACHTUNG: Beginn ist doch regulär am 21.04. – 10 Uhr!!! (es gab ein Missverständnis bezüglich der Kurzzeitprojektwoche – die ist am Donnerstag nur Nachmittags)

Im Zeitalter smarter Devices gestalten Designer*innen nicht nur ästhetisch abgerundete Gehäuse, sondern vor allem Interaktionen und Interfaces. Das Design konfiguriert so den Komplex zwischen Körper und Gehirn der Nutzer*innen, Anwendungen, Plattformen und technischen Infrastrukturen sowie Formen ökonomischer, politischer oder sozialer Macht. Wir betrachten zum einen verschiedene Modelle des Interaktionsdesigns und deren ökonomische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen: Vom Steuerungsparadigma der Kybernetik zu den Emanzipationsversprechen der kalifornischen Ideologie und dem Ethos des Human Centered Design, vom manipulativen Behavioural Design, der Datenextraktionslogik des Überwachungskapitalismus bis zur Erregungslogik des pharmapornographischen Regimes. Zum anderen beschäftigen wir uns mit der Weise, wie Interfaces den Körper adressieren – von der dreidimensionalem Körpersprache des modernen Industriedesigns zur zweidimensionalen Bildersprache des postmodernen Kommunikationsdesigns hin zu stimmbasierten Interfaces wie Alexa und Siri, Wearables wie Google Jacquard und Implantaten wie Neuralink.

Hierzu lesen wir Texte aus Design-, Technik- und Gesellschaftstheorie ebenso wie Philosophie und Kulturwissenschaften und diskutieren dies an konkreten Beispielen.

ACHTUNG: Falls ihr nicht Teil des Studiengangs Produktdesign seid, bitte ich vorab um Anmeldung für das Seminar an: 

Designtheorie 4. Semester Produktdesign

Raum: STR 207

Donnerstag 10-13 Uhr

Dozent: Martin Beck

Ästhetiken der Sorge | Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitags 14-17h || STR 207 || Beginn: 22.4.

Ästhetiken der Sorge haben Einzug in die zeitgenössischen Künste erhalten. Sie zeugen vom Interesse an einer besänftigenden Wirkung von Kunst, an Ritualen der Tröstung und Heilung, die angesichts fortwährender sexistischer, rassistischer oder sozialer Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse geboten scheinen. Im Zeichen einer neuen Sensibilität grenzen sich diese Sorgepraktiken von Ästhetiken der Negativität ab und suchen nach künstlerischen Ausdrucksformen mit reparativer oder therapierender Wirkung. In ihnen findet man einen deutlichen Gegenpol zu ästhetischen Strategien der Riskanz, des Schocks oder der Grausamkeit wie sie in der Moderne dominieren.

Das Seminar geht den Genealogien der Idee einer Heilwirkung von Kunst nach, um nach den theoretischen Implikationen von Kunstformen der Sorge zu fragen und sie ins Verhältnis zu Konzepten des radikal Bösen, der Verausgabung oder Schwächung zu setzen.

Literaturhinweise: Gilles Deleuze, Kritik und Klinik, Frankfurt a. M. 2000; Hanna Engelmeier, Trost. Vier Übungen, Berlin 2021; Svenja Flaßpöhler, Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren, Stuttgart 2021; Michel Foucault, Die Sorge um sich, Frankfurt a.M. 1989; Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, The Delusion of Care, Berlin 2020; Maggie Nelson, On Freedom. Four Songs of Care and Constraint, London 2021.

Autofiktionen in Kunst und Theorie | Prof. Dr. Kathrin Busch

In den Künsten hat sich ein neues Genre durchgesetzt: die Autofiktion oder Autotheorie, in der man sich wieder auf ein „Ich“ bezieht. Dieses neu erwachte Interesse an der eigenen Person findet man nicht nur in der Literatur, sondern auch im Film und in der bildenden Kunst. Die Rückkehr zum Ich und seine sowohl fiktionale als auch theoretische Erforschung erstaunt nach den Positionierungen zum „Tod des Autors“, den Verflüssigungen eines als selbstbestimmt gedachten Subjekts und angesichts aktueller posthumanistischer Ansätze. Was ist das für ein Selbst, das in den künstlerischen Arbeiten wiederkehrt? Und welche Rolle spielt die Theorie, um dieses Selbst, das anscheinend opak und ungreifbar geworden ist, spekulativ und fabulierend zu erhellen?

Im Seminar gehen wir von Autor_innen wie Maggie Nelson, Chris Kraus, Dorothee Elmiger und Didier Eribon aus, nehmen Vorläufer_innen wie Friedrich Nietzsche oder Hélène Cixous in den Blick und fragen nicht nur nach der Aufnahme dieser Positionen in den Künsten, sondern auch nach neuen Schreibweisen, die sich für die Theorie ergeben.

 

Blockseminar: 23. bis 26. Juni im Gutshof Sauen

Auftakttermin 20. Mai um 17h, STR 207

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« in Kooperation mit Prof. Dr. Ebeling, weißensee kunsthochschule Berlin

Anmeldung unter: 

Die Erfindung des Designs. Design und Designdiskurse der Moderne | Martin Beck

Die gestalterische Moderne bezeichnet eine Epoche, die vom 19. Jahrhundert bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts reicht, und entscheidend von den Bedingungen der Industriegesellschaft geprägt ist. Durch industrielle Massenproduktion und technische Innovation entsteht im Laufe des 19. Jahrhunderts eine neue Produktkultur, und mit ihr das neue Berufsbild des Designs. Designer*innen begeben sich auf die Suche nach neuen Gestaltungsprinzipien, arbeiten an sozialen Problemen und an einem neuen Lebensgefühl. Die Geschichte des modernen Designs ist, wie alles, komplex und widersprüchlich: Der Historismus sucht nach Identität in überkommenen Dekorstilen, Arts and Crafts finden im Handwerk ein ethisches Gegenmodell zur modernen Industriearbeit. Japanische Gestaltung wird zur wichtigen Inspirationsquelle für Jugendstil und Avantgarde. Ornamentkritik ist Wegbereiter funktionalen Designs, aber auch Ausdruck für das koloniale Gedankengut eines weißen Bürgertums. Mit ihren Utopien einer kollektiven Neugestaltung der Welt prägen Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus das heroische Bild der Designmoderne, reproduzieren aber auch systematische Ausgrenzung, aus der sich die Bauhausfrauen erst herauskämpfen müssen.

Das Design der Moderne prägt in Gestalt der ‚modernen Designklassiker‘ auch heute noch vielfach unsere Wahrnehmung von Design insgesamt. Durch die Wende von der modernen Industriegesellschaft zur postmodernen Kommunikationsgesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden aber die Prämissen der modernen Gestaltung zunehmend in Frage gestellt.

Wir betrachten anhand von zentralen Beispielen und Texten das Design und die Designdiskurse der Moderne und fragen uns, was davon heute noch für uns relevant ist.

BA. 1. Semester Produktdesign (Kultur- und Designgeschichte I)

Dozent: Martin Beck,

Zeit: Donnerstag 14-17 Uhr

Ort: STR, Raum 207

WIE WOLLEN WIR ZUSAMMEN LEBEN? | Dr. Philipp Wüschner

Nach fast zwei Jahren pandemischen Ausnahmezustands setzt das soziale Leben langsam wieder ein und die Welt steht vor gänzlich neuartigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aufgaben.

Ein guter Zeitpunkt, um Roland Barthes grundsätzliche Frage zu wiederholen: Wie wollen wir zusammen leben? Diese Frage ist nicht nur politischer Natur, sondern richtet sich auch an die Gestaltung neuer sozialer Prozesse und gemeinsamer Dinge. Wir beschäftigen uns in dem Seminar insbesondere mit der Rolle von Design für die Gestaltung von Gesellschaft(en) und Kulturen, mit der Frage nach Rhythmus und Resonanz des Zusammenlebens, mit Praktiken des Teilens, sowie mit einigen konkreten utopischen Entwürfen und der eigenwilligen Ding-Kultur, die sie hervorgebracht haben. Das Seminar soll aber auch dazu dienen, Studierenden die Gelegenheit zu geben, die Frage des Zusammenlebens für sich selbst zu stellen und gemeinsam zu diskutieren.

Designtheorie BA 3. Semester

Dr. Philipp Wüschner

Do 10-13 Uhr

Selbstverlust und Selbsterprobung. Körper-Essays in Kunst und Theorie | Prof. Dr. Kathrin Busch

(Abbildung: Johannes Paul Raether: Protekto.x.x Absurd Alloy (5.5.5.4), 2016 // Photo by Hördur Sveinsson, Courtesy of Cycle Music and Art Festival, Iceland)

Der Körper ist heute mehr denn je Gegenstand und Schauplatz selbstregulatorischer Techniken. Im Unterschied zu den Drogenexperimenten, rituellen Ekstasen oder religiösen Exerzitien, die der Selbstüberschreitung dienen, stehen die heutigen Körpertechniken üblicherweise im Zeichen der Selbstverbesserung. In Abgrenzung dazu sollen im Seminar extreme Formen des Selbstexperiments diskutiert werden, die auf Verlust, Anders-werden oder radikale Selbstenteignung zielen. Von den riskanten Selbstpraktiken, die Foucault in der Antike aufspürt, über die Drogenerfahrungen von Baudelaire und radikalen Selbsterkundungen von Valéry und Bataille werden wir eine Linie zum queerfeministischen Gebrauch des Körpers bei Preciado sowie zu heutigen Formen des Techno-Schamanismus und Healings ziehen.

Literatur: G. Agamben: Der Gebrauch des Körpers;  G. Bataille: Innere Erfahrung; C. Baudelaire: Künstliche Paradise; M. Foucault: Der Mut zur Wahrheit; I. v. Loyola: Geistige Übungen; P. Preciado: Testo Junkie; P. Valéry: Monsieur Teste, Simone Weil: Schwerkraft und Gnade.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Freitag, 14-17h  // Beginn: 22. Oktober 2021

Raum: STR 207

GESTALTEN DER UNTÄTIGKEIT | Prof. Dr. Kathrin Busch

(Bild: The Garden Court, 1874-84 by Edward Burne-Jones. Photograph: The Faringdon Collection Trust)

Blockseminar in Sauen vom 13. bis 16. Januar 2022

Vorbesprechung 3. Dezember 2021 um 17h in STR 207

Nicht nur Aktivität, auch ihre Unterlassung kann äußerst wirksam sein. Etwas nicht zu tun, hat sehr oft weitreichendere Folgen als die bloße Tätigkeit. Passiver Widerstand und Streik, versäumte Hilfeleistung oder klimabewusster Konsumverzicht sind politisch und sozial höchst folgenreich.

Auch in den Künsten werden Unterbrechung, Entzug und Auslassung ästhetisch eingesetzt. Hier finden sich darüberhinaus noch radikalere Formen von Negativität: in Strategien der Zerstörung, der Verweigerung von Produktivität oder der Vernichtung des eigenen Werks. Aber auch die ambivalenten Figuren des Zauderns oder Zweifelns, des Fliehens und Versagens sind Ausdruck eines untätigen Tuns und markieren eine andere Form ästhetischer Kritik.

Im Seminar wollen wir vor dem Hintergrund der Theorien von Giorgio Agamben, Maurice Blanchot, Jack Halberstam, Saidiya Hartman und Gilles Deleuze gestalterische und künstlerische Positionen im Hinblick auf die Wirksamkeit des Untätigseins diskutieren.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Die Erfindung des Designs. Design und Designdiskurse der Moderne

Die Erfindung des Designs. Design und Designdiskurse der Moderne (Kultur- und Designgeschichte I) 

Die gestalterische Moderne bezeichnet eine Epoche, die vom 19. Jahrhundert bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts reicht, und entscheidend von den Bedingungen der Industriegesellschaft geprägt ist. Durch industrielle Massenproduktion und technische Innovation entsteht im Laufe des 19. Jahrhunderts eine neue Produktkultur, und mit ihr das neue Berufsbild des Designs. Designer*innen begeben sich auf die Suche nach neuen Gestaltungsprinzipien, arbeiten an sozialen Problemen und an einem neuen Lebensgefühl. Die Geschichte des modernen Designs ist, wie alles, komplex und widersprüchlich: Der Historismus sucht nach Identität in überkommenen Dekorstilen, Arts and Crafts finden im Handwerk ein ethisches Gegenmodell zur modernen Industriearbeit. Japanische Gestaltung wird zur wichtigen Inspirationsquelle für Jugendstil und Avantgarde. Ornamentkritik ist Wegbereiter funktionalen Designs, aber auch Ausdruck für das koloniale Gedankengut eines weißen Bürgertums. Mit ihren Utopien einer kollektiven Neugestaltung der Welt prägen Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus das heroische Bild der Designmoderne, reproduzieren aber auch systematische Ausgrenzung, aus der sich die Bauhausfrauen erst herauskämpfen müssen.

Das Design der Moderne prägt in Gestalt der ‚modernen Designklassiker‘ auch heute noch vielfach unsere Wahrnehmung von Design insgesamt. Durch die Wende von der modernen Industriegesellschaft zur postmodernen Kommunikationsgesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden aber die Prämissen der modernen Gestaltung zunehmend in Frage gestellt.

Wir betrachten anhand von zentralen Beispielen und Texten das Design und die Designdiskurse der Moderne und fragen uns, was davon heute noch für uns relevant ist.

Dozent: Martin Beck,

Zeit: Donnerstag 14-17 Uhr

Ort: STR, Raum 207

Vortrag Martin Beck

Martin Beck
‘Irruption of the corporeal’: On the aesthetics and politics of abjection in post-digital video art

Freitag, 16.04., 13:55

Vortrag auf der LUCAS Conference 2021: Bodies Matter

zum Programm

Sonderheft: Sensibilität der Gegenwart

Burkhard Liebsch (Hg.): Sensibilität der Gegenwart. Wahrnehmung, Ethik und politische Sensibilisierung im Kontext westlicher Gewaltgeschichte, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft (ZÄK), Sonderheft 17. 2018. 435 Seiten.

darin: Kathrin Busch: Ästhetik des Fleisches. Sensibilität bei Claire Denis & Jean-Luc Nancy

»Unsere heutige Sensibilität« lässt ›uns‹ angeblich den Säuglingsmord ebenso verabscheuen wie die Folter, den Genozid und jegliche Diskriminierung. Haben wir es tatsächlich mit einem »tief greifenden Wandel der Sensibilität« zu tun, den man mit Richard Rorty besonders dem sogenannten Westen zugutehalten dürfte? Oder ist beides zu bezweifeln? Der Band „Sensibilität der Gegenwart“ lotet ausgehend von Rückblicken auf die Geschichte des Kolonialismus Spielräume vor allem ästhetischer, ethischer und politischer Sensibilität, deren theoretische Deutungen und Grenzen aus. Dabei wendet er sich gegen eine selbstgerechte Inanspruchnahme menschlicher Sensibilität für sich selbst und wirft die Frage auf, ob sie vom Anderen her zu denken ist, für das bzw. für den man vielfältig sensibilisiert wird, ohne eine fertig ausgebildete Sensibilität von Natur aus mitzubringen. In einem interdisziplinären Diskurs geht es darum, zu erkunden, wie sich menschliche Subjektivität als vielfältig sensibilisierbare zwischen aisthesiologischen Registern der Wahrnehmung, Ethik und politisch motivierten Praktiken der Sensibilisierung heute darstellt. Als außerordentlich sensible (und insofern niemals normalisierbare) scheint sie in ethischer und politischer Hinsicht höchstes Lob zu verdienen, zugleich aber auch absolute Überforderung zu riskieren. Das zeigt sich nirgends deutlicher als dort, wo Gewalt und Sensibilität aufeinander treffen. Mit Beiträgen von Brigitte Bargetz, Kathrin Busch, Iris Därmann, Katja Diefenbach, Christian Grüny, Andrew Haas, Karin Harasser, Lisz Hirn, Burkhard Liebsch, Dieter Mersch, Maud Meyzaud, Andreas Oberprantacher, Hans-Martin Schönherr-Mann, Ludger Schwarte, Silke Segler-Meßner, Ruth Sonderegger, Werner Stegmaier, Bernhard H. F. Taureck und Erik Vogt.

Mehr Informationen hier.

Vortrag Prof. Dr. Kathrin Busch

Kunstformen der Theorie. Ausdruck, Sensibilität, Fleisch

Online-Vortrag von Kathrin Busch, Sa 10. April, 10:15 – 11:15

Tagung „KONSTELLATIONEN – Wissensansprüche zwischen Kunst, Politik und Philosophie“, Uni Tübingen

Der „Ausdruck muss die Form zerbrechen“, heißt es im Kafka-Buch von Deleuze und Guattari. Sie meinen, das Denken beginne erst dort, wo eine „aktive Desorganisierung“ der Denkformen der Philosophiestattgefunden hat. In dieser formauflösenden Tendenz sensibilisiert sich das Denken, es durchzieht seinFleisch mit Empfindungsvermögen und artikuliert sich in ästhetischen Gefügen. Das Denken selbst gerät zumWahrnehmungsorgan, seine Konzepte werden zu empfindsamen Figuren oder Begriffspersonen. Der Vortragfolgt der Idee einer Sensibilisierung des Denkens, die von der Verkörperung des Wissens über die Lust an derTheorie bis hin zu einer neuen Fleischlichkeit verläuft, und verknüpft sie mit der These, dass diesesÄsthetisch-werden der Theorie auf das Theoretisch-werden der Kunst reagiert, wie man es heute etwa in derkünstlerischen Forschung findet.

KONSTELLATIONEN (08.-10.04.21) ist eine Tagung die unterschiedliche Wissensansprüche von Kunst, Politikund Philosophie miteinander konfrontiert. 

 Mit Vorträgen, Video Screenings und Artist Lectures von: Kathrin Busch | Eglė Budvytytė | Xavier Cha | FelixEnsslin und Agora-Theater  | Astrid Deuber-Mankowsky | Alex Demirovic | Helmut Draxler | Rana Hamadeh | Daniel Hopp | Léa Porré | Christian Georg Martin | Hans Julius Schneider

 

Sammelband: Das Ästhetisch-Spekulative

Kathrin Busch, Georg Dickmann, Maja Figge, Felix Laubscher (Hg.): Das Ästhetisch-Spekulative, Paderborn: Fink 2020. 

Neuerscheinung: Band 5 der Schriftenreihe des DFG-Graduiertenkollegs „Das Wissen der Künste“ im Wilhelm Fink Verlag.Die Schriftenreihe wird herausgegeben von Barbara Gronau und Kathrin Peters, Gestalterin ist Jenny Baese.

Mit Textbeiträgen von Kathrin Busch und Martin Beck.

Weitere Informationen zu dem Buch finden Sie hier.

Spekulation ist ein riskantes Unterfangen. Als Wette auf unverfügbare Zukünfte, kommende Gegenwarten oder alternative Vergangenheiten ist sie geprägt vom Nicht-Wissen, auf das sie sich ausrichtet und von dem sie ihren Ausgang nimmt. Im Unterschied zu Ökonomie und Zukunftsforschung, die dem Nicht-Wissen mit Strategien des Risikomanagements begegnen, erforschen die Künste Möglichkeitsräume jenseits von gesicherter Erfahrung und prognostischem Wert. Sie sind dem Ungewissen verpflichtet – also dem, was man (noch) nicht wissen, über das man jedoch spekulieren kann. Im ästhetischen Spekulieren vermögen die Künste gleichermaßen plausible und widersprüchliche Szenarien zu testen, Heterochronien zu erproben und andere Körper zu denken. Der Band fragt, welches andere Wissen die spekulativen Verfahren der Kunst freilegen. Wie wird Künftiges, Virtuelles oder Utopisches vorstellbar? Und wie lassen sich vor diesem Hintergrund Kategorien wie künstlerische Produktion, ästhetische Erfahrung oder der Wert des Kunstwerks neu bestimmen?

Was bedeutet das alles? Transformationen des Designs nach 1945 | Martin Beck

Das modernistische Bild der Designer*in als autonomer Schöpferin stimmiger Funktion-Form-Komplexe lebt nach dem zweiten Weltkrieg noch einmal im Konzept der ‚guten Form‘ auf. Angesichts der technologischen und sozialen Entwicklung erweist es sich aber bald als unzureichend. In den Blick gerät nun vermehrt die kommunikative Seite des Designs. Diese reicht von der in der Moderne vernachlässigten emotionalen Bedeutung der Dinge über die Ästhetik von Subkulturen bis zum Interface-Design. Neue Bedürfnisse und Lebensformen fordern dazu auf, Ideen des familiären Zusammenlebens und der territorialen Gebundenheit des Wohnens zu überdenken. Ökologisches Denken und die Erfahrung fortschreitender Vernetzung bringen das ‚Environment‘ auf die Tagesordnung. Der zunehmenden Mobilität entsprechen neue Arten nomadischer Gegenstände, von der ‚nomadic furniture‘ bis zum Smartphone. Designer*innen gestalten nun häufig aus einer Anti-Haltung heraus: Die Kritik am Kapitalismus und den Auswirkungen der technologischen Moderne bringt die soziale Verantwortung der Designer*innen auf die Tagesordnung – bis hin zum Konzept eines ‚Anti-Designs‘. In der Abgrenzung von den Dogmen des Funktionalismus sucht insbesondere das Design der 80er Jahre neue, experimentelle Spielräume. Heute stellt sich zunehmend die Frage, inwiefern das Design überhaupt noch den Menschen verpflichtet ist und wie es die Menschen selbst re-designt.

Wir betrachten im Seminar wesentliche Positionen, die das Design und Designdiskurse von 1945 bis in die Gegenwart bestimmt haben.

Martin Beck

BA. 2. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr

1. Sitzung am 15.04.

Radikalität | Dr. Philipp Wüschner

Wir leben in einer Zeit der Radikalisierung. Positionen, Haltungen, Meinungen spitzen sich zu, der Raum für Ambivalenz und Ambiguität wird  immer enger. Im Politischen ist Radikalität zumeist eine zweifelhafte Größe, im Kunst und Gestaltung verhält es sich anders: Kompromisslosigkeit, Einfachheit, rücksichtslose Umsetzung einer Idee gelten hier oft gerade als Tugenden. Wie geht beides miteinander einher? Wie informieren radikale Theorien, wie der Futurismus, die gestalterische Praxis und wie unterstützt radikales Design – wie z.B. die Kamikazeflugzeuge, die von vornherein ohne Fahrwerk zum Landen ausgestattet wurden – Ideologien und politische Bewegungen. Im Seminar beleuchten wir den Begriff des Radikalen und überlegen anhand von Beispielen aus Kultur, Kunst und Design, welche Rolle „Radikalität“ als Maxime für Gestaltung auch jenseits von Form, Funktion und Ästhetik spielt. Dazu lesen wir sowohl philosophische Texte, als auch Manifeste aus der Designgeschichte selbst.

Dr. Philipp Wüschner

BA 4. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr

1. Sitzung: 15.04.

Schreiben – als künstlerische Forschung | Prof. Dr. Kathrin Busch

Schreiben gehört heute zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit ganz selbstverständlich mit dazu. Die Fähigkeit, über Ideen und Entwürfe nicht nur zu sprechen, sondern auch zu schreiben, wird überall vorausgesetzt. Aber nicht erst die Vermittlung der eigenen künstlerischen Position ist an das Schreiben-Können gebunden, schon im Entwurfsprozess werden Einfälle notiert und das Schreiben genutzt, um eigene Ideen zu klären oder zu entwickeln. Hier ist die Arbeit an Worten und Konzepten untrennbar mit der ästhetischen Praxis verbunden. Welche Formen des künstlerisch-forschenden Schreibens gibt es? Wie artikuliert sich das Denken in Nachbarschaft zu den Künsten? Welche Stile werden entwickelt, welche Erfahrungsweisen aufgerufen?

Im Seminar soll das Schreiben als Teil der künstlerischen Praxis reflektiert und eingesetzt werden. Zum einen werden Texte behandelt, die in einem dritten Raum zwischen Literatur und Wissenschaft angesiedelt sind. Neben Texten der so genannten Autofiktion werden Künstler*innentexte besprochen und essayistische Schreibweisen in der Theorie behandelt. Zum anderen werden kurze Texte zur eigenen Arbeit entwickelt und das Schreiben als eine Form zwischen künstlerischer und theoretischer Praxis erprobt.

Mit Texten u.a. von Roland Barthes, Donna Haraway, Jutta Koether, Fred Moten, Maggie Nelson oder Simone Weil.

Prof. Dr. Kathrin Busch

BA ab 5. Semester

Freitag: 13-16h

Beginn: 16.4. 2021

Ort: https://meetings.udk-berlin.de/b/kat-e2j-o1n-rzk

Der Essay als Form – in Kunst, Literatur, Ausstellung | Prof. Dr. Kathrin Busch

In den vergangenen Jahren wurde der „Essay als Form“ (Adorno) nicht nur in der Literatur thematisiert, sondern auch als experimentierendes Verfahren im Kontext von Entwürfen, künstlerischen Werken, Filmen und Ausstellungen. Der Essay verbindet künstlerische Praxis und Theorie. In ihm figurieren sich Gedanken zu einer ästhetischen Gestalt. Wörtlich als Versuch übersetzt, meint der Essay ein tastendes, erprobendes Vorgehen, das sich seinem Gegenstand als einem Unbekannten nähert. Dabei ist die Arbeit mit und an vorgefundenem Material, das neu zusammengestellt wird, eine seiner grundlegenden Methoden. Der Essayismus verarbeitet aufgelesene, heterogene Elemente aus Kunst und Wissenschaft zu einer in sich brüchigen Form, um mit ästhetischen Mitteln theoretische Einsichten zu gewinnen.

In der Blockveranstaltung werden Theorien des Essays erarbeitet und anhand von ausgewählten Film-, Foto- und Ausstellungsessays überprüft.

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« in Kooperation mit Prof. Dr. Knut Ebeling, Kunsthochschule Weißensee Berlin

Anmeldung unter: 

Prof. Dr. Kathrin Busch

BA ab 5. Semester

Blockseminar: 24. bis 27. Juni im Gutshof Sauen

Auftakttermin 20. Mai um 17h

Ort: https://meetings.udk-berlin.de/b/kat-e6g-5w6-hyl

Aufbruch in die technische Welt – Design und Designdiskurse der Moderne

Die industrielle Produktionsweise bringt Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa und Nordamerika das neue Berufsbild der Produktgestaltung hervor. Durch Massenproduktion und technologische Innovation entstehen neue Typen von Gegenständen; soziale Umbrüche erzeugen neue Formen des Zusammenlebens. Das Produktdesign findet sich so in einer Schlüsselposition: es soll zwischen Mensch und Technik vermitteln und nicht nur neue Dinge, sondern auch einen neuen Menschen und seine Lebenswelt (mit-)gestalten. Zunächst wendet es den Blick zurück, sucht als ‚Historismus‘ nach Identität in überkommenen Dekorstilen, oder findet als ‚Arts and Crafts‘ im Handwerk ein ethisches Gegenmodell zur modernen Industriearbeit. Der Blick nach Japan beeinflusst Jugendstil und Moderne maßgeblich, zugleich wird Ornamentkritik zum identitären Projekt eines weißen Bürgertums. Avantgardebewegungen wie De Stijl und das Bauhaus verbinden Rationalität und Funktionalität mit Utopien der ästhetischen und politischen Neugestaltung der Welt. Oft scheint es, als sei von all dem nur eine kleine Zahl verstreuter Objekte geblieben, die als ‚moderne Designklassiker‘ museal verehrt werden – was aber ist aus dem Ziel geworden, durch Design die Gesellschaft zu verändern?

Das Seminar führt anhand von zentralen Beispielen und Texten in Design und Designdiskurse der Moderne ein.

Martin Beck

BA 1. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr, online

Erste Sitzung 05.11. 14-17 Uhr, PRÄSENZ in der AULA!

Öffentlich, privat, intim – Zur Gestaltung umstrittener Grenzziehungen

1958 beklagte Hannah Arendt das Verschwinden der Öffentlichkeit zugunsten des „Sozialen.“ Diese Diagnose scheint sich heute zunächst zu bestätigen: Öffentlichkeit leidet unter der medialen Flut privater Befindlichkeiten. Allerdings wurde seit dem Feminismus der 60 Jahre eine klare Trennbarkeit zwischen dem Öffentlichen einerseits und dem Privaten und Intimen andererseits als simplifizierend und machtblind zurückgewiesen. Heute, da auch dieses Seminar in unseren privaten Räume stattfindet, sind diese Grenzen noch einmal unklarer geworden. Wir gehen diesen umstrittenen Trennlinien, die sich mit denen zwischen Status und Geschlecht kreuzen, nach und fragen, wie sie durch Gestaltung und Design allererst entstehen. Seit wann gibt es so etwas wie „Interieur“ als Markierung eines Privatraums? Seit wann Vorstellungen von Gemütlichkeit? Was bedeutet Arbeit zu Hause, und kann man umgekehrt Politik vom Bett aus machen? Und was für Intimbeziehungen hegen wir zu den Gegenständen selbst?

Dr. Philipp Wüschner

BA. 3. Semester

Donnerstag 10–13 Uhr, online

Beginn: 5. November 2020

 

Sensibilität und Fleischlichkeit

Gegenstand des Seminars ist der Körper in seiner Fleischlichkeit und Sensibilität. Der Begriff des Fleisches akzentuiert Berührbarkeit, Vulnerabilität und Erregbarkeit. Dieser sensible, fleischliche Körper ist Adressat von biopolitischer Regulierung und Kontrolle. Nach Paul B. Preciado sind die Weisen, in denen die Körper regiert werden „pharmapornografisch“: Zum einen werden sie über Pharmazeutika, über Hormone, Aufputschmittel oder Drogen gesteuert und zum anderen über Stimulierungen, wobei nicht nur die Pornoindustrie meint ist, sondern eine allgemeine Logik aus Erregung-Frustration-Erregung. Diese biopolitische Dimension der Fleischlichkeit soll im Seminar in ihren künstlerischen Brechungen und medialen Bedingungen reflektiert werden. Dafür werden die zentralen Konzepte der Fleischlichkeit und Sensibilität auch in ihrer historischen Bedeutung anhand von gemeinsamen Lektüren erarbeitet.

Mit Texten u.a. von Gilles Deleuze, Thomas Demuth, Michel Foucault, Julia Kristeva, Niklaus Largier, Emmanuel Levinas, Paul B. Preciado.

Prof. Dr. Kathrin Busch

B.A. ab 5. Semester, M.A.

Di 16-19h

Das ästhetische Unbewusste

Nach Freud zeigt sich das Unbewusste nie als solches. Es kommt nur in entstellter, verschobener oder verdichteter Form zum Ausdruck. Seine verdrängten Inhalte artikulieren sich in widersprüchlicher, verrätselter Weise und müssen gedeutet werden. Weil das Unbewusste diese Darstellungsgebundenheit mit den Künsten teilt und Kunstwerke – aus psychoanalytischer Sicht – Projektionen des Unbewussten sind, kann man von einem ästhetischen Unbewussten sprechen.

Im Seminar werden vor allem die ästhetischen Bedingungen von unbewussten Artikulationen in den Blick genommen. Wir folgen der These, dass die Artikulationsformen des Unbewussten abhängig von den jeweiligen Darstellungsmedien sind und eine eigene Geschichte und Ästhetik haben.

Wie verbinden sich Begehren und Formgebung, ästhetischer Ausdruck und unbewusste Dynamiken? Unterscheidet sich das optische Unbewusste vom poetischen oder maschinischen Unbewussten und wie verbinden sich der Liebes- und der Todestrieb in den Künsten?

Mit Texten u.a. von Gilles Deleuze, Sigmund Freud, Rosalind Krauss, Julia Kristeva, Jacques Rancière und Werken des Symbolismus, Surrealismus und der zeitgenössischen Kunst.

Lehrende: Prof. Dr. Kathrin Busch / Sebastian Köthe

B.A. ab 5. Semester, M.A.

Blockseminar im Gutshof Sauen, 11. bis 14. Februar, Vorbesprechung 4.12. um 15h

Anmeldung unter

 

Stefan Panhans & Kathrin Busch im Dialog

Stefan Panhans & Kathrin Busch im Dialog über ihre Zusammenarbeit: FREEROAM. Video-Lecture

Im Rahmen des Symposiums „50 Years of Video. Vom Portapak zu Instagram“, 13./14.11.2018, Kunsthochschule Mainz

Vortrag Prof. Dr. Kathrin Busch

„Wunden, die die Wahrheit schlägt“ – Zum Fleisch der Episteme und einer Ästhetik der Riskanz, 23.01.19

Im Rahmen der Reihe „Was hat die Philosophie zu den Problemen der Zeit zu sagen“ der Universität für angewandte Kunst, Wien

Körper und Design

(Bild: Farmsen Fashion Week/ Mobile Welten, photo © Tim Kaiser, http://tmksr.com/)

Der Körper ist unsere Schnittstelle zur Welt. Durch ihn setzen wir uns mit unserer sozialen und materiellen Umgebung in Verbindung.

Anders als man es im Alltag vielleicht annehmen möchte, ist der Körper kein bloßes „biologisches“ Faktum. Wie etwa die Leibphänomenologie, die soziologische Praxistheorie sowie die Gender- und Queer- Studies aufgezeigt haben, ist das, was den „normalen “ Körper auszumachen scheint, d.h. wie er auszusehen und sich zu verhalten hat, stets Gegenstand verschiedenster gesellschaftlicher Kämpfe. Mehr noch: Selbst die Unterscheidung zwischen Körper und äußerer Umwelt und die Art und Weise, wie wir sinnlich wahrnehmen, muss als eine sozial und kulturell überformte Praxis angesehen werden.

Das Design trägt dazu bei, die Schnittstellen zwischen Körper und Welt zu gestalten. Damit ist es von Grund auf politisch: Entweder reproduziert es die gesellschaftliche Ordnung (samt der darin enthaltenen Exklusionsmechanismen) oder verhilft neuen Körperformen und sozialen Relationen zu ihrem Recht.

Im Seminar werden wir klassische und neuere Positionen der Körpertheorie gemeinsam erarbeiten und auf Beispiele aus Kunst, Film und Design übertragen.

Seminarleitung: Prof. Dr. Sophia Prinz

Mi. 16:00 bis 18:00, GRU R306

MA/BA Design

Leistungsnachweis: Referat und Hausarbeit

Punkte: 3/5

 

Globale Moderne – lokale Modernismen II

(Bild: At Yamoussoukro, photo © Geneviève Frisson)

Die Moderne ist kein westliches Exportprodukt, wie es die Sozial- und Geschichtswissenschaften lange annahmen. Sie muss stattdessen als das Ergebnis einer jahrhundertealten Verflechtungsgeschichte angesehen werden: Ohne die globalen Handelsbeziehungen und Migrationsbewegungen sowie die gewaltsame Kolonialisierung weiter Teile der Erde wäre eine Modernisierung in Europa nicht denkbar gewesen.

Zudem haben sich parallel und in Verbindung mit den europäischen Entwicklungen überall auf der Welt lokal spezifische Formen der Moderne herausgebildet. Welche Gestalt die Moderne dabei annimmt, hängt nicht nur von der sozialen Ordnung der jeweiligen Gesellschaft ab, sondern auch von ihrer materiellen und visuellen Kultur. Die globale Moderne kennt mit anderen Worten viele lokale Modernismen.

Während wir uns im Wintersemester vor allem mit den gesellschaftlichen und globalhistorischen Voraussetzungen des europäischen Modernismus auseinandergesetzt haben, werden wir uns in diesem Semester mit Fallbeispielen aus Brasilien, Indien, Japan, China und dem Senegal beschäftigen. Dabei wird sich zeigen, dass die dortigen Moderne-Erfahrungen und ihre ästhetischen Verarbeitungen zwar strukturelle Ähnlichkeiten aufweisen, dass sie in Abhängigkeit von den jeweiligen sozio-materiellen Daseinsbedingungen aber dennoch unterschiedlich ausfallen und eigene Formen hervorbringen.

Eigene Vorschläge für Fallbeispiele sind sehr willkommen (am besten schon vor Beginn der Vorlesungszeit per email melden)!

Seminarleitung: Prof. Dr. Sophia Prinz

MA Design

Do. 12:00 bis 14:00, GRU R306

Leistungsnachweis: Referat und Hausarbeit

Punkte: 3/5

Diesseits der Moderne – Neubestimmungen des Designs in der Kommunikationsgesellschaft

(Gui Bonsiepe, Opsroom für das CYBERSYN-Projekt, 1971-73)

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bringt in den westlichen Industriegesellschaften einschneidende technologische und soziale Neuerungen, die es erforderlich machen, die Dogmen der Designmoderne kritisch zu überdenken. Designerinnen sollen nicht mehr – ähnlich wie Künstler – mit dem Entwurf von Objekten und Formen befasst sein, sondern Prozesse gestalten, Interessen koordinieren und bösartige Probleme lösen. Ein neues Bewusstsein für Vernetzung zeigt sich nicht nur in veränderten Designmethodologien, sondern ebenso in kybernetischen Steuerungsphantasien und Diskursen über Ökologie und Nachhaltigkeit. Zugleich wird die Rolle von Rezipienten und Konsumenten aufgewertet. Dies betrifft Verführungskraft, Zeichenfunktion und mythologische Dimension des Designs, aber auch die Forderung nach Partizipation und kritischer Mitsprache. Traditionelle Normen von guter Form und gutem Geschmack werden durch Pop und Camp aufgelöst, neue anti-funktionalistische, ironische und spielerische Gestaltungsphilosophien entstehen. Was unter Begriffen wie Postmoderne und Kommunikationsgesellschaft diskutiert wurde, erscheint als Vorgeschichte der digitalen und postdigitalen Umwelten unserer Gegenwart.

Wir lesen Texte und betrachten Beispiele, die die wichtigsten Stationen dieser Entwicklung in Theorie und Praxis beleuchten.

Seminarleitung: Martin Beck

Kultur- und Designgeschichte II, B.A. 2. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207

KOLLOQUIUM – SCHREIBWERKSTATT

Im Kolloquium stehen die Ideen und Ansätze für die theoretischen Abschlussarbeiten des Bachelor- und Masterstudiums im Zentrum.

Es soll die Entstehung der Texte begleitet, Schreibverfahren erprobt und ein Austausch über die nötigen Schritte – von der Recherche über Konzeption und Aufbau bis zur fertigen Thesis – angeregt werden.

Leitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

BA 8. Sem./ MA 2. Sem.

Mittwoch 12-13 Uhr, Raum 207

Beginn: 10.4.

Selbstverlust als Wissensform – radikaler Essayismus in Kunst und Theorie

(Aura Rosenberg: Head Shots)

Das Seminar geht von der Tatsache aus, dass der Essay im 20./21. Jahrhundert eine enorme Ausweitung erfahren hat. Er ist nicht nur in den Wissenschaften – als Versuch und Experiment – ein entscheidendes Verfahren der Erkenntnisgewinnung, sondern hat sich auch – ausgehend vom literarischen und philosophischen Essay – innerhalb der Künste zu einer eigenen Form ästhetischen Denkens entwickelt.

In der Gegenwart ist vor allem der Körper zum Schauplatz essayistischer Praktiken geworden, die sich als Weisen der Selbsterprobung verstehen lassen. Im Vergleich zu historischen Formen der Exerzitien, die der Selbstüberschreitung dienen, stehen die heutigen Selbsttechniken üblicherweise im Zeichen der Selbstverbesserung. In Abgrenzung davon sollen im Seminar extreme Formen des Selbstexperiments diskutiert werden, die auf Selbstverlust, auf ein Anders-werden oder eine radikale Selbstenteignung  zielen.

Literaturhinweise: T. W. Adorno: „Der Essay als Form“; G. Bataille: Innere Erfahrung; S. Buchmann/C. Ruhm, „Das Subjekt auf Probe“; M. Foucault: Der Mut zur Wahrheit; P. Preciado: Testo Junkie; P. Sloterdijk, Du musst Dein Leben ändern; H. J. Rheinberger: Iterationen; I. v. Loyola: Geistige Übungen; P. Valéry: Monsieur Teste.

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. ab 5. Semester, M.A.

Mittwoch, 16-19 Uhr, Raum STR 207

Künstlerische Forschung: eine Recherche

Alle reden von künstlerischer Forschung – doch kaum jemand hat dazu konkrete künstlerische oder gestalterische Arbeiten oder gar Werke im Kopf. Ausgehend von dieser Diagnose sammelt das Blockseminar Arbeiten, Konzepte und Theorien zur künstlerischen Forschung und versucht einen ersten historischen wie theoretischen Überblick über das im Entstehen begriffene Feld zu geben. Welche ästhetischen Verfahren kommen im künstlerischen Forschen zur Anwendung? Welchen Anteil haben die künstlerischen Medien und Materialien am Forschungsprozess? Und in welchen Darstellungsformen vermitteln sich die Ergebnisse oder Einsichten des künstlerischen Wissens?

Neben einer Annäherung an diese Fragen bietet der Workshop die Gelegenheit, eigene künstlerische oder gestalterische Ansätze zu entwickeln.

Prof. Dr. Kathrin Busch

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« in Kooperation mit Prof. Dr. Knut Ebeling (Kunsthochschule Weißensee) auf dem Gutshof Sauen.

Blockveranstaltung in Sauen: 22.-26. Mai

Auftakt: 3. Mai 16-18h, STR 207

Zukunftsdesign

Seit den 1980er Jahren haben postmoderne Philosophen den Eintritt in eine Nachge­schichte (‚Posthistoire’) bzw. das ‚Ende der Geschichte’ (Fukuyama) und sogar das ‚Ende der Phi­lo­sophie’ (Gehlen) verkündet. Die Objektivität von „Meta­erzäh­lungen“ (Lyotard) und ‚glo­bale[n] Weltbilder[n]’ (Gehlen) wurde geleugnet oder zumindest stark relativiert (Foucault; Rorty) bzw. de­kon­stru­iert (Derrida): „Die große Erzählung hat ihre Glaubwürdigkeit verloren“ (Lyotard). Im Gegenzug sind die zeitgenössischen Kunst- und Designwelten zu Laboratorien für praktische Zukunftsentwürfe geworden. Die kleinen, persönlichen Entwürfe und Erzählungen kompensieren so heute den Ausfall der Großen Erzählungen. Nach dem Ende der Postmoderne, hat der Mensch erkannt, dass er seine Geschichte weitgehend selbst bestimmen kann – zumindest sofern er nicht dazu getrieben wird durch den globalen Wettbewerb, den technologischen Fortschritt oder die Verantwortung für das gefährdete planetare Ökosystem. Vor allem in der zeitgenössischen Design-Welt werden Antworten auf die philosophischen Heraus­for­de­rungen, vor die uns Wettbewerb, Fortschritt und Umwelt stellen (inter­net of things, Mensch-Maschine-Interfaces, Künstliche In­tel­li­genz & Robotik, Quantencomputer, Biotechnologie, Neuro-Enhancement), nicht nur entworfen, sondern an konkreten Prototypen erprobt und vorentschieden. Im Seminar werden klassische, postmoderne und zeitgenössische Geschichtstheorien und Zukunftsentwürfe diskutiert und an konkreten Beispielen aus der heutigen Design- und Kunstwelt überprüft – mit dem Ziel, die Zukunft selbst zu gestalten.

Seminarleitung: Dr. Wolfram Bergande

Kulturwissenschaften, B.A. 4. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr, Raum 207

ZUCKER, KOHLE, ÖL – KUNST-STOFFE DES POST-KOLONIALISMUS

Tejal Shah, Lucid Dreaming V (detail), 2013, collage and digital prints on archival paper, 33 x 21cm.
Courtesy: the artist and Project 88, Mumbai

Zucker, Kohle, Öl stellen Ressourcen zur Verfügung, mit denen Kunst gemacht wird.
Gleichzeitig handelt es sich um Speichermedien des Kolonialismus. Am Gold, das sich mit
ihnen verdienen ließ, klebt das Blut der jahrhundertewährenden Ausbeutung nicht nur der
Körper Schwarzer und Brauner Menschen, sondern ihrer Lebensgrundlagen.
Künstler_innen wie Kara Walker, Glenn Ligon, Mark Bredford, The Otholith Group,
Wangechi Mutu – um nur einige zu nennen – arbeiten diese kolonialen Geschichten um,
binden sie in fiktive, jenseitige Narrative ein, um nicht zuletzt den rassistischen
‚Ideenreichtum’ der weißen westlichen Kunst- und Kulturgeschichte zu entlarven. In diesem
Seminar möchten wir uns der kolonialen Vergangenheit verschiedener Stoffe widmen und
sie mit dem postkolonialen Stoff, aus dem manche Beispiele der Gegenwartskunst sind,
konfrontieren. Dabei wird deutlich, dass Kunststoff eine wesentliche Rolle spielt und im
Mittelpunkt der digitalen Wende in der Kunst steht.

Katrin Köppert M.A.
WiSe 18/19
Seminar B.A. + M.A. Visuelle Kommunikation, Kunst+Medien, Studium Generale
Donnerstag, 16-18 Uhr
Medienhaus Grunewaldstr. 2-5, Raum 311

Anforderungen (3/5 Credits)
Aktive Teilnahme
Lektüre aller Texte, Textpat_innenschaft
Reflexionsübung: Aus welchem kolonialen Stoff ist dein Kunst-Stoff?

 

Kolloquium – Schreibwerkstatt

Das Kolloquium dient der Besprechung des theoretischen Teils der Bachelor- oder Masterarbeiten.

Leitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

BA und MA

Mittwoch 16-18 Uhr 14-tägig, Raum 207

Lecture performance – performing theory

Die lecture performance oder performance lecture ist ein junges Medium künstlerischer Artikulation und Forschung. Mit seiner Hilfe bemächtigen sich KünstlerInnen eines Wissens, das durch sie anders aufbereitet, gefiltert und verbreitet wird: Es wird zu einem anderen Wissen: Unterlegt von multiplen Bildern, Videos oder Screens, verwandelt sich ein ehemals wissenschaftlich gesteuerter, verwalteter und verantworteter Diskurs in etwas anderes – von dem noch nicht ganz klar ist, was es ist: Kunst, Forschung oder einfach nur Theorie? Das Seminar gibt einen historischen und theoretischen Überblick über das Medium der lecture performance und lädt ausgewählte lecture performer ein. Es fragt danach, welchen Anteil die Körper und Gesten, die Räume, Situationen und Requisiten an der Art der Wissensbildung haben. Wir untersuchen, wie sich die Themen und Inhalte in den verschiedenen Kontexten und Rahmungen von Kunst und Theorie jeweils anders artikulieren – davon ausgehend, dass Wissen immer schon auf Verfahren der Verkörperung und Inszenierung angewiesen ist.

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. 5. Semester und Studium Generale

Blockveranstaltung: 28.11. bis 2.12. im Gutshof Sauen

Auftakt: 08.11. 16h in Raum STR 207

Der Tod, das Fleisch und die Intensivierung des Lebens

Das Bewusstsein vom Tod und das Wissen um die eigene Sterblichkeit werden als Bedingungen menschlicher Kultur angesehen. Nur weil wir endlich sind, gilt es das Leben überhaupt zu gestalten. Biopolitik und Medizintechnologie, Gentechnik und Digitalisierung fordern heute das Verständnis vom Tod in grundlegender Weise heraus. Dass das Sterben selbst geschichtlich ist und sich radikal wandelt, lässt sich nicht nur an den veränderten gesetzlichen Festlegungen vom Todeseintritt, an den Debatten um Sterbehilfe und Suizid, sondern auch an neuen Phantasmen der Unsterblichkeit ablesen. Das Seminar nimmt dies zum Anlass, sich den Fragen nach den Untoten und der Nekropolitik, nach Biomacht und pharmakologischem Selbst sowie nach ästhetischen Formen der Gestaltung und Regulierung des Lebens unter dem Zeichen einer neuen (Un-)Sterblichkeit vorzunehmen. Mit Texten unter anderem von Bataille, Foucault, Heidegger, Macho, Mbembe und Preciado.

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. 5. Semester

Dienstag 16-19 Uhr, Raum 207

Werkzeug – Ware – Artefakt: Zur Sprache der Dinge

> Bunny Rogers, Sad Chair<

Glaubt man Anthropologie und Technikphilosophie, dann wurde der Mensch zum Designer, sobald er sich die ersten Werkzeuge als Ersatz, Verlängerung oder Projektion der eigenen Organe schuf. Und diese das ‚Mängelwesen Mensch’ entlastende Funktion erfüllt das Produktdesign noch heute: als seine Aufgabe gilt es in erster Linie, den Alltag komfortabel zu gestalten und dazu Gebrauchsgegenstände herzustellen, die möglichst ohne große gedankliche oder körperliche Anstrengung eingesetzt werden können.

Doch passiert es immer wieder, dass diese Objekte ein ‚Eigenleben’ entwickeln, einen emotionalen, symbolischen oder ökonomischen Wert annehmen, der die Beziehung zwischen Mensch und Ding verkompliziert und überdeterminiert.

Was geschieht mit Objekten, wenn sie zu Waren werden? Und was, wenn Dinge etwas von uns wollen, uns bezwingen und somit als ‚nicht-menschliche Akteure’ konkrete Macht über uns ausüben?

Was haben Soziologie, Anthropologie und Philosophie zu sagen über all die Gegenstände, Artefakte, Objekte, Dinge oder das ‚Zeug’, die uns mit ihrer Verlockung, Rätselhaftigkeit, Widerspenstigkeit oder Nutzlosigkeit konfrontieren? Und wie kann das Design mit diesen mannigfaltigen, womöglich nicht vollständig zu entschlüsselnden Bedeutungen der Dingwelt kritisch und produktiv umgehen?

Seminarleitung: Nadine Hartmann

Kulturwissenschaften, B.A. 3. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr, Raum 207

Zwischen Krise und Aufbruch. Probleme moderner Gestaltung

(Marianne Brandt: „Tempo, Tempo, Fortschritt, Kultur“, 1927)

Unser Bild moderner Gestaltung prägt heute oft ein musealisierter Kanon ‚zeitlos schöner‘ moderner Klassiker: funktional, industriell und materialgerecht, sind sie zu Chiffren für ‚guten Geschmack‘, oder sogar Design überhaupt geworden. Im Seminar wollen wir mit Texten und Objekten ein vertieftes und differenziertes Bild von Gestaltung und Gestaltungsdiskursen ab der ersten Weltausstellung 1850 bis zur Auflösung des Bauhauses 1933 gewinnen. Thema sind die neuen Potentiale und Herausforderungen von Industrieproduktion und Massenkonsum; die Entfremdung durch Industriearbeit und Technik; die Suche nach einem Stil des Industriezeitalters zwischen Ornament und Funktionalität; die Herausbildung des Berufsbilds der Designerin und schließlich die utopischen Ideen, mit denen die Moderne nicht nur den Gebrauchsgegenstand, sondern den Menschen selbst neu erfinden wollte. Neben der Nachwirkung dieser Themen bis in die Gegenwart macht die aus vielen Texten sprechende Dringlichkeit, mit der das Design nach einer Positionsbestimmung sucht, die Beschäftigung mit der Moderne lohnenswert.

Seminarleitung: Martin Beck

Kulturwissenschaften, B.A. 1. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207

GLOBALE MODERNE – LOKALE MODERNISMEN

(SESC Pompéia, São Paulo, Foto: Sophia Prinz)

Die Moderne ist kein westliches Exportprodukt, wie es die Sozial- und Geschichtswissenschaften lange annahmen. Sie muss stattdessen als das Ergebnis einer jahrhundertealten Verflechtungsgeschichte angesehen werden: Ohne die globalen Handelsbeziehungen und Migrationsbewegungen sowie die gewaltsame Kolonialisierung weiter Teile der Erde wäre eine Modernisierung in Europa nicht denkbar gewesen.

Zudem haben sich parallel und in Verbindung mit den europäischen Entwicklungen überall auf der Welt – wie etwa Brasilien, Japan, Indien oder den afrikanischen Staaten – lokal spezifische Formen der Moderne herausgebildet. Welche Gestalt die Moderne dabei annimmt, hängt nicht nur von der sozialen Ordnung der jeweiligen Gesellschaft ab, sondern auch von ihrer materiellen und visuellen Kultur. Die globale Moderne kennt mit anderen Worten viele lokale Modernismen.

Das Seminar untersucht das Phänomen der „globalen Moderne“ somit auf zwei Ebenen: zum einen lesen wir programmatische Texte aus Sozialwissenschaft, Postcolonial Studies und Global History und zum anderen analysieren wir anhand ausgewählter Fallbeispiele, wie gesellschaftliche Modernisierung und ästhetischer Modernismus miteinander korrelieren.

Seminarleitung:  Prof. Dr. Sophia Prinz

Kulturwissenschaften, M.A.

Donnerstag 14-16 Uhr, GRU 311

!!ACHTUNG!! Wegen Krankheit wird die erste Seminarsitzung erst am 25.10. stattfinden!

Vortrag Prof. Dr. Kathrin Busch

„Fleisch-werden. Exponiertes Denken bei Claire Denis und Jean-Luc Nancy“, 19.06.2018

Im Rahmen der Ringvorlesung „Schrift Bild Sound“ des Instituts für Kulturwissenschaft der HU Berlin 

 

Vortrag Prof. Dr. Kathrin Busch

„Kunstformen der Theorie“, 27.04.2018

Im Rahmen des Symposiums „Praxis, Theorie, Poesie“ an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe 

Zeichen, Affekt, Kritik – Strategien des Designs nach 1945

Zentrale Ideen der Designmoderne waren die Bindung der Form an die Funktion und an die Bedürfnisse industrieller Serienproduktion. Nach der Zäsur des zweiten Weltkriegs wird dies in Deutschland im Ulmer Neofunktionalismus zunächst fortgesetzt und durch Verwissenschaftlichung und Systemdenken weiter zugespitzt. Zugleich hat sich in den USA mit dem ‚Styling‘ ein anderes Verständnis von Design als verkaufsfördernder Oberflächengestaltung etabliert. Die Krise einer funktionalistisch und normativ argumentierenden Moderne und die spektakulären Warenwelten des Konsumgütermarketings bilden die Folie für Orientierungs- und Neubestimmungsversuche ab den 1960er Jahren. Gegen die emotionale Kälte des Funktionalismus und die anscheinend monokausale Verbindung von Form und Funktion setzt die Postmoderne die Einsicht in die kommunikativen, affektiven und kulturellen Bezüge der Dinge; gegen die ästhetischen Alleinvertretungsansprüche einer ‚guten Form‘ den Gedanken pluraler und individueller Rezeptionsweisen. Die neue Warenöffentlichkeit wird dabei als neue Gestaltungsaufgabe affirmiert, im Spiel der Zeichen ironisch gebrochen oder mit Blick auf eine politische und gesellschaftliche Rolle des Designs kritisch abgelehnt.

Das Seminar betrachtet kulturtheoretische Analysen und wichtige gestalterische Positionen vom Neofunktionalismus über das ‚radical design‘ und die Postmoderne bis zum ‚neuen Design‘ der 1980er Jahre.

 

Seminarleitung: Martin Beck

Kulturwissenschaften, B.A. 2. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207

Dinge auf Reisen

(Zheng Mahler: A Season in Shell, 2014)

 

Unzählige Dinge wandern über den Erdball – sei es als offizielle Handelsware auf den riesigen Containerschiffen, als inoffizielle Handelsware im Antiken- und Drogenhandel, als Souvenirs im Gepäck von Touristen oder als Erinnerungsfotos auf dem Smartphone eines Geflüchteten. Diese Dinge sind weder passive Objekte noch stumme Abbilder der sozialen Ordnung, sondern spielen einen aktiven Part bei der Herausbildung von Bedeutungen, Praktiken und Wahrnehmungsordnungen.

Wenn Dinge migrieren, dann migrieren bestimmte gesellschaftliche Formen mit ihnen mit. Diese Formen nehmen wiederum Einfluss auf die Lebenswelten ihres neuen Bestimmungsortes.

In diesem Seminar gehen wir den Wanderbewegungen der Dinge sowohl in theoretischer als auch empirischer Hinsicht nach: Neben einer Rekapitulation einiger wichtiger Ansätze aus den Material Culture Studies, den Postcolonial Studies und der Globalisierungstheorie wird es darum gehen, die hybride Dingkultur unseres transkulturellen Alltags zu analysieren.

 

Seminarleitung: Dr. Sophia Prinz

Kulturwissenschaften, B.A. 4. Semester

Mittwoch 12-14 Uhr, Grunewaldstraße 2-5, Raum 311

Formen des Zeigens. Über die soziale Funktion von Displays

(Besucher im Suzhou Art Museum, 2016, Foto: Geneviève Frisson)

 

Wie wir die Dinge wahrnehmen, hängt in hohem Maße von ihrer Inszenierung ab: Mal erstrahlen sie im Spotlicht, mal dämmern sie in einer dunklen Ecke vor sich hin; mal erscheinen sie singulär, mal gehen sie im Chaos unter. In jedem Fall lassen sich die Dinge nicht unabhängig von ihrer Umgebung betrachten – sei diese nun klinisch-artifiziell (wie der White Cube oder der Autosalon) oder pragmatisch organisiert (wie das Supermarktregal). Ihre Bedeutung, praktische Funktion und formale Gestalt ist den Dingen somit nicht eigen, sondern wächst ihnen durch ihren sozialen und räumlichen Kontext zu.

Im Seminar wollen wir eine Vielzahl historischer und zeitgenössischer Displays untersuchen: von Museumsausstellungen über Einkaufspassagen bis hin zu Wohnungseinrichtungen. Daneben geht es um eine Reflexion der „Ausstellung“ als Medium von Wissens- und Wahrnehmungsordnungen.

Seminarleitung: Dr. Sophia Prinz

Kulturwissenschaften, B.A. 6. Semester, M.A.

Mittwoch 16-18 Uhr, Grunewaldstraße 2-5, Raum 306

Theoriefilm

Man kann nicht nur Theorien über Filme machen, man kann auch mit Filmen Theorie machen. Folglich gibt es nicht nur Filmtheorie, sondern auch immer mehr Theoriefilme – Filme, die mit filmischen und visuellen Mitteln eigenständige Theorien entfalten. Zu diesem nicht eingegrenzten Genre gehören sicherlich die Arbeiten von Harun Farocki, die im letzten Jahr in einer umfangreichen Retrospektive zu sehen waren, außerdem all diejenigen essayistischen Filme, in denen Kamera, Schnitt und Voice over als Instrumente einer künstlerischen Forschung eingesetzt werden. Aber auch der narrative Film entwickelt Theorie, wenn er sich explizit auf bestehende theoretische Positionen bezieht und sie filmisch weiterarbeitet.

Ausgehend von einer Auswahl an Filmen wird das Seminar in die filmische Gegenwart vorstoßen und Gelegenheit zu studentischer filmischer Theorieproduktion geben.

Eine Veranstaltung des DFG-Netzwerks »Anderes Wissen – in ästhetischer Theorie und künstlerischer Forschung« eine Kooperation zwischen der Kunsthochschule Weißensee und der UdK Berlin.

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Studium Generale

Blockseminar, 2.-6. Mai Gutshof Sauen

 

Auftakt mit einem Vortrag von Michael Baute:

Donnerstag, den 19. April, 17-20h, Raum: STR 207

Theoriekunst. Einführung in das französische Denken

Das ästhetische Denken der so genannten französischen Theorie wird im Mittelpunkt des Seminars stehen. Dabei soll nicht nur ein Einblick in die zentralen philosophischen Anliegen und Konzepte der Positionen etwa von Barthes, Foucault, Derrida, Deleuze oder Nancy vermittelt, sondern es soll ein besonderes Augenmerk auf die den Theorien innewohnenden ästhetischen Formen und Verfahren gerichtet werden.

 

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. 6. Semester und Master

Mittwoch 16-19 Uhr, Raum 207

Bitte beachten: Die erste Seminarsitzung findet am 25.04. statt, d.h. in der zweiten Semesterwoche.

 

›Making up the rules…‹ Improvisation und Designpraxis

Im Englischen meint »by design« das Gegenteil von »accidental«, zufällig. Etwas »is done by design«, wenn es geplant und konstruiert ist. Die unvorbereitete, die ungeplante Schöpfung der Improvisation scheint mit der Praxis des Designens somit kaum vereinbar. Und doch lässt sich über die letzten Jahre eine Ausweitung des Improvisationsbegriffs beobachten. Nicht zuletzt in den Geistes- und Kulturwissenschaften ist Improvisation immer weniger der Notnagel und Lückenfüller, den es braucht, wenn ein Plan fehlt; sie wird vielmehr als Fähigkeit analysiert, auf Unvorhergesehenes kreativ zu reagieren. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch ihr Verhältnis zur Designpraxis neu befragen: welche Rolle spielt die Improvisation im Prozess des Entwerfens? Inwiefern sind die Praktiken des Modellierens oder Bastelns improvisatorisch? Wie sind Provisorium und fertiges Produkt zu unterscheiden?

Diese und andere Fragen werden im Seminar entlang einschlägiger Texte besprochen und mit Gästen diskutiert.

 

Seminarleitung: Dr. Fabian Goppelsröder

Kulturwissenschaften, B.A. 4. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr in Raum 207

Publikationen | WM Dr. Martin Beck

 

 

Monografie

Konstruktion und Entäußerung. Bildlogik und anschauliches Denken bei Kant und Hegel, Felix Meiner Verlag: Hamburg 2023.

Aufsätze 

„Living rent-free in your head. Affektive Kopplungen, Verhaltensdesign und das Nichtbewusste in der Plattformökonomie“, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft 32 (2025), Heft 1. (peer review, im Erscheinen)

„Messy States. Medienästhetik und postdigitale Kunst“, in: Natascha Adamovsky, Judith Siegmund (Hg.): Was ist Medienästhetik?, Internationales Jahrbuch Medienphilosophie und Medienästhetik Bd. 1, Meson Press 2024, 53-79. (peer review) zum Volltext 

„Praxis, Diagramm, Verkörperung. Die epistemologischen turns und die Rehabilitation von Kants Euklidizitätsthese“, Kant-Studien 114 (4), 601-635 (2023). (peer review)

„Gemischte Realitäten und spekulativer Techno-Animismus“, in: Konrad Mühe (Hg.): Konrad Mühe. Guide, Werkkatalog, DCV: Berlin 2021, 77-82 (contains an English version: „Mixed Realities and Speculative Techno-Animism“)

„Jenseits von Form und Gegenstand – Systemfragen im Design“, in: 17.06.118. UDK Designmagazin,  Themenheft „System“, No.1, 2021, 4-18. (contains an English version: „Beyond Form and Object – Questions of System in Design“)

„Operativ, Performativ, Energetisch – für eine plurale Bildepisteme“, in: Jonas Etten, Julian Jochmaring (Hg.): Nach der ikonischen Wende. Aktualität und Geschichte eines Paradigmas, Berlin 2020.

„Andere Körper. Von der Verkörperungslogik des Korrelationismus zur spekulativen Ästhetik“, in: Kathrin Busch, Georg Dickmann, Maja Figge, Felix Laubscher (Hg.): Das Ästhetisch-Spekulative. Spekulationen in den Künsten. Fink: Paderborn 2020. Link zum Volltext auf Opus4.kobv.de

„Malerei als verkörpertes Denken der Verkörperung. Zur Aktualität von Hegels Malereitheorie“, in: Meret Kupczyk, Ludger Schwarte, Charlotte Warsen (Hg.): Kulturtechnik Malen. Die Welt aus Farbe erschaffen – Zur Grundlegung graphischer und figurativer Operationen. Fink: Paderborn 2019, 151-172.

„Die objektive Seite des Unvorhergesehenen. Diagrammatische Konstruktion in Kants Mathematiktheorie und Adornos Ästhetik“, in: Figurationen, 01/2016, Sonderheft Visuelles Denken, 73-92. (peer-reviewed) http://figurationen.ch/hefte/visuelles-denken-visual-thinking/die-objektive-seite-des-unvorhergesehenen/

„Otherkin, Digitalisierung, Pubertät. Drei Skizzen zu Krisen der Verkörperung“, dreiteiliger Essay, Publikation im Rahmen der Ausstellung fühle meinen körper sich von meinem körper entfernen, Heidelberger Kunstverein, 2016. (also in English: „Posthuman Habitats II: Otherkin, Digitalization, Puberty. Three Sketches on Crises of Embodiment“) Deutsch: Martin Beck Postanthropologische Habitate II, English: Martin Beck Posthuman Habitats II

“Diagrammatik, Graphen, Modelle”, in: Stephan Günzel, Dieter Mersch (Hg.): Bild. Ein interdisziplinäres Handbuch, Metzler: Stuttgart/Weimar 2014, 346-353. (mit Jan Wöpking)

„Zeigen. Zur Vielschichtigkeit eines Begriffs“, in: Martin Beck, Fabian Goppelsröder (Hg.): Präsentifizieren. Zeigen zwischen Körper, Bild und Sprache, Sichtbarkeiten 2, Diaphanes: Zürich/Berlin, 2014, 7-16. (mit Fabian Goppelsröder)

„Derrida on the University without Condition or How to Inhabit an Institution as a Problem“, in: Leonie Baumann/ Carina Herring (Hg.): Crosskick. European Art Academies Hosted by German Kunstvereine, Verlag der Buchhandlung Walther König: Köln 2009, 34-40.

 

Essayistisch-Künstlerische Arbeit

Postanthropologische Habitate I: ‘love knows no concept of dimension’, digitales Archiv, Deutsch: Postanthropologische Habitate I_Auswahl, English: Posthuman Habitats I_excerpt

Postanthropologische Habitate II: ‘Otherkin, Digitalisierung, Pubertät. Drei Skizzen zu Krisen der Verkörperung‘, philosophischer Essay, Deutsch: Martin Beck Postanthropologische Habitate II, English: Martin Beck Posthuman Habitats II

Ausgestellt in:  fühle meinen körper sich von meinem körper entfernen, Heidelberger Kunstverein, 12.02.2016-02.26.2017 sowie M.1, Arthur-Boskamp-Stiftung, Hohenlockstedt, 25.03.-04.06.2017;

(Aus dem Ausstellungstext: Martin Beck zeigt in seinem Beitrag ‚Postanthropologische Habitate‘ ein digitales Archiv visueller und textueller Internet-Posts aus dem Kontext von Otherkin, Memes und Fails, die digitalisierte Körperlichkeiten verhandeln – Ergebnis endloser Streifzüge durch Blogs und Plattformen wie Tumblr, 9gag, Imgur, 4chan. Begleitet wird die visuelle Präsentation von einem Essay mit dem Titel ‚Otherkin, Digitalisierung, Pubertät. Drei Skizzen zu Krisen der Verkörperung‘ der versucht, gegenwärtige Virtualisierungsprozesse und Körperkrisen in theoretische Erzählungen zu fassen.)

Rezensionen

Rezension zu „Lidia Gasperoni, Versinnlichung. Kants transzendentaler Schematismus und seine Revision in der Nachfolge (De Gruyter: Berlin, 2016)“, in: Hegel-Studien 52 (2018), 167-172.

Rezension zu “Julia Peters, Hegel on Beauty (Routledge: London et al., 2015)”, in: Hegel-Studien 50 (2016), 272-276.

 

Herausgeberschaften 

Präsentifizieren. Zeigen zwischen Körper, Bild und Sprache, Diaphanes: Berlin 2014. (mit Fabian Goppelsröder)

fake or feint, Ausstellungskatalog. Argo Books: Berlin 2010. (mit Adrian Bremenkamp, Joerg Franzbecker und Arsenal Institut für Film- und Videokunst)

To Show is to Preserve – Figures and Demonstrations, Ausstellungskatalog. Halle für Kunst Lüneburg, Textem: Hamburg 2008. (mit Eva Birkenstock, Hannes Loichinger u.a.)

Redaktionsmitglied des „Internationalen Jahrbuch Medienphilosophie und -Ästhetik“ (seit 2021)

 

Zeitschriftenbeiträge, Katalogtexte, Ausstellungsrezensionen und Weiteres  

„Chris Phillips“, in: Halea Isabelle Kala (Hg.), Menstrualities Dis-Guidebook, Berlin: Transition Institute 2022, S. 30–37.

Ausstellungstext zu IM FREMDEN BLICK, Einzelausstellung, Konrad Mühe, 02.03.– 13.04.2019, Galerie Russi Klenner, Berlin Konrad Mühe_Im fremden Blick_Martin Beck

Booklet-Text zu chmara.rosinke: „Kiosk“, Biennale Interieur 2018, Kortrijk 2018-10-16-kiosk-text-print-

“You Begin To See How Much This Music Improves Me? – Il faut méditerraniser la musique. The North, The South, Nietzsche, Wagner and Bizet”, in: Kunsthalle Athena (Hg.): South as a State of Mind, Heft 5 (2015), 24-27.

“Brandenburg”, in: Akademie Schloss Solitude (Hg.): Solitude Atlas. 25 Jahre Akademie Schloss Solitude, Edition Solitude: Stuttgart, 2015.

“Musical Pleasure ‘is’ Sexual Pleasure. Martin Beck in conversation with Bill Dietz”, in: Akademie Schloss Solitude (Hg.): Schloss-Post, https://schloss-post.com/, 2015. https://schloss-post.com/musical-pleasure-is-sexual-pleasure/

“Diagram, Gesture, Riddle, Bone. The Plopper as a Philosophical Machine”, in: Kai Franz (Hg.): Serial Nature, Edition Solitude: Stuttgart, 2014, 232-240.

‘Gewissheit gilt es zu vermeiden‘. Gespräch mit Thomas Hettche über literarisches Zeigen“, in: Martin Beck/Fabian Goppelsröder (Hg.): Präsentifizieren. Zeigen zwischen Körper, Bild und Sprache, Diaphanes: Berlin 2014, 235-250. Vorabdruck in: Sprache im technischen Zeitalter, 2013, H. 208, Bd. 51, 492-504. (mit Fabian Goppelsröder)

 „Memoiré et Doublier“, in: Groos U. (Hg.): Kubus. Sparda-Kunstpreis im Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart, 2013, 18-20. (mit Katrin Mayer)

„Introduction“, in: Martin Beck, Adrian Bremenkamp, Joerg Franzbecker: Fake or Feint. Ausstellungskatalog, Argo Books: Berlin 2010, 1-16. (mit Joerg Franzbecker)

„lobby“, in: Internationales Forum des jungen Films (Hg.): Forum, 60. Internationale Filmfestspiele Berlin, Festivalkatalog. Berlin: 2010, 244.

„Oberflächen, Grenzen, Zwischenfiguren – Überlegungen zum Vampirischen bei Katrin Mayer und Eske Schlüters“, in: Kultur und Gespenster, Nr. 6, 2008, 191-194. Wiederabgedruckt in: Elke Bippus, Frank Hesse (Hg.): Kunst des Forschens / dazwischen (Schriftenreihe des Instituts für Gegenwartskünste, ZHdK Bd. 5), Zürich 2009, dazwischen # 1, 30–34.

„Daniel Knorr, Nationalgalerie“, in: A Prior Magazine, Heft 17, 2008, Sonderheft zur 5. Berlin Biennale zeitgenössischer Kunst, 2008, 91-99. (mit Joerg Franzbecker)

„Ich sehe was, was du nicht siehst“, in: Max Hinderer / Jens Kastner (Hg.): Pok ta Pok. Aneignung – Macht – Kunst. Wien: Turia + Kant, 2007, 123-133. (mit Max Hinderer)

„Anthropologie des Wartens. Über Yael Bartana im Fridericianum Kassel“, in: Texte zur Kunst, Jg. 16, Heft 64, 2006, 181-183. (mit Max Hinderer)

„Eske Schlüters ‚Sehen als Denken sehen‘“, in: Springerin, Band XII, Heft 4, 2006, 66-67. (mit Max Hinderer)

„Katrin Mayer im GOLD“, in: Kultur und Gespenster, Nr. 2, 2006, S. 317-319.  (mit Max Hinderer)

 

Organisation von Konferenzen und Workshops

Was ist Medienästhetik? Philosophische Perspektiven und Gegenwartsdiagnosen, Workshop des Internationalen Jahrbuchs Medienphilosophie und -Ästhetik, ZHdK Zürich, 6.05.-07.05.2022, zusammen mit Judith Siegmund, Dieter Mersch, Beate Ochsner, Natascha Adamovsky (u.a)

Nach der ikonischen Wende. Zu Aktualität und Geschichte eines Paradigmas Internationale Konferenz, ZHdK Zürich, 13.9.-15.9.2017, in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg ‚Sichtbarkeit und Sichtbarmachung‘

Visual Reasoning and Intuition in Mathematics. From Kant’s Euclidicity to Digitalisation Internationale Konferenz, FU Berlin, 29.06.-1.7.2017, Veranstaltung des DFG-Projekts ‚Warum und mit welcher Berechtigung ist Kant Euklidianer?‘, zusammen mit Sybille Krämer, Özge Ekin

stumble bumble fail fall hurt künstlerisch-theoretisches Symposium im Rahmen der Ausstellung „fühle meinen körper sich von meinem körper entfernen“, Heidelberger Kunstverein, 20.1.-22.1.2017

Kalkül und Ästhetik. Verhältnisse zwischen Kunst und Mathematik Internationale Konferenz, Akademie Schloss Solitude Stuttgart, 16.-17.4.2015, in Kooperation mit ZHdK Zürich und dem Graduiertenkolleg ‚Sichtbarkeit und Sichtbarmachung‘

Sichtbarmachen. Praktiken visuellen Denkens Internationale Konferenz, ICI und Literaturwerkstatt Berlin, 15.-17.11.2012, Veranstaltung des Graduiertenkollegs ‚Sichtbarkeit und Sichtbarmachung‘

Was ist künstlerische Forschung? Workshop, 26.7.2012, Veranstaltung des Graduiertenkollegs ‚Sichtbarkeit und Sichtbarmachung‘, Universität Potsdam

 

Ausstellungsprojekte 

fühle meinen körper sich von meinem körper entfernen Ausstellung im Heidelberger Kunstverein, 2.12.2016-26.2.2017, Konzeption und Durchführung als Teil des Kollektivs aproduction e.V, mit Joerg Franzbecker, Christine Lemke, Hanne Loreck, Katrin Mayer, Eske Schlüters, Gitte Villesen

lobby Setting und Bar im Filmhaus, Forum Expanded, 60. Berlinale, Berlin, 11.-21.2.2010, Kollaboration, mit Joerg Franzbecker, Katrin Mayer, Heiko Karn

fake or feint Ausstellungsreihe, Berlin, gefördert vom Hauptstadtkulturfonds, 10.1.2009-25.7.2009, Ko-Kurator (mit Joerg Franzbecker), mit künstlerischen Beiträgen u.a. von Eran Schaerf, Kaucyila Brooke, Daniela Comani, Keren Cytter, e-Xplo, Daniel Knorr

To Show is to Preserve Ausstellung, Halle für Kunst Lüneburg, 27.9.-18.11.2008, zusammen mit Eva Birkenstock, Joerg Franzbecker, Max Hinderer, Hannes Loichinger, Katrin Mayer, Eske Schlüters

 

 

WM Dr. Martin Beck

Dr. Martin Beck, Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Sprechstunde: Donnerstag 17-18 Uhr, Raum 210, STR (ich bitte um kurze Voranmeldung per Mail)

https://www.instagram.com/_martin_beck/

Forschungsschwerpunkte: Ästhetik, Kunst- und Designphilosophie, Medien- und Technikphilosophie, Gender- und Queertheorie, Epistemologie nichtsprachlicher Erkenntnisformen.

Aktuelle Forschungsprojekte zur Ästhetik postdigitaler Kunst

Kurzvita:

2019

seit 2017

2019

2015-2018

2014

2011-2014

2010

seit 2007

Künstlerische und Wissenschaftliche Lehre  an der Rhode Island School of Design (RISD), Providence, RI, USA, (Fall Semester 2019)

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kulturwissenschaften und Designtheorie, Universität der Künste Berlin

Promotion zum Thema „Konstruktion und Entäußerung. Bildlogik und anschauliches Denken bei Kant und Hegel“, FU Berlin. (Gutachter*innen: Prof. Dr. Dr. h.c. Sybille Krämer, Prof. Dr. Dieter Mersch)

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philosophischen Institut der Freien Universität Berlin

Fellow der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart

Stipendiat am DFG-Graduiertenkolleg Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens, Potsdam/Berlin

Magister in Philosophie und Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft, Freie Universität Berlin

Projektbasierte Kuratorische und Konzeptuelle Tätigkeit im Bereich Gegenwartskunst (gemeinsam mit aproduction e.V., u.a. ‚to show is to preserve‘ Halle für Kunst Lüneburg 2007, ‚fake or feint‘ Projektraum am Alexanderplatz 2009, ‚lobby‘ Installation und Bar Berlinale Forum Expanded 2010, „fühle meinen körper sich von meinem körper entfernen“, Heidelberger Kunstverein 2016/2017).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Eindringling. Video-Essays zu Claire Denis und Jean-Luc Nancy | Michael Baute, Prof. Dr. Kathrin Busch

Die Filmemacherin Claire Denis hat ausgehend von einem Text des Philosophen Jean-Luc Nancy den Film »L’intrus« gedreht. Nancy berichtet in dem gleichnamigen Essay über sich selbst: von seiner Herz-Transplantation, vom Eindringen eines fremden Organs in seinen Körper, das ihn für die Fremdheit des scheinbar Eigenen sensibilisiert: »Die schlimmsten Feinde lauern im Inneren.« Denis dringt in dieses Innere filmisch ein und erzählt von einem Mann, der sich, kranken Herzens, von sich selbst entfernend auf eine Reise begibt, als Fremdling Grenzen passiert und selbst zum Eindringling wird. Der Film erfindet Bilder und Narrative, die den Text kommentieren, ihn anderes sagen lassen, Implizites hervorholen und ihn filmisch interpretieren. Was geschieht in der Übertragung von Philosophie in Film? Inwiefern wird mit filmischen Mitteln philosophiert und wie lässt sich darauf wiederum mit einem Filmessay reagieren?

Im Seminar werden philosophische Lektüren und praktische Film-Montage-Arbeit zusammengeführt. Ziel ist die Herstellung kurzer, skizzenhafter, analytischer Kommentarfilme zu Claire Denis‘ Film »L’intrus«. In den zu produzierenden Video-Essays werden mittels Voice-Over und Montage der Bilder und Töne aus dem Film je nach Interesse ausgewählte Aspekte fokussiert. Theorie wird überführt in Praxis, Filminterpretation wird selbst zum Film. Im Verlauf der Arbeit werden, mit Rekurs auf klassische Formen »filmvermittelnder Filme«, u.a. filmanalytische Kenntnisse mittels »close reading« aktiviert, Verfahren künstlerischer Konzeption wie Themenfindung, Organisation und Dramaturgie des Video-Essays erarbeitet, textuelle Artikulationen reflektiert sowie das Verfassen und Einsprechen des Kommentartextes zu den Filmbildern erprobt.

Basale Filmanalyse- und Videoschnitt-Kenntnisse sowie Bereitschaft zur Gruppenarbeit werden vorausgesetzt. Die erbrachte Leistung ist der fertige, vorführbare Video-Essay.

 

Seminarleitung: Michael Baute, Prof. Dr. Kathrin Busch

Blockveranstaltung

Mittwoch 12-18h, GRU 123

Termine: 25.10.; 1.11.; 22.11.; 13.12; 10.01.

& Filmscreening im Arsenal

 

Literaturhinweise

Alain Badiou, „Der Film als philosophisches Experiment“, in: ders., Kino. Gesammelte Schriften zum Film, Wien 2014, S. 279-320.
Martine Beugnet, Claire Denis, Manchester 2004.
Claire Denis, „’Fragilität ist die einzige Sache, die ich wirklich über mich weiß’“, in: Fragile Identitäten, hrsg. v. Kerstin Stakemeier und Susanne Witzgall, Zürich/Berlin 2015, S. 99-103.
Jacques Derrida, „Das Prinzip der Gastfreundschaft“, in: ders., Maschinen-Papier. Das Schreibmaschinenband und andere Antworten, übers. v. Markus Szedlaczek, S. 251-255.
Laura McMahon, „Beyond the Human Body. Claire Denis’s Ecologies“, in: Alphaville. Journal of Film and Screen Media 7 (2014), S. 1-18, aufzurufen unter: http://alphavillejournal.com/Issue7/PDFs/ArticleMcMahon.pdf
Jean-Luc Nancy, Der Eindringling, übers. v. Alexander Gracia Düttmann, Berlin 2000.
Jean-Luc Nancy, Corpus, übers. v. Nils Hodyas u. Timo Obergöker, Berlin 2003.
Jean-Luc Nancy, Ausdehnung der Seele, Zürich/Berlin 2010.
Jean-Luc Nancy, „L’Intrus selon Claire Denis“ (2005), S. 1-8, aufzurufen unter: http://www.lettre-de-la-magdelaine.net/IMG/pdf/_Jean-Luc_Nancy_L_Intrus_selon_Claire_Denis.pdf
Douglas Morrey, „Looking and thinking. The dialog in philosophy and film between Jean-Luc Nancy and Claire Denis“, in: European Film Theory, hrsg. v. Temenuga Trifonova, New York/London 2009, S. 122-133.
Michael Omasta und Isabella Reicher, Claire Denis. Trouble Every Day, Wien 2005.
Kathrin Peters, „Herzensangelegenheiten“, in: Nach dem Film (2007), aufzurufen unter: http://www.nachdemfilm.de/content/herzensangelegenheiten
Anja Streiter, „Auf Leben und Tod. Jean-Luc Nancy und Claire Denis“, in: Der Einsatz des Lebens. Lebenswissen, Medialisierung, Geschlecht, hrsg. v. Astrid Deuber-Mankovsky et al., Berlin 2009, S. 191-203.
Anja Streiter, „The Community according to Jean-Luc Nancy and Claire Denis“, in: Film-Philosophy 12/1 (2008), S. 49-62.

Design Fiction | Nadine Hartmann

Dem Critical Design geht es darum, im Design Möglichkeiten zu entdecken, die über die Lösung eines isolierten Problems hinausgehen. Design als Instrument der Kritik befreit jedoch nicht nur von dem Gebrauchs-Gebot, sondern verlangt einen weiteren Einsatz der Vorstellungskraft: Es imaginiert nicht länger nur ein neues Objekt in einer vertrauten Welt, sondern eine Designaufgabe in einer zukünftigen und damit selbst erst entwerfend zu imaginierenden Welt.

Dies gilt besonders für Design Fiction, eine Spielart des Critical Designs, insofern es danach fragt, welche Gestalt Design in der Zukunft annehmen kann. Im Gegensatz zum Speculative Design stellt es sich dieser Aufgabe nicht über Objekte, die häufig in ihrer Nicht-Nutzbarkeit die Grenze zur Kunst verwischen lassen, sondern indem es diese Objekte – sofern es sie überhaupt noch gibt –innerhalb eines spekulativen Szenarios präsentiert. Es geht in dieser Praxis also in erster Linie um das Entwerfen von möglichen, utopischen oder dystopischen Szenarien, die sich wissenschaftliche Fakten sowie das kreative Potential der Science Fiction zu Nutzen machen – in einem experimentellen Gestaltungsprozess, der sich erlaubt, „was wäre, wenn?“ zu seiner operationalen Ausgangsfrage zu machen.

 

Seminarleitung: Nadine Hartmann

Designtheorie, B.A. 3. Semester

Donnerstag 10-13 Uhr, Raum 207

 

Stilfragen. Die Entstehung des modernen Designs zwischen 1850 und 1930 | Martin Beck

In der Frage nach Art und Funktion des Stils in der Industriegesellschaft kristallisieren sich zentrale Probleme des entstehenden modernen Designs. Die ersten industriellen Massenprodukte der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden noch in den überkommenen Epochenstilen der Gotik, der Renaissance oder des Rokoko gestaltet. Mit der Kritik an diesem Stilchaos des Historismus begann die Suche nach einer neuen, verbindlichen Formensprache der Moderne. Sie orientierte sich an dynamischen Naturformen und Avantgardestilen der Kunst ebenso wie an neuen Materialien und sozialen Bedürfnissen. Stilisierung und Dekoration wurden als wichtige Mittler zwischen Technik und Mensch eingefordert oder als Verkleisterung funktionaler Formen radikal abgelehnt. Im Stil liegt aber auch ein übergreifendes Denkprinzip, das die Gestaltung des Einzelobjekts nicht nur mit seiner Zeitepoche, sondern auch mit dem Zusammenhang eines ‚Gesamtkunstwerks‘ oder sogar einer durchgreifenden Veränderung der Lebensverhältnisse in Verbindung bringen sollte. Stilfragen sind daher nie bloß ästhetische oder funktionale, sondern immer zugleich politische und ökonomische, soziale und philosophische Fragen.

Das Seminar behandelt zentrale Positionen und Texte aus der Geschichte des Designs von der Mitte des 19. Jahrhunderts über die ‚Arts and Crafts‘-Bewegung, den Jugendstil, den Werkbund und die Gruppe ‚de Stijl‘ bis zum Bauhaus in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.

 

Seminarleitung: Martin Beck

Kultur- und Designgeschichte, B.A. 1. Semester

Donnerstag 14-17 Uhr, Raum 207

Affekte – Ästhetiken & Politiken der Affizierung | Prof. Dr. Kathrin Busch

 

                

Karin Michalski, The Alphabet of Feeling Bad, Performance: Ann Cvetkovich, Filmstill, 2012, HD, 13 min.

In dem Video The Alphabet of Feeling Bad von Karin Michalski sieht man die Theoretikerin Ann Cvetkovich auf einem zerwühlten Bett umgeben von Tabletten, Taschentüchern und Klamotten sitzen, wie sie über schlechte Gefühle wie Unvermögen, Scheitern oder Scham spricht. Anstatt sie als private Zustände hinter verschlossenen Türen zu halten, werden Depression und Angst hier nicht nur ausgestellt, sondern in ihrer politischen Dimension reflektiert. Anders als in der Geschichte der Philosophie, in der nur die guten Gefühle wie Liebe und Empathie als politisch relevant, die unguten Gefühle aber als privat und ungesellig galten, müssen Affizierungen in der heutigen, neoliberal verfassten Gesellschaft als die eigentlichen Regierungstechniken gelten. Paradigmatisch ist hierfür auch ein anderes Bett: Hugh Hefners Playboy-„Spielwiese“, das Beatriz Preciado als Paradebeispiel des pharmakopornographischen Dispositivs analysiert hat. Auch hier ist die Grenze zwischen privat und öffentlich porös, dient es Hefner doch nicht nur als Ort des Genusses, sondern ist, mit Video-Technik ausgestattet, zugleich Produktionstätte von Begehren und Affekt.

Was bedeutet es, dass die heutige Biopolitik die Affekte unmittelbar zu regulieren sucht? Wie sind politische und affektive Ökonomien ineinander verschränkt? Und inwiefern können die Künste, die traditionellerweise auf eine Erziehung der Gefühle, eine Differenzierung der Empfindungen und auf Sensibilisierung ausgerichtet sind, in die Politiken der Affizierung eingreifen?

Im Seminar werden neuere Affekt-Theorien erarbeitet und im Hinblick auf die Verschränkung von Ästhetik und Politik, Affizierung und Regulierung diskutiert.

 

Seminarleitung: Prof. Dr. Kathrin Busch

Kulturwissenschaften, B.A. 5. Semester und Master

Dienstag 14-16 Uhr, Raum 207

 

Literaturhinweise:

Marie-Luise Angerer, Affektökologie, Lüneburg 2017.
Angelika Baier et al. (Hg.), Affekt und Geschlecht. Eine einführende Anthologie, Wien 2014.
Käthe von Bose et al. (Hg.), I is for Impasse. Affektive Queerverbindungen in Theorie–Aktivismus–Kunst, Berlin 2015.
Ann Cvetkovich, Depression. A public feeling, Durham 2012.
Gilles Deleuze, „Wunsch und Lust“, in: ders., Schizophrenie und Gesellschaft, Frankfurt a.M. 2005, S. 117-128.
Brian Massumi, „Autonomy of Affect“, in: Cultural Critique, No. 31 (1995), S. 83-109.
Herbert Marcuse, Triebstruktur und Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1982.
Otto Penz, Birgit Sauer, Affektives Kapital. Ökonomisierung der Gefühle im Arbeitsleben, Frankfurt a. M. 2016.
Beatriz Preciado, Pornotopia. Architektur, Sexualität und Multimedia im ›Playboy‹, Berlin 2012.
Jean-Paul Sartre, Skizze einer Theorie der Emotionen (1939), in: ders., Gesammelte Werke. Philosophische Schriften I. Band 1. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 255-321.
Baruch Spinoza, Ethik, lat./dt., Hamburg 1999.
Bernard Stiegler, Hypermaterialität und Psychomacht, Berlin/Zürich 2010.
Bernhard Waldenfels, Bruchlinien der Erfahrung, Frankfurt a. M. 2002.